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bau-Ministerium, Innsbruck 1882) zufolge
war die Sillianberger/Außer-Unterwalder
Hochalm am Thurntaler als „Galtalpe“ ein-
zustufen und laut Protokoll
„ist die
Sillianberger-Alpe im Kataster von Sillian-
berg mit G.P. 353 bezeichnet, mit einem
Flächeninhalte von 290 ha 174 m
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oder
503 Joch 1554 Quadratklafter. Diese Alpe
ist (…) ein gemeinschaftliches Eigentum
der Gemeinde Sillianberg und der Nach-
barschaft Unterwalden in Außervill-
graten. Laut Protocolles vom 19. Mai 1885
wurde zur Behebung bestandener Zweifel
einhellig festgestellt, daß die sogenannten
Gorggeles-Gunggen (…) nicht zur be-
lasteten Sillianbergalpe gehört, sondern ei-
nen abgesonderten Kuhweidebezirk von
Schlittenhaus und Oberg bildet.“
Die Weideberechtigten
Auf dieser Hochalm ein oder mehrere
Pferde zu sömmern, waren zehn Parteien
von Sillian/Markt berechtigt, mit insge-
samt 20 Rechten, ein Recht entsprach ei-
nem Pferd. Laut Protokoll vom 19. Mai
1885 hatten sie
„auf Grund ihrer Besitz-
briefe das Weiderecht mit 22 Pferden an-
gesprochen, wurden aber laut Entschei-
dung der k.k. Grundlastenablösung- und
Regulierungs-Landeskommission
vom
11. November 1885 abgewiesen“.
Die berechtigten Parteien waren folgende:
Johann Schneider/Peißer und Johann
Stocker/Stocker mit je drei Rechten, eben-
so die Marktgemeinde als Besitzerin des
Forcher-Mayrschen Anwesens mit drei
Rechten; mit je zwei Rechten Franz Atz-
wanger/Rieserwirt, Michael Strasser/ Neu-
wirt bzw. dessen Witwe Juliana als Vor-
mund der minderjährigen Kinder, dann Jo-
sef Schranzhofer/Fischer bzw. dessen
Witwe Maria als Vormund der minder-
jährigen Kinder sowie der Sillianer Pfarr-
widum. Josef Achammer/Färber, Johann
Bodner/Matlweber und Josef Hibler/Behen
konnten je ein Pferd auftreiben.
Zum Lokalaugenschein erschienen nur
Johann Stocker und Josef Achammer, Josef
Mayr als Mitvormund der Josef Schranz-
hoferschen Kinder und Franz Niederegger
als Vertreter der Marktgemeinde.
Die Almbesitzer
Von den Alpeigentümern waren sieben
erschienen; von der Gemeinde Sillianberg
der Vorsteher (=Bürgermeister) Paul
Walder und Johann Walder/Gemeinderat
(Sillianberg war bis 1839 eigene Gemein-
de, vgl. die Gemeinden Matrei-Markt und
Matrei-Land).
Aus Unterwalden waren Josef Ortner/
Trojhof, Josef Moosmann/Kuenzhof,
Johann Hofmann/Hofmannhof sowie And-
rä Mühlmann und Josef Hofmann/ Klapfhof
anwesend. Damit war jeder der vier mitbe-
sitzenden Urhöfe der Außervillgrater Ge-
meindefraktion Unterwalden mit minde-
stens einem Gutsbesitzer vertreten. Insge-
samt bestanden auf dem Boden dieser
Urhöfe damals neun landwirtschaftliche Be-
triebe, alles Mitbesitzer der Thurntaler
Alpe neben den Sillianberger Bauern. Die
übrigen Unterwalder Urhöfe bzw. Teil-
güter hatten ursprünglich das Almrecht
anderswo zugeteilt erhalten, z. B. die Hin-
terunterwalder Alm im hintersten Winkel-
tal. Die beiden ans heutige Gemeindegebiet
Sillian angrenzenden Urhöfe Aigen und
Ronebach hatten überhaupt kein altes
Almrecht, erscheinen auch bei der Waldzu-
teilung sonderbehandelt, ein deutlicher
Hinweis für eine Art „Pufferzone“. Solche
bis heute aufrechten Sachverhalte ermög-
lichen Rückschlüsse auf die sonst dunkle
Startzeit der Siedlungsanlagen im 12./13.
