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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
67. Jahrgang –– Nummer 3-4
schulen fand, ist wenig bekannt. Jedenfalls
dürfte es nicht überall so gewesen sein wie
in der neugebauten Volksschule Burg, wo
der Oberlehrer Hofmann um 1914 mit den
Burschen der „Feiertagsschule“ Recktur-
nen betrieben hatte!
Es war durchaus nicht selbstverständ-
lich, daß ein Schulhaus, wie das neue
Knabenschulhaus in der Lienzer Muchar-
gasse, das 1904 bezogen wurde, einen
Turnsaal erhielt. Hier fungierte Konrad
Ladstädter als provisorischer Turnlehrer.
Von allen Verbänden der Christlichen
Turnbewegung wurden die echten Jahn-
schen Turngedanken im Sinne von
„Frisch – Fromm – Fröhlich – Frei“ klar
erkannt und in die Tat umgesetzt. Die
Fahne enthält daher die vier „F“ in Kreuz-
form („Turnerkreuz“).
Die Gründung des Christlich-
deutschen Turnvereines in Lienz
Der erste Tiroler Verein im Sinne der
christlich-deutschen Turnbewegung war der
Turnverein in Innsbruck mit Hermann Sei-
bert (Gründung 1908). Bis zum 1. Welt-
krieg gelangen in Nord- und Südtirol meh-
rere Vereinsgründungen und sogar die
Durchführung von zwei Gauturnfesten.
Nach dem 1. Weltkrieg war eine Neu-
gründung des zusammengeschrumpften
Verbandes notwendig: 1921.
In der Folge wurde auch die Kolping-
riege angeschlossen. Pioniere der ersten
Tiroler CD-Turnvereine waren u. a. Prof.
Cölestin Schir (Kufstein), der Bürger-
schullehrer Ludwig Kohler, Otto Stein-
egger (Innsbruck) u. a.
Mit Andreas Geiler, der vom Kolping-
verein Bruneck nach Lienz übersiedelte,
kam die Christlich-deutsche Turnbewe-
gung offensichtlich nach Lienz. Er grün-
dete im Jahre 1926 eine Kolping-Turnrie-
ge, die bald in den CD-Turnverband Öster-
reichs eingegliedert wurde.
So konnte am 23. April 1928 die Grün-
dungsversammlung des Christlich-deut-
schen Turnvereins Lienz stattfinden. Erster
Obmann wurde der allseits geschätzte
„Geiler Ander“, erster Turnwart wurde
Gander Gustl. Als wertvolle Turnwarte der
ersten Jahre wirkten weiters der Bürger-
schullehrer Rudolf Schlenz und sein Kol-
lege an der Knaben-Bürgerschule in Lienz,
Ludwig Kohler.
Reges Vereinsleben: Bereits am
24. Juni 1928 wagte sich der junge Verein
mit einer Festversammlung an die Öffent-
lichkeit. Festredner war Otto Steinegger
aus Innsbruck.
Im Jahre 1930 wurde auch eine
Mädchenriege gegründet. Mit einem
Jugendturnkurs am 20. Mai 1929 und
mit der 1. Vorturnerprüfung in Lienz am
3. Juli wurde der Grundstein für eine aus-
gebildete Vorturnerschaft gelegt. Promi-
nente Kursleiter bzw. Prüfer waren: Prof.
Josef Recla (Verbandsturnwart), Heinrich
Reimitz (Bundes-Dietwart) sowie Prof.
Cölestin Schir.
So hatte der Verein mehrere ausgebil-
dete Vorturner- und Vorturnerinnen: Ma-
ria Forcher (Bürgler), Hilde Bischof
(Weingartner), Anni Etschberger, Toni
Friedl (Nagele), Martha Harold (Zessar),
Magda Moghi, Maria Paßler (Thum), Fre-
na Gretl und Emma Frena (Unterasinger)
sowie Gretl Wernisch (Egartner) als die
Betreuerin der Jungturnerinnen. Männer:
Ander Geiler, Hugo Graser, Josef Egart-
ner, Ignaz Fill, Josef Thum, Edl Unter-
asinger, Auer, Egger, Mayramhof und
Lehrer Winkler.
Die Kooperatoren Christian Falkner,
Josef Hanser und Franz Langhans waren
Mitglieder des CDTV-Lienz. So war es für
den Verein verwunderlich, daß Dekan
Stemberger es dem Vorturner Unterasin-
ger nicht erlaubte, bei den Mädchen vor-
zuturnen.
Moderne Facharbeit – ein Schwer-
punkt der christlichen Turnerschaft
Verbandslehrgänge – die Führung der
Christlich-deutschen Turnerschaft veran-
staltete mehrtägige Verbandslehrgänge,
die von mehreren Lienzer Vorturnerinnen
und Vorturnern besucht wurden: Gretl
Wernisch (Egartner): Verbandslehrgang
1931 in St. Pölten (bei Dr. Pultar) – Graser
Hugo und Hilde Bischof (Weingartner):
Verbandslehrgang Hall 1932.
„Überall wollen wir fachlich fundierte
Arbeit leisten, die nicht im Körperlichen
endet, sondern über den Körper zum
ganzen Menschen führt“ (Heinrich Rei-
mitz, Bundes-Dietwart).
Ausbildungslehrgänge in Tirol bei
Prof. C. Schir – mehrmals fanden Vortur-
nerprüfungen in Lienz statt:
1. Vorturnerprüfung: 3. Juli 1929
2. Vorturnerprüfung: 12. November 1932
mit Gau-Turnwart Prof. Schir
3. Vorturnerprüfung: 14. September 1934
mit Prof. Schir; nach mehreren
Wochenend-Lehrgängen in Innsbruck.
Die religiöse Ausrichtung des
Christlich-deutschen Turnvereins
Die Ziele der Christlich-deutschen Tur-
nerschaft kamen zum Ausdruck in den
Satzungen, wo es u. a. heißt:
Die CD-Turnerschaft Österreichs will
die Verbreitung und Pflege des deutschen
Turnens.
Die Christlich-deutsche Turnerschaft
steht auf dem Boden streng christlicher
Weltanschauung, der Treue zum ange-
stammten Glauben, dem Vaterlande und
dem deutschen Volke.
Deshalb bedingt die Zugehörigkeit zu ei-
nem Verein der CD-Turnerschaft das
offene Bekenntnis christlicher Gesinnung.
Zu den festlichen Höhepunkten für den
CD-Turnverein gehörte die Teilnahme an
den Fronleichnamsprozessionen, wo der
Verein sich der Öffentlichkeit zeigte. Sieg-
fried Oberrainer erinnert sich: „Einheitlich
gekleidet – 60 Turner und Turnerinnen:
Lienzer Turnerbund 1913; Gruppenfoto vor dem „Soldererhaus“ – Erster von links:
Geiler Andreas als Lehrling bei Fa. Solderer; Theodor v. Hibler (4.), Alois Pichler (5.),
Solderer (6.), Josef Henggi (8.)
Der erste Vorturner des Christlich-deut-
schen Turnvereines Lienz war Bürger-
schullehrer Rudolf Schlenz. Er unterrich-
tete an der Knaben-Bürgerschule Lienz
schon vor 1927. Er war mit der Lienzerin
Elsa Rößler verheiratet.