10 OBERLIENZerlesen
Der Kulturausschuss
Auf der Spur
der Rinder
von Elisabeth Hainzer
„Ich kenn da eine, die fotogra-
fiert Kühe aus aller Welt. Die
sollten wir nach Oberlienz holen.
Für eine Kulturveranstaltung“
(Ernst). Diese Idee fanden wir so
skurril, dass nur wenige Tage
darauf ein Treffen mit der
„Kuh-Fotografin“ stattfand. Ra-
mona begrüßt uns mit ihrem
wärmenden, freundlichen Lä-
cheln. Über einer Tasse Kaffee
wird Smalltalk gehalten. Anfang
30, die Heimatgemeinde ist
Gaimberg, bereits seit 2008 ist
sie freiberuf lich als Fotografin in
aller Herren Länder unterwegs.
Die Gespräche vertiefen sich und
Ramona lässt uns teilhaben an
ihrer Welt. Immer
wieder überrascht sie
uns mit ihren bunten
Geschichten. Mit all
den Freundschaften,
die sie über die Jahre
geschlossen hat. Den
Abenteuern und den
Wagnissen, welchen
sie sich zu stellen hat-
te. Verzaubert von ih-
rer
erzählerischen
Gabe äußern wir erstmals laut
den Wunsch, ihre Bilder „herzei-
gen“ zu dürfen. Eine gemeinsame
Veranstaltung mit der Kultur in
Oberlienz. Ein paar Bilder von
Kühen und die „Geschichten da-
hinter“ wären schön. Mehrfach
versichert uns Ramona, dass ihr
Platz hinter der Kamera sei.
Doch finden wir, dass es in ihrer
Natur liegt beide Seiten zu be-
herrschen. Es folgt ein weiteres
Treffen. Der Innenhof begeistert
Ramona. Erstmals fällt das Wort
„vielleicht“. Erneut träumen wir.
Bilder, Geschichten und eventu-
ell Musik. Eine Veranstaltung im
Freien. Irgendwann zwischen
Mai und September. Wir bleiben
in Kontakt. Bis der Tag anbricht,
an dem Ramona ihr „Go“ gibt.
Von da an scheint alles wie von
alleine zu laufen. Die Vorbespre-
chungen gehen nahtlos in Nach-
besprechungen über, getragen
von Begeisterung und gepaart
mit einer Vielzahl an Ideen. Im-
mer mehr Kulturbegeisterte fal-
len uns ein, die wir in unser
Vorhaben miteinbinden wollen.
Je näher der Tag X des
„Kuh-Projektes“ rückt, desto
mehr kristallisiert sich auch das
große Ganze heraus. Ramona
plant eine Auswahl ihrer schöns-
ten Aufnahmen zu zeigen. Wie
in einem Reisetagebuch möchte
sie uns auf der Spur der Rinder
und des bäuerlichen Lebens rund
um den Globus führen. Der In-
nenhof scheint für die Präsenta-
tion ideal. Im Anbruch der
Nacht und begleitet von musika-
lischen Klängen aus aller Welt
möchte sie uns Einblicke in das
Entstehen des Projektes „Unbe-
rührte Schönheit“ (Bildband von
Biopionier Werner Lampert)
gewähren. In den alten Ställen
anbei soll eine Fotoausstellung
der anderen Art entstehen. Ne-
ben Fotografien von Kühen die
unterschied l icher
nicht sein könnten,
sollen ausdrucks-
starke Portraits von
Bauern und stim-
mungsvolle Alltags-
situationen aus der
L a n d w i r t s c h a f t
rund um die Welt
gezeigt
werden.
Schnell fällt auf,
dass Ramona in ih-
rer Arbeitsweise den Blick auf
das Wesentliche lenkt, das Ein-
fache, eben das Unberührte zu
schätzen weiß. Mit ihrer kreati-
ven, bodenständigen und aufge-
schlossenen Art gelingt es Ra-
mona uns alle anzustecken. Viele
Hände sorgen dafür, dass die
Bilder auf den alten Wänden zu
schweben scheinen. Die Lichtef-
fekte bleiben wohl ein Unikat.
Strohballen bieten Sitzgelegen-
heit. Fakeln leuchten den Weg.
Ramona Waldner
ist um die Welt gereist, um im Auftrag von
Werner Lampert die aufregendsten, schönsten und
seltensten indigenen Rinderrassen zu fotografieren.
Zurückgekommen ist sie mit einer beeindruckenden
Dokumentation bäuerlicher Kultur, mit Bildern, die
poetisch und kraftvoll zeigen, wie eng die
Schicksale von Mensch und Tier in allen
agrarischen Zivilisationen dieser Erde
verknüpft sind.