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obwohl es einst zum Herzogtum Kärnten
gehörte, doch seit dem 13. Jahrhundert un-
ter den Grafen von Görz einen Teil eines
völlig selbständigen, auch von Kärnten un-
abhängigen Landesfürstentums bildete.
In Tirol aber war vor allem seit Graf
Meinhard II. das Erbbaurecht das vorherr-
schende Besitzrecht der Bauern.
Bei diesem Besitzrecht konnte der
Grundherr die Abgaben nicht willkürlich
erhöhen, und bei Streitigkeiten mußte ein
ordentliches Gericht beigezogen werden.
Zugleich konnte der Baumann sein Gut an
seine Söhne vererben.
Als Kaiser Maximilian in einer zweiten
Besitzrecht-Verordnung die landesfürstli-
chen Freistiftgüter in Erbbaugüter um-
wandelte, fürchtete das Kloster Neustift
eine Änderung seiner vielen Freistift-
Rechte. So erließ im Jahre 1503 – ein Jahr
nach der Verordnung Maximilians –
Propst Heinrich eine Freistift-Ordnung für
seine Untertanen. Propst Heinrich V.
Lechner war vorher Pfarrer zu Olang, wur-
de am 21.1.1503 im Kloster von Neustift
gewählt und starb bereits am 15. Oktober
1504 im Kloster Sonnenburg, wo er einst
das Amt eines Beichtvaters der Benedikti-
nerinnen versehen hatte. Er wurde aber in
Neustift begraben.
12
Die Urkunde dieser Freistift-Ordnung
lautete in der damaligen Sprache: „Item
ain stüfftman hat nit mehr mit einem
stüfftgueth, so ihne das in der stüfft verli-
chen wird zu thun, dan das er dasselbe
gueth paue arbeite unnd in der nächsten
stüfft den zinß darvon göbe unnd daselbe
stüfft-gueth, ob es ihne der her wider ver-
leichen will, wider empfache.
Es hat auch ein stüfftman mit den stüfft-
gietern sonst gahr nicht zu handlen, weder
mit verkhaufen, versetzen, auswechslen,
thaillen, yibergeben oder darauf verma-
chen, sondern er soll allain daz gueth pau-
en arbeithen unnd geniessen als lang es
dem hern gefählt.
Item das haist ain stüfftgut, wo der
stüfftman alle iahr in die paustifft kombt
und den zinß raicht unnd das gueth aufgibt
und begehrt, ihme aber auf ein iahr zu ver-
leihen und auch den schreibkreitzer oder
die kääß gibt, nach dem an selben enden
die gewohnheit ist. Solches ist mein un-
terrichtung, sovill ich der freystüfftgieter
gebrauchs berith bin und wie die durch
mich anstatt meines gottshauß oder ambt-
leith bishero gehalten und gehandlet wor-
den.
Datum am st. Scholasticatag anno di
1503.
Heinrich propst zu der Neustifft,
13
Der Freistiftmann durfte das Gut bebau-
en, bei der jährlichen Stift den geforderten
Zins abgeben, das Gut dann zurückgeben
und wieder auf ein Jahr erbitten, wobei ein
Stiftkreuzer oder Käse verlangt wurde,
wenn er das Gut wieder gnadenweise auf
ein Jahr erhält, obwohl das Kloster als
Grundherr auch einem anderen Baumann
das Gut verleihen konnte. Doch die Furcht
des Neustifter Chorherrenstiftes, daß mit
Kaiser Maximilian eine Änderung eintre-
ten könnte, war völlig unbegründet, denn
Kaiser Maximilian verpfändete aus Geld-
not schon im Jahre 1501 das Landgericht
Lienz mit Virgen, Defereggen und Kals an
den Freiherrn Michael von Wolkenstein-
Rodenegg um 22.000 Gulden.
Dadurch hat das Edikt des Kaisers über
die Umwandlung von Freistiftgütern in
Erbleihe keine Anwendung gefunden und
zudem wäre es nur auf landesfürstliche
Freistiftgüter beschränkt gewesen.
Wohl aus Furcht, Güter zu verlieren, ließ
sich das Chorherrenstift im Jahre 1490
abermals durch Papst Innozenz VIII. seine
Güter bestätigen.
