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OBERKÄRNTNER
VOLLTREFFER
23. JULI 2018
CHRONIK
MEINE
G
ESCHICHTE
Naturfreund und Säumer
Hubert Sauper,
Döllach/Mölltal:
Hubert Sauper, der frühere Schlosswirt aus Döllach im Mölltal (Gemeinde Großkirchheim), ist eine vielseitige, sehr beeindruckende
Persönlichkeit. Bodenständig, feinsinnig und allseits interessiert. Ein Kenner von Region und Menschen.
Ein herzlich-sympathischer
Mölltal-Botschafter, ein Na-
tur- und Bergfreund, ein
Nationalpark-Förderer, ein
Geschichten-Erforscher, als
Buchautor ein einmaliger
und auch hintergründiger
Erzähler von Erlebtem, Ge-
hörtem und Erdachtem und
lokaler Geschichte. Vor
allem durch seine Säumerei
kennt man „den Hubert“
und seine Familie weit über
das Mölltal und die Landes-
grenzen hinaus.
Sauper kam 1936 in Lienz
zur Welt, besuchte die
Volksschule in Döllach, das
Gymnasium und die Han-
delsschule in Lienz. Praxis
und Jobs folgten in England,
Italien, Frankreich, Salzburg und
Wien. Von 1945 bis 1953 ver-
brachte er die Sommerferien im
Hotel Franz Josef Haus in 2.400 m
Höhe, das sein Vater Anton und
sein Onkel Balthasar aus einer
Schutzhütte 1938 zum bekannten
200-Betten-Hotel auf der Franz-
Josefs-Höhe ausgebaut hatten.
Hier erlebte er Massentourismus,
was ihm als Jäger und Natur-
freund aber weniger behagte. Es
zog ihn in die Talregion, er erbte
(als „heruntergekommener Heili-
genbluter“, wie er scherzt) den
Schlosswirt in Döllach, den er mit
seiner Frau Maria Hauser von
1957 bis 1994 führte. Als staatlich
geprüfter Skilehrer und Schifüh-
rer gründete er die erste Döl-
lacher Skischule, legte erstmalig
Eislaufplatz, Langlaufloipe und
Pferdeschlitten-Trassen an und
bemühte sich als Fremdenver-
kehrs- und Liftobmann um die er-
sten Aufstiegshilfen in leichtem
Gelände. In Heiligenblut entstan-
den damals die ersten hochalpi-
nen Lifte.
Der florierende sommerliche
Glocknerstraße-Tourismus erhielt
durch die ersten Tennisplätze im
Oberen Mölltal, durch Jagd-,
Fischerei- und Reitmöglichkeiten
und durch einen Tontauben-
schießstand – im 1981 gegründe-
ten ersten österreichischen Natio-
nalpark „Hohe Tauern" – neue,
weitere Angebote. Als Gemeinde-
rat war Sauper bei den Gründungs-
bemühungen mit Altbürgermeister
Johann Fleissner (vulgo Zoggler) an
vorderster Stelle dabei, es galt u. a.
viel Widerstand gegen große Was-
ser-Ableitungen zu leisten. Sauper
konnte von der Gemeinde das leer-
stehende Schlössl Großkirchheim
kaufen, das seine Frau seither be-
sitzt, pflegt und mit neuem Leben
erfüllt. Der älteste Sohn Hubert
wurde Oscar-nominierter Filme-
macher („Darwins‘s Nightmare“),
Sohn Toni entwickelte als Bergfüh-
rer aus der Säumerei das „Alpinrei-
ten“ für Gäste bis in die Region der
Dreitausender. Sohn Lois lebt als
Tontechniker in Wien und Tochter
Anna kehrte nach 20 Jahren Eng-
land-Aufenthalt mit Mann und
zwei Töchtern in das schöne Möll-
tal zurück.
