Seite 29 - Ausgabe_Dezember_2014

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LLGEMEIN
Ich bin am 8.12.1959 im damals neuen Schulhaus zur Welt
gekommen. Als siebtes von acht Kindern, das VS-Dir. Hans
Kurzthaler gemeinsam mit Maria-Luise in die Welt gesetzt und
großgezogenhat,wurde ichsehr verwöhnt.Wir hatten imVergleich
zu heute eine einfache Kindheit mit jeder Menge Unterhaltung
in Nachbars Feldern, beim Heu machen mit dem Pferdegespann,
im Stadel unseres Milchbauern Jager und beim Aufzugbauen im
Schulhausgarten. Notwendiger Weise eingespannt im Haushalt,
waren wir abwechselnd eingeteilt zum Schuhe putzen und
Staub saugen, zum Geschirr waschen und zur Gartenarbeit. Wir
durften zu sechst mit dem Ford Cortina an den Tristacher See
zum Schwimmen fahren, bekamen als Weihnachtsgeschenke
praktische Sachen zum Anziehen, Lesen, auch Spielsachen zum
Denken und kreativem Bauen. Viele Kekse, Stollen und Zelten
versüßten unser Fest.
Die Elternwaren bestrebt, unsKinder etwas lernen zu lassen. Nach
vier Jahren Volksschule in Thurn musste ich nach bestandener
Aufnahmeprüfung für die Hauptschule im Jahr 1970 nach Lienz.
Vater war sich damals nicht so sicher was der Pepi so drauf hatte
und beschloss, mir nach einem Jahr Hauptschule die Chance zu
geben das Gymnasium zu besuchen, ließ mich aber zur Vorsicht
wieder in der ersten Klasse beginnen. Eine weise Entscheidung,
er musste sich nur einmal mit mir beschäftigen, nämlich als ich
in der 3. Klasse in Deutsch auf fünf stand. So bekam ich von ihm
gestrenge Nachhilfe, die auch fruchtete. Damit bin ich doch noch
für kurze Zeit auch sein Schüler gewesen. Ich war ja das einzige
Kind, das er nicht unterrichtet hatte. Damals musste die Schule in
Thurn noch acht Schulstufen in drei Klassen anbieten.
1979 maturierte ich am Bundesrealgymnasium in Lienz und
diente im Herbst darauf meine Bundesheerzeit ab. Ich wurde in
Hall in Tirol eingezogen und war so das erste Mal von zu Hause
fort. Heimweh und Schüchternheit haben mich begleitet. ImApril
1980 war alles vorbei und ich durfte wieder zurück nach Thurn.
In der Zwischenzeit bauten meine Eltern und Geschwister in
Thurn ein großes Mehrfamilienwohnhaus. Aus dem patscherten
Pepi wurde unter den Fittichen von Bruder Christian ein
brauchbarer Helfer und so reifte über den Sommer der Entschluss
zum Studium an der Universität in Innsbruck Fachrichtung
Bauingenieurwesen. Der Schritt in die große Stadt fiel mir nun
nicht mehr schwer und ich hatte noch Christian, der mich an der
Hand über die Einstiegshürden zum ordentlichen Studenten half.
Gott sei Dank! Am 12.12.1987 erhielt ich mein Diplom. Damals
war es leicht eine passende Arbeit zu finden und so konnte
ich am 1.1.1988 bereits bei den Tauernkraftwerken starten.
Ein Jahr plante ich für das Kraftwerk Dorfertal und war dafür
auch sieben Monate im Büro in Matrei Hinterburg stationiert.
Da ich zwischenzeitlich meine Gattin Ulrike heiratete und sie
hochschwanger war, wechselte ich an meine Heimatuniversität
für Bauingenieurwesen als Assistent für Baustatik. Irgendwie
war diese Entscheidung von besonderer Tragweite.
Die Kraftwerkplanung Dorfertal, die fast fertig war, wurde durch
den Widerstand der Politik und der einheimischen Naturschützer
im März 1989 eingestellt.
Der RaumInnsbruckwurde zumeinemfamiliären und beruflichen
Lebensmittelpunkt, wo ich mir mit meiner Gattin ein Haus bauen
und unseren drei Kindern ein gutes Aufwachsen ermöglichen
Porträt Dipl.-Ing. (Univ.) Josef Kurzthaler:
Thurner Tiroler Missionar in Sachen
ArbeitnehmerInnenschutz
konnte. 1992 wurde ich Mitarbeiter
beim Arbeitsinspektorat für den
14. Aufsichtsbezirk in Innsbruck,
zuständig für ganz Tirol. Ich musste
mir neben meinen Kenntnissen
des Bauwesens neue Wissensgebiete aneignen, insbesondere
Maschinenbau, Chemie und Verwaltungsrecht. Die zunehmende
Erfahrung lehrte mich Fingerspitzengefühl im Umgang mit den
Wirtschaftstreibenden und Durchsetzungsfähigkeit zum Schutze
der ArbeitnehmerInnen. 2006 wurde ich Abteilungsleiter und,
wie es imAlter so kommen kann, im Dezember 2013 zum Leiter
des Arbeitsinspektorates bestellt. Das war schon ein Ziel, das ich
mir gesteckt hatte. Umso mehr freute es mich, dass ich es auch
erreichen konnte. Meine nächsten 10 Jahre versprechen jedenfalls
keine Langeweile.
Ursprünglich wollte ich ja Lehrer werden. DiesenWunsch erfülle
ich mir nebenberuflich. Ich unterrichte seit ca. 20 Jahren in der
Erwachsenenbildung, halte Gastvorträge an der Universität sowie
bei Fachveranstaltungen. Interessehalber machte ich vor fünf
Jahren sogar die Ausbildung zum Gerichtssachverständigen.
Wer glaubt, ich lebe nur um zu arbeiten, täuscht sich. Als
Familienmenschen waren meine Gattin Ulrike und ich sehr um
unsere Kinder bemüht, ganz nach dem Vorbild unserer Eltern. 20
Jahre blieb Ulrike dafür zu Hause. Unser Einkommen ließ das zu.
Ob dies unseren Kindern einmal möglich sein wird? Es ist wohl
auch nicht mehr zeitgemäß.
Meine Freizeit verbringe ich mit Sport und Gartenarbeit. Ich bin
gerne in unseren Bergen zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs, im
Winter findet man mich beim Touren gehen und vor allem beim
Langlaufen.
Alles zusammen war mein bisheriges Leben recht
abwechslungsreich und mit Glück und Segen begleitet. Mein
Fundament bildete die Tatsache, dass mir nicht alle Talente und
Möglichkeiten in den Schoß gelegt wurden. Ich musste mich
durchaus abmühen, in der Schule, im Studium und im Beruf.
Vielleicht war das das Geheimnis beruflichen Erfolges als
„Auslandsosttiroler“.
Mit freundschaftlichen Grüßen
Josef Kurzthaler