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OSTTIROLER

NUMMER 5-6/2016

2

HEIMATBLÄTTER

Männchen der neu beschriebenen Art aus der Zucht 2014/15; Kar-

nische Alpen.

Die Raupe fertigt aus einem Weidenblatt eine Tüte und frisst das

Blatt von innen aus.

Die mitteleuropäische Schmetterlings-

fauna ist seit langem gut erforscht. Neu-

entdeckungen für die Wissenschaft gehö-

ren zu den äußerst seltenen Ereignissen

und finden entsprechende Beachtung in

Fachkreisen und in den Medien. Zuletzt

war dies in den 1990er-Jahren im Verlauf

der Erforschung des Nationalparks Hohe

Tauern der Fall, wo vier Arten von Klein-

schmetterlingen von Spezialisten des

Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum

entdeckt und erstmals beschrieben wurden.

Im Jahr 2015 wurde wieder eine Neu-

entdeckung gemacht, diesmal in den Süd-

ostalpen, von Fundorten aus Osttirol, Süd-

tirol, Venetien, Friaul und Slowenien – aus

Aufsammlungen der vorhergegangenen

Jahre. Die ca. 12 mm kleine Art gehört zur

Familie der Blatttütenmotten (Gracillarii-

dae) und kommt in Osttirol an eng be-

grenzten Stellen in den Lienzer Dolomiten

(Umgebung Dolomitenhütte, 1.600 m, Fuß

der Laserzwand, 1.750 m, Karlsbader-

hütte, 2.300 m, Lavanter Almtal, 1.300 m)

und in den Karnischen Alpen (Leitnertal,

Oberer Stuckensee, 2.100 m) vor. Die neue

Motte lebt wohl schon seit langem in den

südöstlichen Kalkalpen, wurde aber bisher

nicht als „nova species“ erkannt, sondern

für die sehr ähnliche, seit 1839 bekannte

Schwesternart

Callisto coffeella

gehalten,

von der sie sich in einem kleinen aber kon-

stanten Zeichnungsmerkmal unterscheidet.

Genetische Untersuchungen, 2013 vom

Tiroler Landesmuseum eingeleitet, haben

schließlich den Artstatus bestätigt. Sie

wurde kürzlich beschrieben und erhielt

den wissenschaftlichen Namen

Callisto

basistrigella

Huemer, Deutsch & Tri-

berti, 2015.

Ein deutscher Trivialname

wurde nicht vergeben.

Während

Callisto coffeella

in ganz Mit-

tel- und Nordeuropa vorkommt, scheint

die Verbreitung der neuen Art

Callisto

basistrigella

nach bisherigen Kenntnissen

auf die Südöstlichen Kalkalpen begrenzt

zu sein. Es sah anfangs so aus, dass die

beiden Schwesternarten ein gut voneinan-

der getrenntes Verbreitungsgebiet haben.

Im Zuge der Forschungsarbeiten in den

Karnischen Alpen stellte sich jedoch her-

aus, dass es dort an einigen kleinräumigen

Lokalitäten (Leitnertal, Osttirol und Sap-

pada, Belluno) Kontaktzonen gibt, wo

beide Species gemeinsam vorkommen.

Durch eine Zucht aus eingetragenen Rau-

pengehäusen von den dort vorkommenden

Weidenarten konnte dieser Umstand er-

härtet werden – dabei schlüpften Exem-

plare beider Arten aus.

Die Raupen leben in gerollten oder ge-

falteten Tüten an den Blättern von alpinen

Weiden, wie Glanz-Weide (

Salix glabra

)

und Bäumchen-Weide (

Salix wald-

steiniana

). In deren Nähe kann man die

kleinen glitzernden Falter im Juni und Juli

bei Sonnenschein schwärmend beobach-

ten. Die

Callisto basistrigella

kommen in

Osttirol in Höhenlagen zwischen 1.300 m

und 2.400 m auf Kalkuntergrund vor und

bevorzugen wenig bewachsene, steinige

Stellen und Schuttfluren, die mit niedrigen

Helmut Deutsch

Ein neuer Kleinschmetterling

in Osttirol entdeckt

Typenexemplar (Holotypus

) von

Callisto basistrigella,

Dolomitenhütte,1.630 m, Lienzer

Dolomiten, Osttirol (12. Juli 2013).