Jahrhundert.
Die Rechtsverhältnisse
laut Protokoll:
„Auf Grund des Spruch-
briefes vom St. Ulrichstag 1463, von wel-
chem eine von der Landgerichtsschreibe-
rei Heinfels beglaubigte, auszugsweise Ab-
schrift vorliegt, gebürt (…) vom St.
Veitstag, 15. Juni, angefangen bis zum En-
de der Alpenzeit, d. i. 7. September, die un-
entgeltliche Dienstbarkeit der Alpenweide
mit 20 Stück Pferden unter ihrem eigenen
Hirten mit Vermeidung der für die Kühe
bestimmten Weideplätze. Die einmal auf-
getriebenen Pferde dürfen während der
Alpenzeit nicht wechseln, d. h. durch an-
dere Pferde ersetzt werden; wohl aber ist
gestattet, das gleiche Pferd, welches zeit-
weilig von der Alpe abgeholt worden war,
wieder dorthin zu treiben.
Die Alpeigentümer verlangen die Auf-
nahme der Bestimmung in die Regulie-
rungsurkunde, daß kein Pferdeweidebe-
rechtigter befugt sein soll, sein Auftriebs-
recht an solche, welche nicht innerhalb
der Gemeinde Sillian Grundbesitzer sind,
zu verkaufen, und daß auch keiner befugt
sein soll, die Ausübung seines Auftriebs-
rechtes an andere, gleichgültig, ob diesel-
ben Grundbesitzer in Sillian oder in an-
dern Gemeinden sind, pachtweise oder
sonst zu überlassen.
Gegenüber diesen Anträgen der Alpei-
gentümer verlangen die Pferdeweidebe-
rechtigten die Anerkennung der vollen, un-
eingeschränkten Freiheit in der Ausübung
und im Verkauf ihrer Auftriebsrechte.
Mangels einer Einigung über diesen Ge-
genstand wird die behördliche Entschei-
dung gewärtigt.
Die Pferdeweideberechtigten behaupten,
daß die durch den bisherigen übermäßigen
Viehauftrieb seitens der Alpeneigentümer
in der Ausübung ihrer Weidedienstbarkeit
beeinträchtigt sind, weshalb sie beantra-
gen, durch Sachbefund zu erheben und
festzustellen, wie groß die Ertragsfähigkeit
der Alpe ist und wie groß daher der
Alpauftrieb der Eigentümer sein kann, oh-
ne ihrer Pferdeweide zu schädigen; eine
weitere Schädigung der Pferdeweide er-
blicken sie darin, daß die auf die Alpe auf-
getriebenen Schafe von den besseren, für
das Großvieh bestimmten Weideplätzen
nicht ferngehalten werden.
Die Alpeigentümer bestreiten die Beein-
trächtigung der Pferdeweide und bezeich-
nen daher den angebotenen Sachbefund
als ,überflüssig‘.“
Der Befund mit Gutachten
„Bei diesem, am heutigen Tag vorge-
nommenen Augenschein wurden vorerst
die verschiedenen Weideplätze der Alpe
nach den Anträgen der Parteien besichtigt.
Auf Grund dieser Besichtigung erklärten
die beiden Sachverständigen einhellig, daß
die Sillianberger-Alpe beinahe durchaus
trockenen und wenig fruchtbaren Boden
enthält und zweifellos durch langjährigen
übermäßigen Viehauftrieb noch mehr
verschlechtert worden ist.
Diese Alpe enthält Plätze, welche ver-
möge ihrer Lage, Steilheit und Felsigkeit
ausschließlich von Schafen ausgenützt
werden können. Es ist daher bei entspre-
chender Alpenwirtschaft unbedingt not-
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
64. Jahrgang — Nummer 5-6
Aufnahme von der Thurntaler Alpe.
Foto: Josef Rauter, Sillian