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als Mitglied dem Deutschen und Öster-
reichischen Alpenverein an – wie er bis
1938 hieß - und die enge Beziehung, die er
zum Großvenediger hatte, kommt in dem
Beinamen zum Ausdruck, den ihm seine
Freunde und Bergkameraden gegeben ha-
ben: „Venediger-Papst“.
Josef Resinger wurde am 22. Jänner
1874 in Obermauern als ältester Sohn des
Oberdorfer-Bauern Johann Resinger und
dessen Frau Margarethe geboren. Seine
Kindheit im Kreis der vier Geschwister
unterschied sich wohl in keiner Weise von
der anderer Bergbauernkinder in jener Zeit
und so hätte er wohl auch früher oder spä-
ter den Hof seines Vaters übernommen,
wenn nicht ein junger Kooperator aus Bri-
xen den 11jährigen Josef in Virgen als
Schüler gehabt hätte. Kein geringerer als
der nachmalige Landtags- und Reichsrats-
abgeordnete Ämilian Schöpfer (1858 bis
1936)
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wurde auf den Jungen aufmerk-
sam und erreichte schließlich gegen den
Willen von Josefs Vater,
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daß der älteste
Oberdorfer-Sohn 1886 seine Schulbildung
in Brixen, am dortigen k.k. Gymnasium
der Augustiner-Chorherren fortsetzte. Im
Juli 1894 legte Resinger seine Maturaprü-
fungen mit Auszeichnung ab und trat im
Herbst des gleichen Jahres in das Priester-
seminar der Bischofsstadt ein. 1898 wurde
er zum Priester geweiht, war anschließend
ein Jahr lang Kooperator in Terenten und
inskribierte 1899 an der Universität Inns-
bruck die Fächer Geographie und Ge-
schichte. Nach Promotion und Lehramts-
prüfung unterrichtete er, mit einer kurzen
Unterbrechung, bis 1912 am bischöflichen
Gymnasium „Vinzentinum“ in Brixen, da-
nach bis 1916 am bischöflichen Gymnasi-
um in Duppau (Erzdiözese Prag). In jenem
Jahr nahm er eine Stelle an der Landes-
Lehrerbildungsanstalt in St. Pölten an,
kehrte aber 1926 wieder nach Tirol
zurück, um als Regens das neu errichtete
bischöfliche Gymnasium Paulinum in
Schwaz aufzubauen. Nach seiner Pensio-
nierung im Jahre 1938 zog er sich in seine
osttiroler Heimat zurück, wo er im „Pro-
fessorhaus“
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in Virgen seinen Lebens-
abend verbrachte. Am 3. Juli 1950 starb
Josef Resinger und wurde wenige Tage
später auf dem Friedhof in Virgen beige-
setzt. „Über seinem Grab ragt stolz der
Kristallkopf, das Wahrzeichen des Berg-
dorfes Virgen, einer jener Dreitausender,
deren viele er in den Ostalpen in nimmer-
müdem Bergeifer bezwungen hat.“
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Sei-
ne letzte Ruhestätte wurde allerdings im
Herbst 1989 unbegreiflicherweise ein-
geebnet – ein Grund mehr, sich an diesen
Mann anläßlich der 155jährigen Erst-
ersteigung des Großvenedigers zu erin-
nern.
Mit dem Namen des „Venediger-Pap-
stes“ verbinden sich keine herausragenden
bergsteigerlichen Leistungen oder alpinen
Rekorde, obgleich ihn die AV-Sektion
Matrei in einem Nachruf als einen der „be-
deutendsten Alpinisten Osttirols“ gewür-
digt hat.
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Er war ein – wie ihn Zeitgenos-
sen schildern – Naturmensch und, heute
würde man sagen, ein Bergfex, der vielen
in Erinnerung geblieben ist, die ihn ken-
nengelernt haben.
Seit 1. Januar 1898 war Resinger Mit-
glied im Deutschen und Österreichischen
Alpenverein, Sektion Brixen, wurde aber
auch von diesem Zeitpunkt an von der
AV-Sektion Windisch-Matrei als Mitglied
geführt.
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Ihr gehörte er somit über 50 Jah-
re, bis zu seinem Tode am 3. Juli 1950 an.
Als Alpenvereinsmitglied regte er 1928
die Drahtseilversicherung zum Kristallkopf
an und übernahm deren Protektion; beim
Bau der Bonn-Matreier-Hütte in den Jah-
ren 1929 bis 1932 stiftete er ein Zimmer
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und für die hinter der Hütte in einer Grot-
te errichteten Michaelis-Kapelle erwirkte
er nicht nur die Meßlizenz, sondern spen-
dete dafür auch „sämtliche Meßgeräte“.
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Einen religiösen bzw. kirchlichen Bezug
besitzt auch das älteste überlieferte Zeug-
nis von Resingers alpinen Aktivitäten. In
der Wallfahrtskirche in Obermauern
hängt an der rechten Wand des Altarrau-
mes eine Votivtafel, auf der eine Mutter-
gottes abgebildet ist. Darunter steht zu le-
sen:
„Unserer lieben Frau, der Gnaden-Mut-
ter in Obermauern zum Danke für die Ret-
tung aus augenscheinlicher Todesgefahr. –
13. & 14. August 1894 – gewidmet Johann
Feichter & Josef Resinger, Studierende der
Theol.“
Über die Hintergründe der Widmung
dieser Votivtafel ist mündlich überliefert,
daß Resinger mit seinem Begleiter bei ei-
ner Tour zum Großvenediger in eine Glet-
scherspalte gestürzt ist. Während Feichter
ihm anscheinend wenig helfen konnte, hat
Resinger offenbar nur mit einem Ta-
schenmesser mühsam kleine Stufen in die
eisige Wand geschlagen, die es ihm letzt-
endlich ermöglichten, sich und Feichter
aus ihrer verzweifelten Lage zu befreien.
Dies dürfte sicher nicht das erste Berg-
erlebnis Resingers gewesen sein, doch ist
Nummer 8 – 64. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
Abb. 3: Die Mitgliedskarte der AV-Sektion Matrei i.O. für Resinger, gültig für das Jahr
1947.
Abb. 4: Resinger als junger Student, etwa
um 1900.