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Rund ums Dorf

Seite 48

November 2017

Onkel Weber auf dem Jakobsweg

Bis auf ein Hinweisschild „Jakobsweg“, das in Tassenbach

einem Pilger den Weg weist, war der Weg mit dem Ziel

Santiago nicht allzu geläufig für mich. Dies änderte sich

als meine langjährige Freundin Sigrid Schulze aus Köln

mich fragte, ob ich nicht Lust hätte mit ihr den Jakobsweg

nach Santiago de Compostela zu gehen. Nach kurzem

Nachdenken sagte ich zu. Mir war zu diesem Zeitpunkt

nicht klar, was mich überhaupt auf diesem Weg erwar-

ten würde. Im Nachhinein betrachtet, hat es sich aber als

eine der besten Entscheidungen meines Lebens heraus

gestellt. Der Jakobsweg wird dich weder gertenschlank

machen, noch deine Alkoholsucht bekämpfen oder seeli-

sche Wunden heilen. Was er dir gibt ist Selbsterkenntnis.

Meine Pilgerreise nach Santiago de Compostela (Jakobsweg)

Sepp und seine langjährige Freundin Sigrid Schulze

Foto: Josef Goller, Weber

Nach einer gewissenhaften Vorbereitung bezüglich Be-

kleidung, Schuhe und allen anderen Kleinigkeiten(Ge-

samtgewicht des Rucksackes 8 Kilo) ging es am 26.6.2016

los. Mit dem Flugzeug von Köln über London nach Biarizz,

von wo wir mit einem Sammeltaxi für 15 € pro Person

nach St. Jean-Pied-de-Port reisten und dort zum ersten

Mal übernachteten. Am nächsten Tag ging es dann wei-

ter von 150 m Seehöhe über den Pyrenäenpass bis 1450

m Höhe nach Ronchesvalles, wo wir in einem Schlafsaal

mit 120 Stockbetten Quartier fanden, welches zu einem

Kloster gehörte.

Nach einem guten Essen in der Klosterküche ging es dann

in die Klosterkirche wo ein internationaler Chor aus Mad-

rid ein Konzert gab. Weiter ging es dann über verschie-

dene kleine Orte, in denen wir immer mal in besseren

und mal in nicht so guten Herbergen Aufnahme fanden.

Angekommen in Pamplona wo schon für das jährliche

Stiertreiben alles hergerichtet wurde.

Die nächste größere Stadt war dann Logrono, die Haupt-

stadt des berühmten Rioja-Weines, wo an der Aussen-

seite des Weingutes Bodegas Irache von einer reliefver-

zierten Wand zwei Wasserhähne herausragten. Der eine

gefüllt mit Wasser, der andere mit Wein – und alles gra-

tis!!!! Mittlerweile hatten wir schon ca. 220 km hinter uns

gebracht und steuerten als nächsten Ort Santo Domingo

de la Calzada an. Wieder in einer Klosterunterkunft ange-

kommen, die unter anderem eine Gratis-Essensausgabe

nur herausrückte, wenn man vorher einen Messebesuch

vorweisen konnte. Bei einem Besuch der dortigen Kathe-

drale haben wir etwas ganz Komisches gesehen. Ein Hüh-

nerkäfig mit Hahn und Henne gackerten dort vergnüglich

vor sich. Die Legende davon: Ein verurteilter Jüngling

sollte wegen einer ihm zur Last gelegten Straftat (die er

nicht begangen hatte) bestraft werden. Die Eltern gingen

darauf hin zum Richter und baten um Gnade. Dieser saß

gerade beim Essen. Vor sich am Teller ein Hähnchen und

sein Kommentar: Dein Sohn ist so unschuldig, wie mein

Hähnchen am Teller lebendig. Flugs das Hähnchen flog

davon und der Jüngling war frei. Wenn man den Hahn

krähen hört, soll das Glück bringen. Vergeblich, wir ha-

ben ihn nie krähen gehört.

Onkel Weber auf dem Jakobsweg

Foto: Josef Goller, Weber