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de

Dr. Erich Kneußl

bestellt. Die

erste

Nationalratswahl

der jungen

Republik am 16. Februar 1919,

bei der erstmals auch Frauen

wahlberechtigt waren, brachte in

Tirol und Osttirol einen klaren

Sieg der Volkspartei (Christlich-

Soziale) von 84 %, in einigen Or-

ten, etwa auch in Hollbruck er-

hielt sie 100 %. Ein ähnliches Er-

gebnis von 86 % brachte die

Tiro-

ler Landtagswahl

am 15. Juni

1919, womit der bisherige Lan-

deshauptmann Josef Schraffl,

Land- und Gastwirt, Sillian, wie-

dergewählt wurde.

Das alles beherrschende Anliegen

in diesen Wochen und Monaten

von 1919 in Kartitsch und im

Osttiroler Oberland war aber die

Entwicklung

in

Südtirol

.

Schließlich war ja der Raum Silli-

an bis Tassenbach seit November

1918 von italienischem Militär

besetzt, einschließlich der Stra-

ßenkontrollen in Tassenbach.

Nach dem Londoner Geheimver-

trag von 1915 und dem für

Deutsch-Österreich

verlorenen

Krieg drohte die

Aufteilung Ti-

rols

, Südtir ol und Welschtir ol

(Trentino) sollte als Kriegsbeute

Italien zuerkannt werden und Ost-

tirol, der östlichste Teil Südtirols

sollte vom Mutterland getrennt,

bei Österreich bleiben. Bei den

im Frühjahr 1919 begonnenen

Friedensverhandlungen von Saint

-Germain stellte Italien weitere

Gebietsansprüche,

der zentr ale

Marktort Innichen und weitere

fünf Osttiroler Gemeinden des

Hochpustertales sollten zusätzlich

Italien zuerkannt werden. Durch

die damit erforderliche Grenzzie-

hung sollte die seit urdenklichen

Zeiten bestandene

Taleinheit

des

Hochpustertales zerrissen werden.

Trotz

massiver

Einsprüche

Deutsch-Österreichs und einiger

weiterer Staaten und trotz Unter-

schriftenaktion der Südtiroler Be-

völkerung wurde am 10. Septem-

ber 1919 entgegen dem Völker-

recht zu

Gunsten Italiens

ent-

schieden. Damit wurde die südli-

che Gemeindegrenze von Kar-

titsch und Hollbruck zu Sexten

zugleich

Staatsgrenze

zu Italien.

Die Vermessung und Vermar-

kung erfolgte in den Jahren 1922

-1923.

Durch diese Grenzziehung wur-

den auch seit Jahrhunderten be-

standene

kirchliche

Beziehungen

von Kartitsch zur ehemaligen

Mutterpfarre Innichen abgebro-

chen, ebenso die

medizinische

Betreuung

dur ch das Kr anken-

haus Innichen, diese musste in

der Folge im Krankenhaus Lienz

erfolgen.

Ludwig Wiedemayr

„Lienzer Nationalrat“- Verwaltung

Osttirols von Nov. 1918 bis Feber 1919

Foto Georg Egger, TAP

Die Zerreißung Tirols und Anexion Süd-

tirols und des Trentino durch Italien,

1919/1920

Historisches

Pustertaler Bote 27. 6. 1913,

S 2: Jagdpech im Schöntal

Sillian, 25. Juni:

Gestern hörte man in Lienz über

ein interessantes Jagdstücklein

verschiedene Witze erzählen.

In Kartitsch in der Schöntalalpe

war vorige Woche ein Jäger auf

der Jagd. Der Jäger muss im Ge-

büsch einen vermeintlichen Reh-

bock gesehen haben. Er schlich

sich heran und feuerte einen

Schrottschuß auf das Tier.

1111

O Teixl, anstatt des Kapitalreh-

bocks kollerte eine auf 350 Kro-

nen bewertete Kalbin hinunter.

Der Waidmannn muß gesehen

haben, dass er einen Riesenbock

geschossen hatte, aber keinen

Rehbock und wird sich selbstver-

ständlich aus dem Tal gemacht

haben. Diese Kalbin gehörte dem

Schneidermeister Josef Hochrau-

ter in Anras und wurde in die

Schöntalalpe aufgenommen. Die

Kalbin muss durch den Schuss

erschrocken sein, sprang auf, kol-

lerte über den Hang hinunter und

wurde mehr damit als durch den

Schuss verletzt. Sie wurde am

nächsten Tag lebend gefunden, ist

aber dem Verenden nahe. Die

Erhebungen werden ergeben, wer

der Waidmann ist.