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FODN - 57/02/2014
BUNT GEMISCHT
Von Margit Riepler
I
n Kals wird der 15. August als Hoher
Frauentag feierlich und herausge-
putzt in aller Pracht gefeiert. Wer das
Brauchtum pflegt, bereitet sich auf die-
ses kirchliche Fest vor, indem man Tage
zuvor spezielle Heilkräuter sammelt, sie
zu einem Strauß bindet und zur Kräu-
tersegnung mit in die Kirche nimmt.
Eine schöne Sache, die es wert ist, zu
bewahren und weiterzugeben. Wenn
man weiß, was hinter diesem Brauch-
tum steckt, bekommt der Aufwand rund
um die Kräuterweihe eine tiefere und
irgendwie auch eine geheimnisvolle Be-
deutung - ein Ansporn, im Rahmen des
Nationalpark Sommerprogramms mit
den 6-12 jährigen dieses Thema aufzu-
greifen.
Mit 18 Kalser Kindern wanderte ich
am Tag vor Maria Himmelfahrt vom
Spöttlinghof zur Moaralm, um am
Wegesrand geeignete Kräuter zu sam-
meln. Zum Glück sind die „Spürnasen“
neugierige junge Leuten und fragten
auch gleich nach dem „Warum“ und
"Wieso".
Schon bei den Kelten wurden zur Zeit
des Augustvollmonds fleißig Kräuter
geweiht um Gesundheit und Wohler-
gehen zu erlangen. Der Brauch wurde
vom Christentum übernommen und un-
ter die Obhut der Maria Mutter Gottes
gestellt.
Interessant ist, dass laut Legende, die
Kräuterweihe an Maria Himmelfahrt
deshalb stattfindet, weil die Apostel
statt des Leichnams Blumen und aro-
matische Kräuter im Grab der Mutter
Gottes vorfanden, als sie sich überzeu-
gen wollten, ob diese in den Himmel
aufgefahren sei.
Beim Sammeln des Frauenbischels
sollte man darauf achten, eine magische
Anzahl von verschiedenen Kräutern zu
verwenden. In unserer Gegend sind es
7, 9, 12 oder 15 unterschiedliche Heil-
pflanzen, die zum Einsatz kommen. In
die Mitte soll man auf alle Fälle eine
Königskerze setzen. Ein alter Volksna-
me für die Königskerze ist Himmels-
brand und in der christlichen Mytholo-
gie direkt der Mutter Gottes unterstellt.
Der alte Name kommt wohl daher, weil
man früher aus der langstängeligen, et-
was klebrige Pflanze Fackeln machte.
In unserem Fall brachte ich die Kö-
nigskerzen von den Böschungen der
Kalserstraße mit, da auf unserer Wan-
derroute keine zu erwarten waren.
Dafür konnten die Kinder Frauen-
mantel, Schafgarbe, Beifuß, Johan-
niskraut, Thymian und Spitzwegerich
kennenlernen und sammeln, um daraus
kleine Sträuße zu binden.
Die meisten Kinder brachten sie am
nächsten Tag zur Kräuterweihe mit.
Kalser Nationalpark-Spürnasen sammeln Kräuter für die Kräuterweihe.
Diese Weihe zu Maria Himmelfahrt hat eine lange Geschichte - ein Geflecht aus Glauben und
Aberglauben, Hokuspokus und Heilkraft.
Der „Frauenbischel“
V.l: Marlen Weichsler, Lisa-Marie Wibmer, Margit Riepler, Natalie Holzer, Hannah Wibmer
Wer gut aufgepasst hat, hat sein
Sträußchen zuhause zum Trocknen auf-
gehängt, um danach, wenn vorhanden
in den Herrgottswinkel zu stellen und
hin und wieder daran zu denken, die
getrockneten Kräter auch zu verwenden.
Der Frauenbischel sollte für gute Ern-
te und Eheglück, sowie gegen Krankhei-
ten wirken. Dem kranken Vieh wurde
früher auch etwas von dem Kraut unters
Futter gemischt. Auch zum Räuchern
(für und gegen alles) kann man die ge-
trockneten Pflanzen verwenden.
Wenn einem ganz bang wird, weil
Blitz und Donner draußen toben, wird
etwas von dem getrockneten Kraut ins
Herdfeuer geworfen, um Schaden vor
Unwettern abzuwehren.
Dass also "gegen das Wetter noch
kein Kräut gewachsen ist", ist mit dem
Wissen um den Frauenbischel so gut wie
widerlegt...