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OBERKÄRNTNER

VOLLTREFFER

27. NOVEMBER 2017

CHRONIK

MEINE

G

ESCHICHTE

„In aller Kürze“, Herr Haupt!

Mag. Herbert Haupt,

Spittal:

Eine Tafel mit dem Hinweis „zum Vizekanzler“ im Eingangsbereich seines Hauses in Spittal erinnert an seine politisch höchste

Funktion, die er innehatte: Mag. Herbert Haupt, Jg. 1947, war im Jahr 2003 Vizekanzler von Österreich.

Von Oktober 2000 bis Jänner

2005 war er Sozialminister. Er

war auch der erste männliche

Frauenminister. Haupt hatte

viele parteipolitische bzw. po-

litische Funktionen inne: Ge-

meinderat, Stadtrat, Vizebür-

germeister, Landes- und Bun-

desparteiobmann, Nationalrat,

dritter Nationalratspräsident.

Von 2006 bis 2009 war er Be-

hindertenanwalt, sorgte damit

für die Umsetzung des Behin-

dertengleichstellungsgesetzes,

das er als Minister initiiert hat.

Auf viele Leistungen ist er

stolz, u. a. auf die Einführung

der Behindertenanwaltschaf-

ten. „Ich hab einen dicken

Sturschädel und wollte das als

notwendig und richtig Erkann-

te auch konsequent durchset-

zen“, erklärt er. „Ich war gern

politisch

tätig“,

bilanziert

Haupt und fügt hinzu, dass es

sehr wichtig sei, beruflich un-

abhängig zu sein, um seine

Meinung offen sagen zu kön-

nen. Er habe sich auch an den

Rat seiner Mutter gehalten, die

meinte: „Bei all dem was du

tust, musst du selbst auch in

den Spiegel schauen können“.

Vielseitig,

humorvoll, stur

Er war Tierarzt mit Privatpraxis,

hatte an der Veterinärmedizin

der Uni Wien studiert. Ur-

sprünglich wollte er Technische

Mathematik studieren. „Am

meisten stolz bin ich auf meine

Leistungen als Tierarzt“, sagt er

rückblickend. Haupt ist sehr so-

zial eingestellt und verbindend,

ein Teamspieler, der Gemein-

schaft und Geselligkeit pflegt.

Etwa auch als Mitglied von Stu-

dentenverbindungen und von

Schlaraffia. Diese ist eine welt-

weite Vereinigung von Män-

nern, die sich der Pflege von

Kunst, Freundschaft und Hu-

mor verschrieben haben. Ihr

Leitspruch heißt „In arte volup-

tas“ („In der Kunst liegt das Ver-

gnügen“). Ihr Symbol, der Uhu,

steht für Kunst, Freundschaft,

Humor und Toleranz. Haupt

schätzt Humor und findet es nur

gut, „sich auch einmal selbst auf

die Schaufel nehmen zu kön-

nen“. Haupt ist ein ganz beson-

derer Mensch und Typ Mensch,

ja, auch eine Art Kultfigur, wur-

den ihm im Lauf seiner bundes-

politischen Ära doch insgesamt

über 2.000 Karikaturen gewid-

met bzw. publiziert. „Ich sage es

in aller Klarheit“ oder auch „in

aller Kürze“, das war ein sprach-

liches Markenzeichen des eigen-

willigen Politikers, der dann

doch gern längere Sätze zum

Besten gab.

Politiker mit

mehreren „Leben“

Ein markanter Mensch, der Un-

glaubliches mitgemacht hat,

musste er doch schon dreimal

reanimiert werden, nach Flug-

zeugabsturz

(Gletscherflug),

Tauch- und Autounfall, zweimal

galt er bereits als klinisch tot.

Autounfälle hat er mehrere ge-

habt, in seiner Jugend fuhr er

sehr rasant mehrere Bergren-

nen. Seine Gattin Renate er-

krankte 2009 und verstarb 2014.

2016 heiratete er seine Lebens-

gefährtin Ingrid. Unlängst unter-

zog er sich auch einer Herzklap-

pen-Operation. „Man bekommt

ein anderes Sensorium für Men-

schen“, sagt er nachdenklich im

Rückblick auf sein (Über-)Leben

bzw. „Wiedergeburten“. Auf-

grund seines enormen Wissens,

seiner Erlebnisse, Erfahrungen

und Interessen weiß Haupt sehr

viel Spannendes, Interessantes

zu erzählen. Man könnte stun-

denlang zuhören, etwa wenn er

historische, geopolitische Hin-

tergründe erläutert oder zu ak-

tuellen Entwicklungen kritisch

hinterfragend Stellung nimmt.

Man spürt sein enormes Interes-

se und auch die Besorgnis hin-

sichtlich

Fehlentwicklungen

oder wegen des Nichthandelns

der Verantwortlichen. Er nennt

u.a. Defizite im Bildungsbereich,

die zu Lasten der Jugend ge-

hen.

Alles kritisch

hinterfagen

Es sei schlimm, meint er als

„überzeugter Mitteleuropäer“

im Blick auf Politik und EU,

wenn das Geld oder Privilegien

für bestimmte Gruppen oder

Bereiche mehr Gewicht haben

als das allgemeine Interesse

und die Anliegen von Bürgern,

denn so drohe die EU bedeu-

tungslos zu werden. „Rechts-

staatlichkeit und die Einhal-

tung der allgemeinen Men-

schenrechte sind das Um und

Auf, sie müssen für alle gelten“,

betont Haupt. Eine Stärkung

der Eigenverantwortung und

Abkehr von unnötigen Rege-

lungen des persönlichen Le-

benskonzeptes würden viele

Erleichterungen bringen. Er

vermisst Reformmut sowie

auch Flexibilisierung bei Rah-

menbedingungen. Die Auto-

matisierung sieht er als eine

enorme Herausforderung für

alle an, aber sie müsste und

könnte auch als Chance für die

Arbeitnehmer begriffen und

gestaltet werden. Der frühere

Politiker hat eine Vielzahl an

hohen Auszeichnungen und

Ehrungen für seine vielfältigen

Leistungen und Verdienste er-

halten. Er ist gläubig, ernst und

fröhlich, nachdenklich und ge-

lassen. Und langweilig wird

ihm nie. Seine Hobbys sind

Schwimmen, Skifahren, Reisen,

er verfolgt gern American

Football und Eishockey (KAC-

Fan). Auch Reggae-Musik hört

er gerne. „Sich stets am Lau-

fenden halten und alles kritisch

hinterfragen“, rät er jungen

Menschen und hält es im Üb-

rigen mit dem Motto „Leben

und leben lassen“.

Karl Brunner

Mag. Herbert Haupt - Tierarzt und früherer Vizekanzler und

Minister mit großer Sozialkompetenz.

Foto: k.brunner