Heimatkunde - Er schrieb die Geschichte von Leisach


Er schrieb die Geschichte von Leisach

Von Beruf ist er Schindelmacher. Seine Leidenschaft brennt aber für die Heimatkunde. Am 16. November präsentierte Sepp Kalser sein Buch über seine Heimatgemeinde Leisach. Es erschien im „OB“-Verlag.

An viele Türen klopfte er auf der Suche nach Informationen. Manchmal kam er sogar drei- bis viermal vorbei. Drei Jahre lang arbeitete Kalser unermüdlich. Er ackerte sich durch wissenschaftliche Bücher – ging Überlieferungen und alten Geschichten nach und sichtete eine Unmenge an Fotos. Und das alles neben seiner beruflichen Tätigkeit als Chef der Schindelwerkstätte. „Ich habe nicht damit gerechnet, dass es so viele Informationen gibt“, bekennt er. Doch er blieb dran – und heraus kam ein umfangreiches Heimatbuch über Leisach.

Die Besiedelung erfolgte bereits in der Jungsteinzeit. Das belegt ein von Schülern gefundenes Lochbeil. Der Ortsname geht auf das slawische Liub-scah zurück und bedeutet „Ort an der netten, lieblichen Gegend“. Die erste urkundliche Erwähnung fand man im 11. Jahrhundert in einer Brixener Chronik. Die Schreibweise änderte sich mehrmals, seit 1680 ist es die heutige.

 

Josef Kalser RH 04084 ohne Schatten NEU 47 18

Kultstätte

Einst reichten die Leisacher Felder und Wälder weit in das heutige Stadtgebiet hinein. Andererseits war der Burgfrieden früher eine eigene Gemeinde. Sie wurde 1938 mit Leisach zwangsfusioniert. Kleine Gemeinden, aber von historischer Bedeutung. Wissenschaftler gingen von einer bedeutenden keltischen Kultstätte im Lienzer Talboden aus. Kalser vermutete sie auf einem Hügel am Fuß des Schlossbergs. Und tatsächlich stieß er auf Relikte der Vergangenheit. Bei Grabungen des Institutes für Archäologien im Jahr 2014 war es dann Gewissheit: Hier befand sich ein weitum bedeutendes Volksheiligtum.

Im Mittelalter befand sich in der Talenge unterhalb der heutigen Festungsruine „Lienzer Klause“ eine Mautstelle. Jeglicher „Verkehr“ und Viehtrieb musste seinen Obolus entrichten. In den Tiroler Freiheitskämpfen 1809 hatte diese Stelle dann eine strategische Bedeutung. General Rusca wurde mit seiner Franzosentruppe beim Durchmarsch aufgehalten und konnte so nicht in die dritte Bergiselschlacht eingreifen. Er rächte sich, indem er das Leisacher Ortszentrum in Brand schoss. Nur sechs von rund 40 Häusern blieben unversehrt.

 

4Mauerreste der Neuenburg. Foto: Kalser

Vergessene Burg

Und es gibt noch in der Erde Verborgenes: Kalser suchte nach dem Standort der Neuenburg. Er stieß dabei auf Widersprüche bei den Historikern. „Alle nach 1900 glaubten, dass die Burg bei der Lienzer Klause stand.“ In einer Beschreibung des Südtiroler Topographen Jakob Staffler (1783-1868) fand er jedoch folgende Feststellung: „In den waldigen Anhöhen ober Leisach in der Richtung gegen Lienz entdeckt man noch einige Ruinen des Schlosses Neuenburg.“ Mauerreste gibt es auch heute noch, und Fundstücke bestätigten die Vermutung von Kalser. Er schrieb darüber das Buch „Die vergessene Burg von Leisach.“ Gezielte Grabungen der Universität Innsbruck sollen erst stattfinden.

