Seite 23 - Gemeindezeitungen

Basic HTML-Version

FODN - 57/02/2014
23
durch mehrere Faktoren gebremst:
Nach 1945 führten schwere Regenfäl-
le und zahlreiche Lawinenabgänge zu
großen Zerstörungen. Schon in den
1950er-Jahren wurden Baupläne für
einen Stausee im Dorfertal zur Ener-
giegewinnung entwickelt. Diese Pläne
führten nicht nur zu heftigen Auseinan-
dersetzungen, sondern waren auch ein
Investitionshemmnis für das gesamte
Tal. Erst 1987 kippte die Kalser Bevöl-
kerung in einer Volksabstimmung das
Projekt.
Heute sehen die Kalserinnen die lan-
ge Stagnation als Chance: Weil keine
Infrastrukturen für einen Massentou-
rismus entstanden sind, kann man nun
auf sanften Tourismus setzen. Impulse
in Richtung Nachhaltigkeit kamen auch
durch den 1981 gegründeten National-
park Hohe Tauern.
Kals definiert sich in seinem Leben
und Wirtschaften als „Partner der Na-
tur“ - und dies ist nicht bloß Lippenbe-
kenntnis, sondern wird in sämtlichen
Projekten des Dorfes berücksichtigt.
Seit 1992 hat die Gemeinde durch
mehrere moderierte Prozesse den
„entleerten“ Dorfkern durch Renovie-
rungen und Neubauten in einer zeit-
gemäßen Formensprache unter Be-
rücksichtigung der noch verbliebenen
Bauten wiederbelebt und ein Zentrum
mit hoher Funktionalität geschaffen.
Neben dem Gemeindehaus, dem Dorf-
platz und dem gotischen Pfarrhaus fällt
das zuletzt in Angriff genommene Kul-
turhaus ins Auge.
Für die hohe architektonische Quali-
tät in den neuen öffentlichen Bauten und
Räumen wurde die Gemeinde bereits
2008 als österreichische Baukulturge-
meinde geehrt.
Die Landschaft ist vielfältig und attrak-
tiv, der Landschaftshaushalt voll intakt.
Rund 75 Prozent der Bäuerinnen und
Bauern betreiben noch aktive Almwirt-
schaft. Regionale Produkte werden ver-
edelt und im örtlichen Handwerksladen
sowie in der Gastronomie vertrieben.
Eine wichtige Akteurin ist die Ag-
rargemeinschaft Kals, die auch für die
Forstwirtschaft zuständig ist und in den
vergangenen Jahren zunehmend auf
den Verkauf von Hackschnitzeln setzte.
In der Gemeinde selbst wird Wärme aus
zwei Hackschnitzelheizwerken gewon-
nen, Kleinwasserkraftwerke produzie-
ren Strom.
Das Gemeinschaftsleben wird von
zahlreichen Vereinen getragen, denen
eine gute Infrastruktur zur Verfügung
steht. Besondere Bedeutung wird dabei
der Kultur zugemessen, mit dem „Pavil-
lon“ ist es gelungen, eine außergewöhn-
liche Veranstaltungsstätte zu schaffen,
die zu einem Zentrum örtlichen wie
auch regionalen Kunst- und Kultur-
schaffens avanciert ist.
Kommunikation, Information und
Bildung werden groß geschrieben. Das
Mitgestalten und Mitverantworten aller
Bevölkerungsgruppen wird durch vor-
bildliche Beteiligungsprozesse forciert.
Kals ist eine Gemeinde mit einer
höchst ansprechenden und reichhalti-
gen Natur- und Kulturlandschaft, die
eine ortstypische Baukultur aufweist.
Die Bürgerinnen haben eine hohe
Sensibilität für ihre Identität, ihre Bau-
denkmäler und ihre Umwelt. Sie verfü-
gen über klare Analysen, Leitbilder und
daraus resultierende Entwicklungskon-
zepte, um den Herausforderungen von
Gegenwart und Zukunft gewachsen zu
sein. Man hat sich in starkem Maße auf
eine prozesshafte Weiterentwicklung
eingelassen und dabei gleichermaßen
auf die Hilfe von verschiedenen Exp-
terlnnen wie auch auf die Teilhabe der
Menschen vor Ort gesetzt - und das mit
spür- und sichtbarem Erfolg.
Kals am Großglockner wird daher
mit einem Europäischen Dorfer-
neuerungspreis für eine ganzheitli-
che, nachhaltige und mottogerechte
Dorfentwicklung von herausragender
Qualität ausgezeichnet.
GEMEINDE KALS AM GROSSGLOCKNER
V.l.: Vizedirektor Christian Hofer (Eidgenössisches Bundesamt für Landwirtschaft, Schweiz),
Juryvorsitzender Charles Konnen (Europäische ARGE Landentwicklung und Dorferneuerung,
Österreich), Theres Friewald-Hofbauer (Geschäftsführerin der Europäischen ARGE
Landentwicklung und Dorferneuerung, Österreich), Regierungsrat Hansjörg Trachsel
(Vorsteher Departement für Volkswirtschaft und Soziales des Kantons Graubünden, Schweiz)
mit den VertreterInnen der Gemeinde Kals am Großglockner.
Besuch der Jury. V.l.: Erika Rogl, Dr. phil. Carlo Lejeune - Belgien, Arch. Dipl.-Ing. Nadja Häupl
- Deutschland, Dipl.-Ing. Peter Schawerda - Österreich, Bgm. Klaus Unterweger