Die Güter von St. Johann im
Pustertaler Steuerkataster (1545)
Mit dem Anschluß des Landgerichtes
Lienz an Tirol mußte auch das tirolische
Steuersystem übernommen werden, was
zu Meinungsverschiedenheiten zwischen
den einzelnen Ständen führte.
Doch im Pustertaler Landtag zu Tob-
lach, an dem zum erstenmal neben Geist-
lichkeit, Adel, Vertretern der Städte und
Märkte auch Vertreter des Bauernstandes
teilnahmen, kam es in der Aufteilung der
vorgeschriebenen Steuern für das Pustertal
zu einer Einigung.
Im Jahre 1545 wurde daher in allen Ge-
richten des Pustertales ein Steuerkataster
angelegt, den man Pustertaler Beschrei-
bung nennt.
Im Kataster des Landgerichtes Lienz
sind daher auch die Güter von St. Johann
mit den Grundherrn, Baumännern und Ab-
gaben, außer die der Herrschaft Lienz (ei-
genes Urbar!) angegeben.
„Waldner Rod“ (St. Johann i. W.)
Hans Mair im Wald
hat einen Hof,
zinst davon dem Propst zu Neustift: 8
Pfund 4 Kreuzer in Geld, 12 Vlg. Weizen,
22 Rogen, 24 Hafer, daneben 210 Ge-
wichtspfund Käse – das Pfund zu 1 Kreu-
zer-, 4 Ehrkäse – pro Stück 3 Pfund Geld
– und 3 Ellen groben Loden.
Dem Wolfgang Velder zu Lienz muß er
8 Vlg. Hafer abliefern.
Christian im Michlbach
hat eine
Schwaige und zinst dem Propst zu Neu-
stift: 1 Gulden 5 Kreuzer; 12 Vlg. Hafer,
250 Pfund Käse, 2 Ehrkäse und 3 Ellen
groben Loden.
Zehent: Pfarrer zu Lienz 15 Kreuzer,
Kirche zum hl. Andreas zu Lienz 15 Kreu-
zer, Pfarrer zu Leisach 15 Kreuzer.
Die Vogtei-Abgaben erhält nicht die
Herrschaft Lienz sondern Wolfgang Vel-
der zu Lienz: 11 Kreuzer, 4 Vlg. Hafer.
Lamprecht im Michlbach
hat eine
Schwaige und zinst dem Propst zu Neu-
stift: Geld, Hafer und Ehrkäse wie Chri-
stian M. dann 275 Pfund Käse und 4 Ellen
Loden.
Zehent und Vogtei wie Christian M.
Stefan zu Unterleibnig
hat eine halbe
Hube und zinst der Herrschaft Lienz.
Den Zehent erhält der Dompropst zu
Salzburg: 11 Vlg. Weizen, 6 Vlg. Roggen,
4 Vlg. Gerste und 3 Kreuzer 3 Vierer.
Hanns und Stefan zu Unterleibnig
ha-
ben eine Hube und zinsen dem Jörg
Säckhl zu Lienz: 80 Kreuzer an Geld;
1 Mutt (= 40 Liter) Weizen, 30 Vierling
(1 Vlg. 19 Liter) Roggen, 1 Mutt Gerste, 2
Mutt Hafer, 1 Lamm, 2 Hühner, 2 Schu-
lern, 1 Henne und 80 Eier.
Den Zehent erhält der Pfarrer von St.
Andrä zu Lienz: 4 Vlg. Roggen, 4 Vlg.
Gerste, 10 Handvoll Haar und einen Hand-
schuh voll Mohn oder Hanf.
Für 5 Mahder Gras zinst er der Kirche
zu Oberlienz 1 Gulden 30 Kr. und für 2
Mahder Gras dem Pfarrer von W. Matrei
40 Kreuzer.
Hanns im Forchach
ein hat Lehen,
zinst dem Herrn von Rain 12 Kreuzer. Den
Zehent erhält der Dompropst von Salz-
burg: 2 Vlg. Roggen, 1 Weizen, 3 Hafer
und 4 Kreuzer.
Die Entstehung der Lehen
beruht nicht
auf der Grundherrschaft, sondern Lehen
wurden im Mittelalter vom Lehenherrn (z.
Nummer 8 — 62. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
Der Oblasserhof, von dem Staffler 1847 berichtet: „Er ist einer der schönsten und größ-
ten Höfe in der weiten Umgebung. Der gegenwärtige Besitzer hält über 100 Rinder.“
Foto: E. Kolbitsch