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Nummer 3-4 –– 67. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
die Männer ganz in Weiß mit dunkler Kra-
watte, die Mädchen mit blauem Rock,
weißer Bluse und Krawatte … So mar-
schierten sie unter dem Obmann Ander
Geiler bei der Prozession mit. Viel beach-
tet von den Zuschauern, gaben sie ein ein-
drucksvolles Bild der Stärke und Einheit
des CDT-Vereines Lienz und auch seiner
Religiosität.“
Die Bedeutung der Dietwarte in der
Christlich-deutschen Turnerschaft: Das
„Dietwesen“ ist eine Schöpfung des
Turnvaters Friedrich Ludwig Jahn: Deut-
sche Turnkunst, 1816.
Als wertvolle Bildungsarbeit wurde es
von den deutschen Turnvereinen über-
nommen und z. T. in den Dienst antikleri-
kaler, antiösterreichischer und antisemiti-
scher Gesinnung gestellt.
Die Christlich-deutsche Turnbewegung
dagegen übernahm diese Bildungsmöglich-
keit mit besonderer Betonung der religiösen
Weltanschauung und der österreichisch-
vaterländischen Gesinnung. Nicht nur der
Körper muß durch frohe Leibesübungen er-
tüchtigt, sondern durch die körperlichen
Übungen soll der ganze Mensch erfaßt, ge-
formt und gebildet werden.
Der Dietwart hatte somit die Rolle eines
„Seelenführers“. Ihm wurde größte Bedeu-
tung beigemessen. Die Dietarbeit trug stark
zur Festigung, Vertiefung und Erweiterung
der CD-Turnerschaft bei. Bemerkenswert
scheint, daß im Lienzer CD-Turnverein die
Tätigkeit der Dietwarte im Hintergrund ge-
standen zu sein scheint. Kaum jemand er-
innert sich daran.
Turnfeste
Eine Besonderheit der Christlichen
Turnbewegung war die Schaffung einer
neuen Fest-Kultur, um die sich die geisti-
ge Elite der Turnerschaft intensiv, schöp-
ferisch und ernsthaft bemühte. Die Tur-
nerschaft vertrat jene Festkultur, die aus
dem Glaubens- und Volksleben ent-
sprang.
Die öffentlichen Turnfeste waren eine
„Heerschau“ der Turnerschaft, wo sie
Zeugnis von ihrem Können, ihrem Wol-
len, ihrer Stärke, ihrer Eigenart und Idee
gaben.
Zahlreiche Bezirks- und Gauturnfeste
gaben der christlichen Festkultur ihr Ge-
präge. Der CD-Turnverein Lienz gestalte-
te selbst und war dabei.
Bezirksturnfeste:
Erstes Osttiroler Bezirksturnfest: Juli
1932 in Lienz.
Weiteres Turnfest in Lienz: 17. Juni 1934.
Zweites Bezirksturnfest: 13. Juni 1937.
Gauturnfeste:
Die CD-Turnerschaft Österreichs war in
den 30er Jahren in fünf Gaue gegliedert,
einer davon war Tirol.
Teilnahme der Lienzer an Gauturnfesten:
1. Gauturnfest in Schwaz, 29./30. Juli
1931: eine Mädchen- und eine Bur-
schenriege.
2. Pongauer Bezirksturnfest, 30. April/
1. Mai 1933
3. Landesturnfest in Hall i. T., 29. Juni/
1. Juli 1934
4. Gau-offenes Bezirksturnfest in Hof-
gastein, 9./10. Mai 1936.
Verbandsturnfeste:
Verbandsturnfeste – Die Verbandsturn-
feste der Christlichen Turnbewegung
waren mächtige Kundgebungen und galten
als Wegweiser für die fachliche und
geistige Weiterentwicklung.
Bei diesen großen Turnfesten stand
neben den turnerischen Wettkämpfen das
eigentliche Festspiel im Brennpunkt des
Geschehens – „um die Idee, das Wollen zu
sagen, das in den Herzen brennt“. (Bun-
des-Dietwart Heinrich Reimitz, bekannt
geworden durch seine wuchtigen Stadion-
Spiele in Wien)
Mächtige Kundgebungen waren die
Verbandsturnfeste 1923 in Wien, 1925 in
Graz, 1930 in Salzburg und 1935 in Linz.
– An den beiden letzten Veranstaltungen
haben auch Lienzer CD-Turner teilge-
nommen.
An das Verbandsturnfest in Salzburg,
Juli 1930, erinnert sich noch Siegfried
Oberrainer, der mit 17 Jahren an den Wett-
kämpfen teilnahm. „Trotz meines Versa-
gens am Barren, wodurch ich in der Wer-
tung zurückrutschte, war ich vom Turnfest
schon allein von der großen Teilnehmer-
zahl an Turnerinnen und Turnern beein-
druckt.“
In der Geschichte der österreichischen
CD-Turnerschaft gilt das Verbandsturnfest
in Salzburg vom 3. bis 6. Juli 1930 als ei-
ner der Höhepunkte in der fachlichen und
geistigen Entwicklung der Turnerschaft.
Die 6.500 teilnehmenden Turner und die
Ansprache des Bundespräsidenten Miklas
zeigten, welche Wertschätzung die Tur-
nerschaft im öffentlichen Leben errungen
hatte.
Das Verbandsturnfest in Linz im Juli
1935: Eine Mädchen- und eine Burschen-
riege des CDT-Vereins Lienz nahmen
Fronleichnamsprozession 1932 – Die Teilnehmerinnen ziehen über die Pfarrbrücke:
vorne mit Fahne Milli Wanker, hinter der Fahne Milli Resinger, Hilde Bischof, Toni Friedl,
Gretl Pruckmayer. – (Das Foto wurde wahrscheinlich von Walter Zessar gemacht.)
2. Bezirksturnen 1937 – Lehrer Hugo Graser, Vorturner des CDTV Lienz, mehrfacher
Landesmeister auf Gauturnfesten.