OSTTIROLER
NUMMER 11-12/2018
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HEIMATBLÄTTER
Nachfolger wurde mit 12. April 1927 der
Landesregierungsoberkommissär Franz
Worzikowsky-Kundratitz als Lienzer Be-
zirkshauptmann eingesetzt, der bis zum
3. Juli 1936 seinen Dienst versah.
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Bezugnehmend auf die im TAP gelager-
ten Bilder der Familie Kneußl, kann sich
folgendes Ereignis und das hier abge-
druckte „Ergebnis“ (eine Luftaufnahme
von Lienz) „sehen lassen“: „
Nach den
stürmischen Tagen in Wien und der Hitze,
die dort im Juli
[1927, Anm.]
herrschte,
war ich froh, in die friedliche und erfri-
schende Atmosphäre Osttirols zu kommen.
Dort veranstaltete der Oberst a. D. von
Eccher mit dem Passagierflugzeug A-25
Rundflüge über den Talkessel von Lienz.
Einmal unternahmen Mammi
[Lydia
Kneußl, Anm.]
und ich und einmal
Mammi mit den beiden Buben Flüge. Ich
machte mit der Photojiumellkamera Papas
recht interessante Aufnahmen.
“
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Erich Kneußls erstes politisches Mandat
dauerte vom 18. Mai 1927 bis zum 1. Ok-
tober 1930, das zweite vom 2. Dezember
Seinen Urlaub als Nationalratsabgeordneter verbrachte Erich Kneußl im Juli 1927 „zu
Hause“ in Lienz und nahm gemeinsam mit seiner Frau an der „Lienzer Flugwoche“
(29. Juni bis 4. Juli) teil, die von Oberst a. D. von Eccher veranstaltet wurde. Von die-
sem Ausflug ist eine beeindruckende Luftaufnahme der Stadt Lienz erhalten.
Doch auch an anderer Stelle erinnert
sich Erich Kneußl gerne an Feiern in Ost-
tirol, zu denen er und seine Frau oftmals
als Gäste geladen waren: „
Nicht geringe
Anforderungen an mich und auch an
meine Frau stellten jedesmal der Fasching,
wo wir an zahlreichen Tanzunterhaltungen
der lebensfrohen Lienzer teilnehmen muss-
ten.
[…]
Die Lienzer verstanden es, Feste
zu feiern und sie so zu gestalten, dass man
gerne daran teilnahm und eine angenehme
Erinnerung daran mit heim nahm.
“
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Zum Erscheinungsmedium dieses Arti-
kels, den Osttiroler Heimatblättern, kann
anhand einer Erinnerung von Erich Kneußl
der Bogen gespannt werden: „
Stets war ich
mir der Bedeutung der Presse bewusst, ist
sie doch ein Mittel, die Öffentlichkeit im po-
sitiven oder negativen Sinn zu beeinflussen.
Schon als Student verfasste ich öfters Zei-
tungsartikel.
[…]
Der Presse wendete ich
gleich nach der Übernahme der Amtsge-
schäfte ein besonderes Augenmerk zu.
[…]
In Lienz bestand damals ein großdeutsches
Blatt ‚Die Lienzer Zeitung‘, die schon be-
stand, als meine Eltern noch in Lienz waren
und damals im liberalen Fahrwasser
schwamm.
[…]
Da ich mich auf diese groß-
deutsche Zeitung nicht verlassen konnte
[…]
begrüßte ich die von christlich-sozialer
Seite ins Leben gerufenen ‚Lienzer Nach-
richten‘, die mir unbegrenzt ihre Spalten er-
öffneten. Im Jahr 1923 gründete ich das
‚Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft
Lienz‘, das nunmehr als Beilage der Lien-
zer Nachrichten wöchentlich erschien. In
der Folge regte ich die Herausgabe der
‚Osttiroler Heimatblätter‘ als Beilage zu
den Lienzer Nachrichten an, die erst mit
der Machtergreifung des Nationalsozialis-
mus zugleich mit den Lienzer Nachrichten
ihr Erscheinen einstellten.“
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Einen Höhepunkt der Karriere von Erich
Kneußl bildeten die späten 1920er-Jahre.
1927 wurde er zum Abgeordneten des
Tiroler Bauernbundes in den Nationalrat ge-
wählt. Mit seiner Wahl zumAbgeordneten
legte er seine Funktion als Bezirkshaupt-
mann ruhend und übertrug die Aufgaben
an seine Amtskollegen. Als offizieller
Erich Kneußl war in Osttirol der dritte Besitzer eines Automobils, welches er anlässlich
eines Lienzer Festumzuges zu Beginn der 1920er-Jahre besonders schmückte. Er nahm
mit seiner Familie daran teil; von links: Erich, Werner, Lydia, Kurt.