VP 2015 03 - page 43

CHRONIK
PUSTERTALER VOLLTREFFER
MÄRZ/APRIL 2015
43
Frau Putzer, wer haftet bei
Lawinenunfällen?
Putzer:
„Prinzipiell jeder Ski-
fahrer selbst. Es gibt allerdings
die sogenannten Garantenstel-
lungen wie Skilehrer oder Berg-
führer, die in diesem Fall die
Verantwortung für ihre Kunden
übernehmen und für ihre kör-
perliche Unversehrtheit garan-
tieren müssen. Der Pistenhalter
selbst ist für den freien alpinen
Raum nicht verantwortlich. Er
muss aber Warnschilder aufstel-
len und den Übergang von der
gesicherten Piste ins ungesi-
cherte alpine Gelände signali-
sieren. Weiters gibt es – vor
allem in Österreich – Regelun-
gen was die Verantwortung von
Lehrpersonen bei Skiausflügen
(Ausflügen, Gruppenausflügen)
betrifft. Sie müssen die Verant-
wortung für die Schüler über-
nehmen. Es gibt auch noch die
Führer aus Gefälligkeit, die un-
abhängig von einer vertragli-
chen Verpflichtung Verantwor-
tung für weniger erfahrene Per-
sonen und Gruppenmitglieder
zu übernehmen haben.“
Gibt es rechtliche Regelun-
gen für das Verhalten im
freien Gelände?
Putzer:
„Die rechtlichen Re-
gelungen beschränken sich ei-
gentlich auf die organisierte
Skipiste, die mit Schildern
eben abgegrenzt wird. Deshalb
sollte man sich im Klaren sein,
wann man die abgesicherte Ski-
piste verlässt. Auffällig ist,
dass die FIS (internationaler
Skiverband) nur Verhaltensre-
geln für die Skipiste festlegt,
nicht aber für den freien Ski-
raum. Dort gibt es nur eine Re-
gelung für die Sicherheit in
Wintersportgebieten. Diese be-
sagt: Abgesehen von der Infor-
mationspflicht hinsichtlich Wet-
ter und Lawinenlage haben die
Winterorte keine Verantwor-
tung für das freie alpine Ge-
lände zu übernehmen.“
Was sollte man im freien
Skiraum berücksichtigen?
Putzer:
„Man sollte genü-
gend Kenntnisse haben und
auch den Hang genau kennen.
Also nicht nur den Wetter- und
Lawinenbericht konsultieren,
sondern sich auch vor Ort
noch mal Kenntnisse über die
Hang- und Schneebeschaffen-
heiten besorgen. Zudem sollte
man die nötige Sicherheitsaus-
rüstung haben. Also ein LVS-
Gerät, das eingeschaltet sein
sollte – weiters Schaufel und
Sonde, eventuell auch einen
Airbag-Rucksack. Es ist auch
wichtig, Temperaturschwan-
kungen, Neuschneemenge und
Windverfrachtungen in den
vorherigen Tagen zu beachten.“
Welche rechtlichen Unter-
schiede gibt es zwischen Ita-
lien und Österreich im freien
Skiraum?
Putzer:
„In Italien wird die
abstrakte Gefährdung der kör-
perlichen Unversehrtheit einer
unbestimmten Anzahl von Per-
sonen strafrechtlich belangt. In
Österreich nur die konkrete Ge-
fährdung von anderen Perso-
nen – aber nur, wenn ein Lawi-
nenabgang etwa Todesfolgen
oder Verletzungen von anderen
Personen mit sich bringt. Auch
was das Strafmaß anlangt, gibt
es einen großen Unterschied
zwischen der italienischen und
der österreichischen Gesetzes-
lage. In Italien wird das Verge-
hen des fahrlässigen Lawinen-
abgangs mit einer Strafe von
ein bis fünf Jahren belangt, in
Österreich die Gefährdung der
körperlichen Unversehrtheit mit
einem Strafmaß von nur bis zu
einem Jahr Gefängnisstrafe.“
Interview: Matthias Fink
Wer haftet bei Lawinenunfällen
im freien Gelände?
Auch abseits der Skipiste gelten Gesetze. Neben den Naturgesetzen sind
es die Rechtsgesetze, die Tourengeher, Variantenfahrer und Freerider be-
achten müssen. Matthias Fink, Generalsekretär des EVTZ „Europaregion
Tirol – Südtirol – Trentino“, interviewte Karen Putzer aus Südtirol, ehemalige
Profi-Skirennläuferin und ausgebildete Skilehrerin.
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Matthias Fink (l.) interviewte Skilehrerin Karen Putzer.
Putzer stellte klar: „Jeder Skifahrer haftet im Fall eines Lawinenabganges
selbst!“ Scannen Sie den QR-Code und schauen Sie sich das Interview in
voller Länge an.
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