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CHRONIK

PUSTERTALER VOLLTREFFER

SEPTEMBER/OKTOBER 2016

3

Herr Schmid, wie geht der

österreichische Gesetzgeber

mit Hasspostings um?

Schmid:

„Im Strafgesetz-

buch stellte der Gesetzgeber be-

reits 1975 das öffentliche Het-

zen, Beschimpfen oder Ver-

ächtlichmachen

gewisser

Gruppen unter Strafe. In den

folgenden Jahrzehnten führte

dieses Delikt in den Anzeigen-

statistiken allerdings ein Schat-

tendasein. Noch im Jahr 2005

wurden lediglich 14 Fälle nach

§ 283 Strafgesetzbuch ange-

zeigt. Im Vorjahr waren es be-

reits fast 500 Anzeigen. Die

Tendenz scheint heuer noch-

mals stark anzusteigen.“

Man kann aber nicht alle

Schreiber von Hasspostings in

einen Topf werfen, oder?

Schmid:

„Wenngleich Hass-

postings in vielen Fällen von

Gefühlen wie Ohnmacht, Be-

nachteiligung, Angst und Wut

getrieben sind, muss sicher

jeder Fall differenziert beurteilt

werden. Am einen Ende stehen

jene, bei denen der bloße Um-

stand strafbehördlicher Verfol-

gung ausreichen würde, um

sich ihres Fehlverhaltens be-

wusst zu werden und sich nie

wieder öffentlich hetzerisch zu

äußern. Am anderen Ende sind

jene, die weder durch Dialog

erreichbar noch durch Repres-

sion zu bremsen sind, die durch

ein hartes Urteil vielleicht sogar

noch zu Märtyrern ihrer Com-

munity werden.“

Manchen mangelt es auch

an Medienkompetenz.

Schmid:

Ja, sie sind sich der

Reichweite eines schnell ge-

tippten Kommentars gar nicht

bewusst oder (über-)reagieren

mit ihren Postings ohne weiter

zu überlegen auf vermeintlich

empörende Berichte bis hin zu

Falschinformationen. Manche

verstecken sich hinter der ver-

meintlichen Anonymität im

Netz und lassen sich mangels

eines physischen Gegenübers

zu Aussagen hinreißen, die sie

im ‚echten Leben’ so nie ge-

troffen hätten. Einigen geht es

ausschließlich um Provokation.

Der Inhalt ihrer Postings richtet

sich nach dem, was am meisten

empört.

So manche könnten sagen,

dass die freie Meinungsäuße-

rung die Grundsäule einer

pluralistischen, demokrati-

schen und freien Gesellschaft

ist.

Schmid:

„Ja, aber hetzeri-

sche Pauschalierungen sind po-

tenzielle Wegbereiter für die

Zerstörung einer offenen Ge-

sellschaft. Die gesellschaftliche

Spaltung bis hin zu physischen

Gewalteskalationen ist die

Folge. Wo Strafbarkeit beginnt,

ist nicht immer mit mathemati-

scher Präzision auszumachen.

Wenn die Grenze zur Strafbar-

keit als überschritten beurteilt

wurde, stellt sich die Frage,

welche strafrechtliche Inter-

vention am ehesten präventiv

wirken kann.“

Hasspostings sind kein

Kavaliersdelikt

Lukas Schmid vom gemeinnützigen Verein „Neustart“, der Bewährungs-

und Gerichtshilfe sowie Täter-Opfer-Ausgleich durchführt.

Lukas Schmid: „Hetzerische

Pauschalierungen sind poten-

zielle Wegbereiter für eine Zer-

störung der offenen Gesell-

schaft.“

Wenngleich Verletzungen im Internet in vielen Fällen von Gefühlen

wie Ohnmacht, Benachteiligung, Angst und Wut getrieben sind,

muss jeder Fall differenziert beurteilt werden.

Vertrauen

entscheidet.

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