AUS DER KÜCHE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
OKTOBER/NOVEMBER 2017
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Herr Wieser, das Törggelen
schaute früher ja anders aus,
oder?
Wieser:
„Ja. Ursprünglich
wanderte man von Hof zu Hof,
um den ‚Suser‘, den halb ver-
gorenen neuen Wein, zu verko-
sten. Heute sitzt man beim
Törggelen in geselliger Runde
und genießt im urigen Bu-
schenschank den frischen Trau-
benmost. Dazu isst man gerö-
stete Kastanien, aber nicht nur.
Denn die Ernte ist eingebracht,
und die Natur hat den Men-
schen wieder allerlei Köstlich-
keiten vermacht. Und so wird
aufgetischt, was Hof und Keller
hergeben: Das reicht von Speck
und Käse bis zum selbst ge-
machten Brot, Geselchtem, also
Geräuchertem, mit Sauerkraut
und Knödeln, Schlutzern und
hausgemachten Krapfen.“
Warum ist der „Suser“ mil-
chig-trüb?
Wieser:
„Weil er durch Hefe-
bakterien so gemacht wurde,
und er ist auf alle Fälle noch
süßlich. Der neue Wein, also
ein späteres Stadium in der
Weinproduktion, heißt ‚Nuier’.
Der neue Wein ist wie der Most
ein Produkt des Jahres, in dem
er getrunken wird.“
Auch die Kastanien gelten
als Gabe des Herbstes.
Wieser:
„Ja. Denn im Herbst
bis nahezu hinein in den Winter
sind sie reif und werden als
heiße Delikatesse angeboten.
Man könnte sie das ganze Jahr
über in der Küche einsetzen, so
vielseitig ist die Verwendung
der Kastanien. Ob glasiert, ge-
braten, getrocknet, kandiert oder
gekocht, Kastanien sind äußerst
delikate Früchte. Sie veredeln
Braten, etwa in der Semmelfül-
lung, schmecken gut im Ge-
Es ist wieder Törggelezeit
Nach der Weinlese ist seit jeher Törggelezeit in Südtirol. Die Tradition des
geselligen Beisammenseins kommt von „Torggl“, wie die Weinpresse ge-
nannt wird, und nicht etwa vom Torkeln nach der Feier, wie böse Zungen
immer wieder mutmaßen. Der Südtiroler Meisterkoch Gerhard Wieser im
„PVT“-Interview.
Törggelegerichte
Kalte Gerichte Marende (Brettljause), Speck, hausgemachte Kaminwurzen, Gamskaminwurzen
Brot
hausgemachtes Nussbrot, Bauernbrot, Vinschgerlen, Schüttelbrot
Suppen
Gerstsuppe, Kürbissuppe, Graukassuppe, Gulaschsuppe, Brotsuppe
Tirtlen
Spinattirtlen, Krauttirtlen, Kartoffelblattlen mit Sauerkraut
Vorspeisen
Knödel- oder Nockentris (Käse-, Spinat- und Pilznocken), Schüttelbrotbandnudeln,
Schlutzkrapfen, Speckknödel mit Sauerkraut, Rohnenknödel
Käse
Graukäse mit Zwiebeln und Almkäse mit Pellkartoffeln
Fleisch
Bauernschöpsernes, Schweinsrippelen, Wildgerichte wie Hirschgulasch und Rehbraten,
Törggelepfandl, Hauswurst, Gsurtes Spanferkelkarree, Bauernbratl, Blutwürste, Sur-
fleisch, Schlachtplatte, Hauswurst mit Kraut, Pellkartoffeln mit Schnittlauchquark
Hausgemachte
Krapfen mit Füllungen aus Mohn, Kastanien, Preiselbeerkompott oder
Mehlspeisen
Marillenmarmelade (Aprikosenmarmelade), Strauben, Apfelkiechl
Säfte
hausgemachter Apfelsaft, Traubensaft
Schnäpse
selbst gemachter Treber, Nusseler, Himbeerler
Wein
Eigenbauwein, Most/Suser
Nüsse/Kastanien Walnüsse, Haselnüsse, Kastanien
Zubereitung Kastanien
Zubereitung
Roh darf man die braunen Früchte nicht essen, sie müssen gekocht, gebraten
oder geröstet werden.
Kochen
Dafür werden sie zuerst eingeritzt und dann etwa 20 Minuten in Wasser gekocht,
bis die Schale aufspringt.
Rösten
Zum Rösten entweder für 15 bis 20 Minuten in eine gelochte Pfanne geben, auf offenem
Feuer rösten oder auf ein Blech geben und im Backofen bei 200 Grad rösten.
Schälen
Man kann sie auch nur auf der Herdplatte (Holzofen) rösten, bis die Schale aufspringt.
Wenn die Früchte etwas abgekühlt sind, lässt sich die Kastanie mit den Fingern schälen.
Kastanien-
Karamellcreme
Für 4 Personen
Karamellzucker:
100 g Zucker,
Saft einer ½ Zitrone.
Kastanien-Karamellcreme:
250
ml Milch, 1 Pkg. Vanillezucker
oder ½ Vanilleschote, 1 Msp.
Zimt, 1 Prise Salz, 2 Eier, 60 g
Zucker, 80 g gekochte Kastanien,
zerbröselt, 1 EL Rum.
Weiteres:
4 EL geschlagene
Sahne, ½ TL Zimt zum Bestreuen,
12 gekochte Kastanien, karamelli-
siert, 4 Minzeblätter zum Garnie-
ren.
Zubereitung:
Karamellzucker:
Zucker in einem
kleinen Topf schmelzen lassen, Zi-
tronensaft dazugeben und hell-
braun karamellisieren lassen. In
Auflaufförmchen (Dariolformen)
gießen.
Kastanien-Karamellcreme:
Milch
mit Vanillezucker, Zimt und Salz
aufkochen. Eier und Zucker ver-
rühren, die heiße Milch langsam
unterrühren. Durch ein Sieb sei-
hen, mit zerbröselten Kastanien
vermischen, mit Rum abschmek-
ken und in die Förmchen zum Ka-
ramellzucker geben. Einen flachen
Topf mit Backpapier auslegen,
dann zwei Finger hoch heißes
Wasser einfüllen, die Förmchen
hineinstellen und im vorgeheizten
Backofen bei 160 Grad etwa 50
Minuten backen.
Fertigstellung:
Wenn die Creme
völlig gestockt ist, aus dem Was-
serbad heben und mindestens
eine Stunde im Kühlschrank erkal-
ten lassen. Mit einem kleinen glat-
ten Messer am Rand der Form
entlang schneiden, damit sich die
Creme aus der Form löst. Die Ka-
stanien-Karamellcreme auf Teller
stürzen, mit flüssigem Karamell-
zucker aus dem Förmchen über-
gießen. Geschlagene Sahne dane-
ben anrichten, mit etwas Zimt be-
streuen und mit karamellisierten
Kastanien und Minze garniert ser-
vieren.
Rezept
von Meisterkoch
Gerhard Wieser