REPORTAGE
PUSTERTALER VOLLTREFFER
SEPTEMBER/OKTOBER 2018
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eingeliefert. Ihr Leben hing auf-
grund der schweren Verletzun-
gen an einem seidenen Faden.
Die Lienzerin wurde dann für
Wochen in ein künstliches Koma
versetzt. Neben ihr waren die
mittlerweile angereisten Eltern,
die für sie Tag und Nacht bete-
ten, sie streichelten, liebevoll mit
ihr redeten, damit sie ihren Le-
benswillen nicht verliert, kämpft
und weiterleben kann.
Etliche
Beeinträchtigungen
Einen Monat später konnten
die Ärzte dann mit Sicherheit
mitteilen, dass sie es „ge-
schafft“ habe. Doch sie werde
künftig mit etlichen Beein-
trächtigungen leben müssen.
Als Regina aus dem künstli-
chen Tiefschlaf geholt wurde,
konfrontierte man sie langsam
mit den Taten der drei Männer.
Die Lienzerin war x-Male
brutal vergewaltigt, getreten,
schwer misshandelt und ande-
res mehr worden. Die langfris-
tigen Folgen: Ein Arm bleibt
halb gelähmt und ein Fuß halb
taub, ein Auge wurde ebenso
schwer beeinträchtigt, und Re-
gina hat bleibende Schmerzen
an verschiedenen Stellen des
Körpers. Ganz abgesehen von
den seelischen Schmerzen –
und dass sie von den Vergewal-
tigungen schwanger war.
„Wie ich all diese Mitteilungen
aufnahm, weiß ich gar nicht
mehr. Ich lag einfach nur mehr
da, starrte in die Luft, fühlte
mich wie erstarrt, spürte mich
irgendwie gar nicht, sehr wohl
aber die innige Liebe meiner
Eltern, die mir weiterhin Tag
und Nacht zur Seite standen.
Mein Vater war schon in Pen-
sion und meine Mutter Haus-
frau.“
Ja oder Nein
Regina wurde allerdings vor
die Entscheidung gestellt, die
Die Vergewaltigung in Wien änderte das Leben der gebürtigen
Osttirolerin radikal.
Regina verspürte zu ihrer ältesten Tochter von Anfang an eine innige Liebe, obwohl das Kind aus
einer Vergewaltigung heraus entstanden war.
und ehe ich mich versah, stan-
den zwei andere junge Männer
hinter mir und rissen mich in
ein Fahrzeug, das gleich in der
Nähe stand.“
Rausschmiss an
derselben Stelle
Obwohl Regina panisch schrie
und versuchte sich zu wehren,
schien niemand diese Szene
miterlebt zu haben, da kein
Mensch half. „Vielleicht, weil
sich alles in Sekundenschnelle
abspielte.“ Was sie dann erlebte,
kann sie nur mehr bruchstück-
haft erzählen. „Denn mir fehlen
diesbezüglich viele Erinnerun-
gen.“ Faktum ist: Am nächsten
Morgen, es war gegen 4 Uhr,
wurde sie an jenem Parkrand, an
dem die Männer sie etliche Stun-
den zuvor ins Auto gezerrt hat-
ten, wieder aus dem Fahrzeug
gezerrt und vor einem Busch lie-
gen gelassen. Erst als es hell
wurde, entdeckten Straßenar-
beiter die schwerverletzte Frau,
die sich nicht mehr rührte. Re-
gina war bewusstlos. Sofort
wurde sie ins Unfallkrankenhaus
„Alles in meinem Leben war p
Regina R., gebürtig in
Osttirol, hatte etliche
Visionen für ihr Leben.
Doch dann erfolgte
eine jähe Kehrtwende,
bei der sich vieles radi-
kal änderte.
Die heute Mitfünfzigerin
hatte als Einzelkind ein gutes
Aufwachsen. Die Eltern waren
liebevoll und setzten voll auf
ihre Tochter. „Sie förderten
mich in allen Richtungen und
orientierten sich sehr an meinen
Bedürfnissen und Talenten“,
erzählt Regina, deren großes
berufliches Ziel nach dem Stu-
dium war, ins höhere Manage-
ment zu gelangen – bis zu
jenem milden Herbsttag, als sie
am späten Nachmittag an einem
Parkrand in Wien joggen ging.
Mit ihren Kopfhörern hörte sie
ihre Lieblingsmusik. Daneben
rauschten die Autos an einer
stark befahrenen Straße vorbei.
Nur wenige Menschen waren –
so wie Regina – zu dieser Uhr-
zeit dort unterwegs. „Plötzlich
wurde ich von einen jungen
Mann abgestoppt. Er fragte
mich, ob ich mit ihm einem
Kaffee trinken gehen möchte.
Natürlich wollte ich nicht. Er
sagte dann, dass ich es so haben
wolle, packte mich am Arm,