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OBERKÄRNTNER
VOLLTREFFER
10. DEZEMBER 2018
CHRONIK
MEINE
G
ESCHICHTE
Gastwirt und Naturbursche
Hans Zöhrer,
Hermagor:
Hans Zöhrer ist Gastgeber mit Herz und vielen Ideen. Bekannt seit neun Jahren als „Klammwirt“, betreibt er das gleichnamige
Bauernwirtshaus am Eingang zur Garnitzenklamm nahe Hermagor.
Neben dem Wirts-
haus befindet sich
die urige „Wilderer
Hütt´n“, das kleinste
Wirtshaus Kärntens,
das nach Vereinba-
rung auch im Winter
geöffnet ist. Zöhrer
lebt in Hermagor und
kommt aus Naggl am
Weißensee, wo er
„begeisterter
Wirt
und Bergbauer“ war.
Sehr gerne ist er
Gastgeber und ver-
mittelt dabei viel Ge-
lassenheit. Auch ver-
steht er sich als dank-
barer, tiefgläubiger
Mensch. Er war ein
Vordenker im Kärnt-
ner Tourismus als
Trendsetter mit ganz-
heitlicher Sichtweise
hin zum Ökotouris-
mus. Mit großem En-
gagement und neuen Ideen
wurden viele touristische Er-
folge erzielt. Zukunftsweisen-
des konnte er als Touristi-
ker und Tourismusverantwort-
licher gemeinsam mit Mitstrei-
tern für die Region Weißensee
und darüber hinaus umsetzen.
Er war als Vertreter in der Ge-
meinde sowie für überregio-
nale Hotel-Kooperationsgrup-
pen aktiv. Seine Marketing-Slo-
gans sind legendär. Seine
Leitlinie hieß „Zurück zur Na-
tur“ und zielte dahin, das Au-
thentische, das Echte zu leben.
Mensch und Natur standen im
Mittelpunkt.
International in die Schlagzei-
len kam Wirt Zöhrer um 1980
mit seiner Idee: jedem Gast
sein eigenes Hühnerei bzw.
seine eigene „Urlaubshenne“
bereitzustellen. Wer wollte,
konnte sich sein Bio-Früh-
stücksei aus dem Hühnerstall
selbst holen – noch warm aus
dem Nest von glücklichen Hüh-
nern. Selbst das japanische
Fernsehen interessierte sich für
die Idee und war bei ihm zu
Gast.
Hans Zöhrer, Jahrgang 1948, war
beim Liendlwirt, der aus dem
jahrhundertealten Bergbauern-
hof Liendlhof in Naggl am Wei-
ßensee hervorging, zuhause.
Sein Großvater schuf dort in den
1930er-Jahren mit dem „Alpen-
heim“ eine kleine Gästepension.
Nach dem Weltkrieg erwei-
terten seine Eltern diese und
bauten eine Jausenstation. So
gab es 1950 schon 40 Betten.
1966 zerstörte ein Brand den
Liendlwirt und Bauernhof. Es
wurde neu aufgebaut und 1967
mutig als Hotel eröffnet. Hans
machte die Lehre im Hotel- und
Gastgewerbe, absolvierte das
Bundesheer, Praxisjahre folgten
in Hotels am Naßfeld, im Klein-
walsertal und später auch in Pa-
ris. Den Betrieb übernahm er
1985. Durch Sanierungen, Mo-
dernisierungen, Zu- und
Umbauten gab es eine
stete betriebliche Wei-
terentwicklung. Es ent-
stand das erste „Natur-
Aktiv-Hotel“ Österreichs
und
schließlich
der
Alpenhof mit Wellness-
Bereich. Es war ein Leit-
betrieb mit vielen Inno-
vationen, geradezu ein
Gästeparadies.
Alpines Wohlfühlen, al-
pine Wellness, zur Ruhe
kommen, Natur erleben
zur Entspannung von
Geist und Körper, ein Ur-
laub mit der Kraft der
Natur, Bewegung im Ein-
klang mit der Natur – all
das war angesagt. Da gab
es ein exklusives Kulinari-
um, jede Menge Bewe-
gungs- und Verwöhn-
Programme, Kinderbe-
treuung, Animation, Sport,
weiters Gärten, Themenwege,
Trekking mit Pferden und Flös-
sen am Weißensee usw. Der
Drei-Sterne-Betrieb Liendlwirt
und der Vier-Sterne-Betrieb Al-
penhof wurden anspruchsvoll
als eine „Herberge der Träume“
positioniert.
Jahre später geriet der Betrieb
in wirtschaftliche Schwierig-
keiten, 2006 wurde er verkauft.
Heute ist dort außer dem Stall
des Liendlhofes nichts mehr zu
sehen. Im Wald oberhalb dieser
Stelle befindet sich die soge-
nannte „Hoffnungskirche“, die
Zöhrer erbaute und 1999 ein-
weihen ließ. Es ist gleichsam ein
Open-Air-Gotteshaus mit einem
Christus aus Holz, einem Kreuz,
Glockenturm und mehreren
Bänken.
Zöhrer machte sich auch um die
Region sehr verdient. 1979 war
er Gründer und Obmann des
Tourismusgebietsverbandes
Weißensee. Von ihm stammt
der Slogan „Mach Urlaub bei
Freunden“, mit dem das Land
Kärnten als Tourismusland seit
Jahrzehnten erfolgreich um
Gäste wirbt. Von 1982 bis 1997
war er Gemeinderat und Frem-
denverkehrsobmann der Ge-
meinde Weißensee. Er kreierte
auch den Slogan „Spielplatz
der Natur“.
1984 gründete Zöhrer den Club
der „Kärntner Naturburschen“.
Damit wollte er die Urlaubs-
Freundschaften fördern, das
Ursprüngliche, besonders den
Dialekt, bewahren und eine
nachhaltige Enwicklung des
Tourismus unterstützen. 1989
erfolgte die Positionierung zur
europäischen „Natureissport-
region Weißensee“. 1991 wur-
de das „Leitbild Weißensee“
initiiert, ein Jahr später folgte
das „Naturforum Weißensee“
(als Plattform für die Koopera-
tion von Tourismus und alpiner
Landwirtschaft). 1993 wurde
die Region Weißensee für Um-
welt und Tourismus von der EU
ausgezeichnet. Zöhrers Motto
lautet: „Mit dem Leben lachen,
mit dem Lachen leben“. Er ist
nicht nur ein Psychologe des
Urlaubsverhaltens, er hat auch
eine philosophische Ader, wie
viele Aussagen und Notizen be-
stätigen. „Jetzt sag Du“, steht
beim Eingang zum Klammwirt,
der auch sehr gut kocht. Hier
steht auch zu lesen: „Inmitten
unserer herrlichen Kärntner
Landschaft, unberührt und ur-
sprünglich, sich der Größe des
Universums bewusst werden,
die göttliche Liebe und kos-
mische Intelligenz, die diese
Einheit, Schönheit und Einma-
ligkeit geboren haben, formen
und prägen. Erkennen, dass
wir nicht Lehrmeister, sondern
nur Schüler der Natur sind.“
Karl Brunner
Gastwirt mit Herz und Ideen: Hans Zöhrer.
Foto: k. brunner