Zum 500-jährigen „Schlössl Groß-
kirchheim“ gehörte ein herrlicher
Weinkeller und ein antiker Säu-
merstall, der geradezu einlud, die
Säumerei, den Transport von Wein
und Salz auf Pferderücken über
den Tauern, nachzustellen. Der
Handel florierte von 1200 bis 1800,
wobei die „Kirchheimer Säumer“
begehrte Lieferanten von Waren
aus Gemona in Italien und von Salz
am Rücktransport von Hallein be-
kannt wurden. Ein auch öffentlich
vielbeachteter Zweiwochenmarsch
mit seinen drei Söhnen auf Haf
lingerpferden in Säumertracht auf
wiedergefundenen Saumpfaden
galt als „Sauper-Beitrag“ zur Mitar-
beit am Nationalparkgedanken.
Es entstand das erste Buch von Hu-
bert Sauper, betitelt „Der Säumer“,
hinzu kamen eine kleine Säumer-
Ausstellung und Tauernüberque-
rungen für Gäste. Großkirchheim
ist eine Gemeinde mit großer
Bergbaugeschichte. Weitere fünf
Bücher über das Leben im Tal, die
Goldberg-Epoche, die Glockner-
Erstbesteigung, den Abbau und
Verkauf des hochgiftigen Arsen bis
in die Levante, über die Verzinkung
von Galmai und den geplanten Ver-
kauf des Großglockners um 1914
erschreckten damals den Alpenver-
ein und „heute (hoffentlich) die Le-
ser meiner Bücher und Beiträge in
der Fachpresse“, so Sauper, der un-
glaublich viele Details und Hinter-
gründe kennt.
Die Liebhaberei zu allem, was mit
Pferden zusammenhängt, hat
Sauper im Blut. Ein Bartholomäus
Sauper war 1470 vom Stift Admont
entsandt zum Propsthof nach Sa-
gritz in Großkirchheim gekommen
und Generationen von Postmeis
tern und der letzte Postillion hin-
terließen ererbte Spuren.
Also beauftragte ihn sein Va-
ter 1945, von Heimkehrern
ein kleines Kosakenpferd zu
ergattern. Der neunjährige
„Pferdehändler“ musste da-
für eine Flasche Schnaps
und eine Großpackung Ziga-
retten auftreiben. Während
das brave Zugtier als Trans-
portmittel auf das 25 km
entfernte Hotel Franz Josef
Haus vorgespannt wurde,
erlebte Lienz die drama-
tische Kosakentragödie mit etwa
3.000 Toten am 1. Juni 1945.
Was Sauper auszeichnet, sind
seine vielfältigen, insbesondere
lokalhistorischen Kenntnisse, sein
Erzähltalent, sein Verständnis,
sein Humor und auch seine Iro-
nie. Auch Charme kam nie zu
kurz. „Sei höflich, aber nicht un-
terwürfig“, das habe er als Devise
von seinem Vater mitbekommen
und als kritischer Geist halte er
mit seiner Meinung auch nicht
hinter dem Berg, sagt Sauper. Als
Pensionist geht er gern seiner
Neigung, der Malerei, nach, stellt
auch Werke von heimischen
Künstlern aus und lädt Volks-
schulkinder zum Malkurs ein.
Dem früheren Hotelier und Säumer
ist nie langweilig. Mit 80 Jahren
stand der Bergfreund mit Sohn
und Enkel auf dem Großglockner.
Sauper ist dankbar: „Mit hundert
möchte ich mich noch einmal bei
den Mitmenschen und der Fami-
lie bedanken können, für ihr Ver-
ständnis, dass ich einiges bewe-
gen durfte, einiges nicht geschafft
habe. Frei nach dem uralten
überlieferten und hoch gehal-
tenen Leitspruch im Tal: es ist dir
nicht gegeben, alles zu erreichen,
aber auch nicht erlaubt, es nicht
zu versuchen. Also probier‘ ma‘s
halt noch amol!“
Karl Brunner
Hubert Sauper zeigt stolz
das schöne Posthorn, ein
Erbstück seiner Ahnen,
die Postmeister und
Postillione waren.
Foto: k. brunner