OSTTiROLER BOTE
DONNERSTAG, 23. JUNi 2016
FERiEN • FREiZEiT
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GRUNDLAGEN
Stark strukturierte Landschaf-
ten, wie insbesondere die Alpen,
beeinflussen das Wetter lokal in
einem hohen Maße. Einen Grund
dafür liefert u. a. die theoreti-
sche Überlegung, dass in einer
vertikalen Luftsäule mit beliebi-
ger Grundfläche etwa die Hälfte
der gesamten in dieser Luftsäule
enthaltenen Masse in den unte-
ren 5,5 Kilometern Höhe, also in
der unteren Hälfte der Tropo-
sphäre, zu finden ist. Wird z. B.
eine (feuchte) Luftmasse durch
die Dynamik eines Tiefdruckge-
bietes gezwungen, den Alpen-
hauptkamm, der eine mittlere
Höhe von rund 3.000 Metern
aufweist, zu überqueren, so wer-
den dort offensichtlich große
Luftmengen vertikal angehoben.
Durch die Hebung und die damit
verbundene Abkühlung kommt
es bei feuchter Luft im Luv des
Gebirges rasch zur Kondensation,
also zur Wolkenbildung.
KALTFRONTEN IM GEBIRGE
Eine aufziehende Kaltfront
macht sich optisch sowohl in den
Bergen als auch im Tiefland durch
kurzfristig von Nordwesten (meis-
tens!) her aufziehende, mächtige
Cumulus- und Cumulonimbus-
wolken bemerkbar. Gleichzeitig
fällt einige Stunden im Voraus
der Druck mit zunehmender Ten-
denz, so dass trotz des zu diesem
Zeitpunkt noch heiteren Wetters
Vorsicht geboten ist.
VERHALTEN BEI GEWITTERN
IM GEBIRGE
Gewitter stellen im Gebirge eine
wesentlich größere Gefahr durch
die Nähe zur Wolkenuntergrenze
dar. Viele Blitze, die im Tiefland
den Boden gar nicht erreichen, er-
reichen ihn im Gebirge sehr wohl,
was zu häufigeren Blitzeinschlägen
führt. Man sollte daher bei Gewit-
tern unbedingt frei stehende
Bäume und Waldränder meiden
und versuchen, nicht als einzige
Erhöhung im weiteren Umkreis zu
fungieren. Der sicherste Aufent-
haltsort unterwegs ist ein geschlos-
sener Waldbestand, da die dicht
stehenden Bäume potenzielle Blitz-
einschläge wie bei einem Faraday-
käfig nach außen ableiten. Nur falls
absolut keine andere Möglichkeit
besteht, kann man sich möglichst
klein machen (in die Hocke gehen,
Kauerstellung) und die Füße
möglichst eng zusammenstellen.
FÖHNWETTERLAGEN
Weiters stellt im Hochgebirge
der Föhn ein meteorologisches
Phänomen dar, welchem bei
Ausflügen in die Berge Beachtung
geschenkt werden sollte. Zu erken-
nen ist die Föhnwetterlage auf der
Leeseite des Gebirgszuges an den
typischen Föhnwolken (lat. Altocu-
mulus lenticularis), die eine sicht-
bare Folge von induzierten Schwe-
rewellen sind, und am Hauptkamm
des betreffenden Gebirges durch
eine Föhnmauer, d. h. eine meist
eindrucksvoll über den Hauptgrat
lappende Wolkenmasse.
Bei Föhnwetterlagen ist auf
längerfristige Bergaufstiege zu ver-
zichten, da der Zusammenbruch
des Föhnsturms plötzlich und ohne
erkennbare Anzeichen erfolgen
kann und danach mit rasch einset-
zenden, lang anhaltenden Nieder-
schlägen und kräftig sinkenden
Temperaturen zu rechnen ist.
(Bezugsquelle:
www.top-wetter.de)WISSENSWERT UND
BEACHTENSWERT
Gewitter in den Bergen zählen
nicht nur zu den unangenehms-
ten, sondern auch zu den gefähr-
lichsten Situationen auf einer
Bergtour. Man sollte daher vor-
her die Prognose für das örtliche
Tourenwetter ausführlich studie-
ren. Zusätzlich ist es wichtig, eine
mögliche Gewittergefahr recht-
zeitig zu erkennen, um noch aus-
reichend Zeit zum Handeln zu
haben. im Folgenden einige
infos, die dies erleichtern sollen.
ZWEI ARTEN VON GEWITTERN
Es gibt grundsätzlich zwei
Arten von Gewittern, die unter-
schiedliches Verhalten erfordern.
Wärmegewitter
Diese entstehen bei Schönwet-
ter am Nachmittag und Abend
und bringen keine nachhaltige
Wetterverschlechterung mit. Vor-
sicht, wenn im Wetterbericht von
einer labilen Luftschichtung die
Rede ist! Wärmegewitter kündi-
gen sich mit der Veränderung von
Haufen- und Schönwetterwolken
an – man hat meist noch relativ
viel Zeit um zu reagiern.
