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die Aufliegenarben. Ich bin jeden Tag (seit
1 Woche) 1–2 Stunden im Freien, hum-
pelnd auf 2 Stöcken. Wie’s weitergeht,
weiß Gott. Sein Wille geschehe!“
Der Zustand Resingers besserte sich zwar
in der Folgezeit, doch ohne Stock konnte er
sich mit seinem steifen Hüftgelenk nicht
mehr fortbewegen. Er war deshalb oftmals
deprimiert, zumal ihm die Gehbehinderung
seinen Aktionsradius massiv einschränkte.
Dennoch ist er in späteren Jahren immer
noch auf die Bonn-Matreier-Hütte gegan-
gen, wo er sich oft eine Woche bis 14 Tage
aufhielt und sonntags in der Michaelis-Ka-
pelle die Messe gelesen hat, wofür er einen
Ministranten aus Virgen auf die Hütte beor-
derte.
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Somit konnte Resinger in gewissem
Sinne seinen Bergen treu bleiben und ihnen
vor allem auch nach seiner Krankheit zei-
gen, was er ihnen gegenüber – laut Franz
Unterkircher – einmal geäußert hat:
„Umdabracht habt ihr mi net!“
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Resinger ist am 3. Juli 1950 friedlich
entschlafen;
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fünf Jahre danach wurde als
sichtbare Erinnerung an den Venediger-
Papst im August 1955 an der Stelle des
ehemaligen Gumpbachkreuzes ein Ge-
dächtniskreuz für Prof. Resinger errichtet.
Am Weg zum Defregger-Haus, dort wo
man das erste Mal einen Blick zum Vene-
diger hat, war ein Lieblingsplatz Resin-
gers. „Hier pflege ich immer niederzu-
knien, weil ich von da den Venediger zum
ersten Mal sehe.“
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Am unteren Teil des
Kreuzes ist eine Gedenktafel angebracht,
auf der geschrieben steht:
Msgr. Prof. Dr.
Josef Resinger
dem Venediger-Papst
zum Andenken.
Hundertfünfzigmal und mehr,
war er am Venediger.
Wo ihn Erd’ und Himmel freut,
jetzt ist er dort in Ewigkeit.
Amen.
Bei der Weihe des Kreuzes, dessen Er-
richtung auf die Initiative des damaligen
Alpenvereinsvorsitzenden der Sektion
Matrei, Andrä Girstmair zurückgeht,
charakterisierte einer seiner engsten
Freunde, Gustl Brugger, Resinger folgen-
dermaßen:
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„Auf den Bergen a we gejuchizt,
auf de Hüttn a we gschnapst,
so tat es auch immer der Venediger
Papst.“
3. Der Großvenediger –
nur ein Berg?
In der Berichterstattung zur Einweihung
des Resingerkreuzes, ist der Name „Vene-
diger-Papst“ das erste Mal schriftlich er-
wähnt.
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Als Alpinist, Bergsteiger, Berg-
freund, Tourist ist er in zahllosen Nach-
rufen wie auch in den wenigen Beiträgen,
die schon vor seinem Tod über ihn er-
schienen sind, gewürdigt worden. Er wur-
de also bereits zu Lebzeiten mit der Natur
und der Bergwelt in Zusammenhang ge-
bracht und im Sommer 1937 hat Franz Jo-
sef Kofler
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sein Buch „Menschen ohne
Heimat“ mit der Widmung „Dies Buch
gehört Dr. Josef Resinger, dem Berg-
freunde“ erscheinen lassen.
Ein Sonett sollte die Widmung an den
einstigen Lehrer in Brixen und nachmali-
gen Kollegen im Schwazer Paulinum aus-
drücken:
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„Du liebst die Berge, Freund ...
Lieb ich sie minder,
wenn ich die Menschen
in den Bergen suche
und lesen will in Gottes klarstem Buche,
was er uns gab als seine Preisverkünder?
Gott ist der Menschen ewiger Begründer.
Mag er ihn treffen mit dem Richterspruche,
mag er befreien ihn vom lauten Fluche:
Gott schuf zum Guten Berg
und Menschenkinder.
Ich wollte, Freund, daß dieses Buchs Gestalten
des Ewigen Hauch in Deine Stube tragen,
wenn sie auch irren in den Schuldgewalten.
Gott gab uns seine Dinge, die uns halten,
schickt er sich an die Herzen aufzupflügen,
daß seine Saaten rauschend sich entfalten.“
Ist in dieser frühen Widmung kein kon-
kreter Bezug zum Großvenediger zu er-
kennen, stellte einen solchen Karl Maister
in einem Festbeitrag zum 75. Geburtstag
Resingers her. Darin erwähnt er nicht nur,
daß Resinger „120 mal oder noch öfter“
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
Nummer 8 – 64. Jahrgang
Abb. 9: Bei der Einweihung des 5 Meter hohen, von dem Lienzer Metallbildhauer Her-
mann Pedit jun. geschaffenen „Resinger-Kreuzes“ am 14.8.1955; rechts: Prof. Dr. Jo-
sef Bodner, ein ehemaliger Schüler Resingers am Paulinum.
Abb. 10 (Bild rechts): Das „Resinger-Kreuz“ (6.9. 1986).
Abb. 11: Das Dorfer-Tal - der kürzeste
Weg zum Großvenediger im Hintergrund
(vom Lasörling-Gipfel, am 21.9.1986).