Persönlichkeiten

Leisach brachte bedeutende Persönlichkeiten hervor, in neuerer Zeit den Landtagsabgeordneten Alfred Senfter (verstorben 1988), die Regierungsmitglieder Fridolin Zanon (verstorben 2006), seine Tochter Elisabeth und Dipl.-Ing. Gabriele Fischer. In der Kunst sind es der aus Ainet stammende und in Leisach lebende Bildhauer und Sänger Jakob Glieber, der Autor Christoph Zanon, die Maler Helmut Trojer, Hannelore Nenning und Oskar Stocker, die Fotokünstlerin Zita Oberwalder, die grafische Künstlerin Annelies Senfter, der Autor Thomas Reider, der Bildhauer Benjamin Zanon, die Performance-Künstlerin Katharina Zanon oder der Musiker Hannes Oberwalder, um nur einige zu nennen. Auch der Musikant, Sänger, Komponist und Autor Hermann Delacher ist hier zu nennen sowie die Sängerinnen Ursula Oberwalder und Silvia Kalser.

Weitum bekannt waren auch Gesangsgruppen, wie die vom Lehrer, Sänger und Stimmbildner Josef Oberwalder gegründeten Formationen „Leisacher Männerquartett“ und „Osttiroler Viergesang“.

 

641 L7874 Leisach bei Lienz um 1890Leisach um 1890. Foto: TAP

„Historisches Fieber“

Und auch Sepp Kalser setzte sich mit seinen Forschungen und den mittlerweile vier Büchern ein Denkmal. „Ich habe mich immer schon für Heimatliches und alte Sachen interessiert“, erzählt er. Sein Vater hatte in ihm das „historische Fieber“ geweckt, indem er den sieben Söhnen und drei Töchtern Sagen erzählte und Funde aus dem Wald mitbrachte.

Der Berufsweg von Sepp sah anfangs jedoch anders aus: Er wollte Tischler werden, fand aber keinen Lehrplatz und sattelte deshalb auf Metzger um. Nach der Gesellenprüfung packte ihn das Fernweh. Er heuerte in Bremerhaven auf einem Frachtschiff als Kochsmaat an und kam in zweieinhalb Jahren um die halbe Welt. Zurück in der Heimat hieß es zum Wehrdienst einrücken. Anschließend arbeitete Kalser als Forstarbeiter beim Waldwirtschaftsverein, dann als Waldaufseher in Iselsberg, und schließlich wagte er 1990 als Schindelmacher den Schritt in die Selbstständigkeit.

Den Leuten und deren Geschichten hörte er immer gerne zu. Aber er machte auch die Erfahrung, „dass vieles geredet und unterschiedlich erzählt wird“. Das spornte ihn dazu an, selbst den Dingen auf den Grund zu gehen und den Versuch zu unternehmen, die Wahrheit zu finden.

Fachkundige Informationen

Sein Heimatbuch ist ein umfassendes Werk. Er fasste nicht nur kompakt die Geschichte des Dorfes zusammen, sondern beleuchtete viele Aspekte: u. a. die Bautätigkeiten, die Versorgung mit Wasser und Strom, das Gewerbe und die frühe Industrie. Ebenso sind zahlreiche Persönlichkeiten und Geschehnisse in der Gemeinde angeführt. Er geht auf Kunst, Kirchengeschichte und Vereine ein und stellt die Situation in Kriegszeit und nach Naturkatastrophen dar. Ergänzt ist das Werk mit einigen Gschichtln und der Erfassung der Vulgonamen samt einem tiefen Einblick in die Familienforschung der Leisacher Höfebesitzer. „Es war keine Arbeit, ich habe es gern getan“, blickt er zurück. „Allein geschrieben, aber ein Gemeinschaftswerk von Leisachern“, sagte er bei der Präsentation in seiner Werkshalle vor rund 180 Besuchern. Die grafische Gestaltung stammt von Klaus Dapra. Viel Lob erntete Kalser für seine Arbeit von „OB“-Chefredakteur Dr. Robert Hatzer und dem Künstler Oskar Stocker. Von Mag. Stefan Weis wurden die Verdienste des Heimatforschers Josef Oberforcher gewürdigt.

Das Buch „Leisach“ erschien im Verlag Osttiroler Bote. Es hat 560 Seiten und ist um 44,90 € beim „OB“ (Kauf im Büro, Bestellung telefonisch, per E-Mail oder ganz bequem hier im Online-Shop) und im gut selektierten Buchhandel erhältlich.

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05.12.2018

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