− Beginnen Haufenwolken in die
Höhe zu quellen, ist mit späte-
ren Gewittern zu rechnen.
− Entwickeln sich größere Wol-
kentürme, ist es höchste Zeit,
sich nach einem sicheren Ort
umzusehen. Zeigt sich ober-
halb der Gewitterwolke ein
unscharfer Amboss, wird es zu
einem sehr heftigen Gewitter,
meist mit schweren Hagel-
schlägen, kommen.
Bei Gefahr von Wärmegewit-
tern sollte man am besten nur
den Vormittag für eine Bergtour
nutzen.
Frontgewitter
Diese entstehen häufig beim
Durchzug einer Kaltfront. Sie
bringen einen Wettersturz und
beenden oft eine Schönwetter-
periode.
Unmittelbar vor dem Nahen
einer Kaltfront ist es oft noch be-
sonders schön oder gar wolken-
los. Erschwerend kommt hinzu,
dass ein Frontgewitter vom
Wolkenbild her oft nicht recht-
zeitig erkannt wird – das vorhe-
rige Studieren der Wetterprog-
nose ist daher besonders wichtig.
Da bei einem Kaltfrontdurch-
gang die Temperatur sehr rasch
und massiv fallen kann (im
Hochgebirge kann es oft sogar
schneien, auch im Hochsommer!),
sollten daher nur kurze Wande-
rungen unternommen werden,
die jederzeit abgebrochen wer-
den können – auch wenn in der
Früh das schöne Wetter zu einer
großen Bergtour lockt.
VERHALTEN BEI GEWITTERN
Es gibt zwei gleichermaßen ge-
fährliche Arten des Blitzschlages:
den direkten Blitzeinschlag und
den indirekten Blitzeinschlag
infolge von Bodenströmen.
Die im Boden nach einem Blitz-
einschlag abfließenden elektri-
schen Ströme erzeugen eine
Spannung längs der Strombahn.
Sie wird zur Schrittspannung,
wenn der Wanderer in die
Strombahn gerät. Die Schritt-
spannung nimmt mit der Größe
der Kontaktfläche und dem
Abstand der Kontaktpunkte zu
(Schrittweite). Während eines
Gewitters sollte man daher
breitbeiniges Stehen und Gehen
sowie Liegen auf dem Boden
unbedingt unterlassen.
GEFÄHRLICHE STELLEN
Der Blitz kann im Freien jeden
Punkt treffen, weit herausra-
gende Punkte sind am stärksten
gefährdet. Rund um wasser-
führende Rinnen, erdige Moor-
flächen und Steige mit Stahlseil-
sicherung ist die Gefahr auch
auf größere Distanz groß.
ANZEICHEN FÜR UNMITTELBARE
BLITZSCHLAGGEFAHR
Kribbeln auf der Kopfhaut,
Sträuben der Haare, Surren von
Metallgegenständen, leises
Knistern und bläuliches Leuchten
(Elmsfeuer) an besonders hervor-
ragenden Metallgegenständen
(Gipfelkreuzen usw.).
SCHUTZ VOR BLITZSCHLAG
Den besten Schutz vor Blitz-
schlag bieten Hütten und Häuser
mit Blitzableitern. Sollte man im
Freien von einem Gewitter
„überrascht“ werden, kann man
sich folgendermaßen zu schützen
versuchen:
− Exponierte Stellen (Gipfel,
Grate, ausgesetzte Flächen)
verlassen und sich nicht in
deren unmittelbarer Nähe
aufhalten.
− Vorsicht auch vor Höhlen und
Überhängen, vor allem wenn
sie feucht und/oder zu klein
und zu niedrig sind. Die Höhle
muss jedenfalls so lange sein,
dass man mindestens eine
halbe Körperlänge vom Ein-
gang weg hocken kann und
dann noch zumindest eine Kör-
perlänge bis zum Höhlenende
Platz ist und mindestens eine
halbe Körperlänge muss ober-
halb frei sein.
− Wasserführende Rinnen, Stahl-
seilsicherungen verlassen
− Einzeln stehende Bäume mei-
den – das Märchen von „den
Buchen, die man suchen soll“
ist gefährlich!
− Eine hockende, zusammenge-
kauerte Haltung mit beiden
Füßen nebeneinander einneh-
men. Mitglieder von Gruppen
sollten sich weit verteilen,
damit sie nicht als kompakte
Erhebung wirken.
(Bezugsquelle: Alfred Leitgeb,
Leiter der Abt. Naturfreunde Team-Alpin,
www.naturfreunde.at)Auch das schönste Wetter kann schnell umschlagen – deshalb sollten
einige Regeln beachtet werden.
Foto: NPHT/Egger
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