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daß eine Königin den freien Raum da-
neben im nächsten Jahr zur Anlage eines
zweiten Nestes benützt hat. Die strikt an-
geborene Verhaltensweise (Instinkt) läßt
die Wiederverwendung nicht zu. Bei Arten
der Feldwespengattung Polistes sind
solche Verhaltensformen vereinzelt beob-
achtet worden!
Herrn Josef Gasteiger, Sillian, ist für die
Überlassung des schönen Wespennestes
(als Museumsgabe für Schloß Bruck vor-
gesehen!) und Herrn Alois Hohenegg,
Lienz, für die sorgfältig durchgeführte Ab-
nahme und Überbringung sehr herzlich zu
danken.
2. Hornissen-Nest in Kabeltrommel
am Bahnhof Lienz
Die größte heimische Wespe mit bis zu
5 cm Körperlänge ist selten und in vielen
Bereichen Mitteleuropas gefährdet oder
vom Aussterben bedroht. Ihr fehlen als
Brutstätte die hohlen Bäume und das fall-
weise Ausweichen in die Dachböden von
Häusern bringt den Menschen als
Bekämpfer fast sofort auf den Plan, ob-
wohl diese Art viel weniger aggressiv ist
als die kleineren Verwandten. Dafür
fliegt sie allerdings lange in die Dämme-
rung hinein.
Im Sommer 1993 wurde vom Lokführer
Hans Niederbacher eine Beobachtung mit-
geteilt, daß am Bahnhof Lienz in einer
großen Kabeltrommel Hornissen ein- und
ausfliegen und gar nicht wenige. Die
Nachschau ergab den völlig richtigen
Sachverhalt. An Ort und Stelle wurden
einzelne Belegstücke mitgenommen und
den interessierten Besuchern gezeigt sowie
die näheren Umstände dazu erläutert, Bio-
logiestunde im Freien! – Die Größe des
Trommel-Innenraumes, also des zur Ver-
fügung stehenden Brutraumes, wurde lei-
der nicht eruiert, die zuständigen Praktiker
hätten sicher nähere Auskunft geben kön-
nen. Die Tiere wollten wir auch nicht
unnötig beunruhigen, weil sie ja auch sel-
ten direkt zu beobachten sind. Die Fotos
zeigen die Kabeltrommel und einen Aus-
schnitt am Flugloch. Deutlich erkennt man
auch zwei „Wächter“ am Eingang zum
Nest.
In den letzten Jahren wurden im Bereich
des Lienzer Talbodens auch keine Nest-
Beobachtungen mehr mitgeteilt. Am 8.
August 1995 wurde eine Arbeiterin in der
Wohnung gefangen und im Frühjahr
1996 beim Schloß Lengberg ein überwin-
tertes, großes Weibchen im Flug beobach-
tet, offenbar auf der Suche nach einem
Nist- und Brutplatz.
Für weitere Mitteilungen über diese Art
besteht großes Interesse!
3. Nest von Bischoff‘s Feldwespe
am Tassenbacher Stausee
Die Vertreter der Unterfamilie Feldwes-
pen (Polistinae) sind leicht kenntlich, im
Bericht geht es aber um ein Nest. Die
Arten haben ein hüllenloses Nest, das mei-
stens an Steinen, Felsen, Mauern, auch an
Holzstämmen und Scheiterlagen, immer
an recht warmen, besonnten Stellen und in
Richtung zur besten Sonneneinstrahlung
angebracht wird. Das überwinterte Weib-
chen beginnt mit dem Bau, zieht die erste
Brut auf und die neu hinzukommenden
„Arbeiter“ (unvollkommene Weibchen,
gleich wie bei der Honigbiene) helfen bei
der weiteren Brutpflege und Aufzucht
kräftig mit. Das abgebildete schöne Nest
wurde am 19. Juni 1993 im Westteil des
Tassenbacher Stausees in etwa 50 cm
Höhe an jungen Weidenzweigen beobach-
tet, interessanterweise ohne Wespen, die
vielleicht alle wegen der guten Wetterlage
auf „Ausflug“ waren, möglicherweise alle
durch natürliche Feinde aufgefressen,
denn in allen Zellen war keine Brut.
Die Art ist im Vergleich zu ihren nähe-
ren Verwandten auch im Gelände durch
ihre Kleinheit („zierlich“) und an der klei-
nen, recht typischen Nestform gut kennt-
lich. Seit 1967 hat sich die Art auch in
Österreich und Mitteleuropa stark ausge-
breitet.
P. S.: Auf die Aufzählung der umfang-
reichen eigenen und fremden Literatur
wurde verzichtet, dafür die Bilddokumen-
tation bevorzugt. Im übrigen soll es sich
wie in früheren Jahren um eher populär-
wissenschaftliche Mitteilungen handeln,
die alle Leser zu vermehrten eigenen Be-
obachtungen und natürlich anschließend
zur Mitteilung anregen sollten!
Nummer 4 –– 65. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
Hornissennest in einer Kabeltrommel am Bahnhof Lienz.
Hornissennest in der Kabeltrommel,
Flugloch.
Fotos: Alois Kofler
Bischoff’s Feldwespen-Nest (Polistes
bischoffi).
IMPRESSUM DER OHBL.:
Redaktion: Univ.-Doz. Dr. Meinrad Pizzinini.
Für den Inhalt der Beiträge sind die Autoren
verantwortlich.
Anschrift der Autoren dieser Nummer: HR
Dir. Mag. Dr. Alois Kofler, A-9900 Lienz, Me-
ranerstraße 3 – Mag. Andrea Kollnig-Klaunzer,
A-9990 Nußdorf-Debant, Obernußdorf 63.
Manuskripte für die „Osttiroler Heimatblät-
ter“ sind einzusenden an die Redaktion des
„Osttiroler Bote“ oder an Dr. Meinrad Pizzi-
nini, Albertistraße 2a, A-6176 Völs.