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mehrmals genannten Lienzer Landsmann
P. Magnus Röck in dessen Eigenschaft als
Subprior des Stiftes ausgeübt worden war.
Mit der Übernahme dieser zwei Ämter,
als Archivar und Bibliothekar, steht
Muchar geradezu an einer bedeutsamen
Zeitwende. Was die archivarische Tätig-
keit betrifft, so habe ich schon darauf hin-
gewiesen, dass Muchar der erste Träger
dieses Amtes im Stift Admont war, dessen
„Berufsbild“ hier nicht mehr von der Per-
spektive der Administration, sondern von
historisch wissenschaftlichen Ambitionen
geprägt war. Durchaus ähnlich verhielt es
sich mit dem Offizium des Bibliothekars:
Diese Funktion hatte bis dahin fast durch-
wegs der jeweilige Subprior – also der
„dritte Mann“ in der klösterlichen Hierar-
chie nach Abt und Prior – wahrgenommen,
weil die Bibliothek in erster Linie für die
Literaturversorgung der Klosterangehöri-
gen bestimmt war. Als nun die vorhin an-
gesprochene geistesgeschichtliche Ent-
wicklung um 1800 dazu führte, dass die
geschichtsträchtigen Sammlungen der
Klöster in zunehmendem Maße als Quelle
für die Arbeit der Historiker ins Blickfeld
traten, betraf dies nicht zuletzt auch die
großen mittelalterlichen Handschriften-
bestände. Somit mußte auch im Berufsbild
des Bibliothekars ein Wandel eintreten:
Nicht mehr der für das geistliche Leben im
Konvent verantwortliche Subprior, son-
dern ein kenntnisreicher bibliographisch
und historisch versierter Wissenschaftler
war nun gefragt, der imstande war, den
Fachleuten, die in immer größerer Zahl als
Forscher von auswärts in die Bibliothek
kamen, als kundiger Betreuer und Berater
zur Seite zu stehen.
Es war natürlich nicht nur eine große
Ehre für den jugendlichen Ordensmann,
dass ihn der Abt mit den zwei genannten
Ämtern betraut und ihn damit zum Ver-
bindungsmann des Klosters zur wissen-
schaftlichen Öffentlichkeit bestellt hatte; in
der Ausübung dieser Tätigkeit bot sich ihm
die willkommene Gelegenheit, in der
Fachwelt bekannt zu werden und dies soll-
te ihm dann auch in seinem letzten großen
Lebensabschnitt sehr zustatten kommen.
III. „Meisterjahre“ in Graz
(1823 bis 1849)
Die vorhin erwähnten wirtschaftlichen
Schwierigkeiten des Stiftes Admont und
die hieraus resultierenden Sanierungsver-
suche brachten, wie kaum anders zu er-
warten, alsbald einige personelle Konse-
quenzen mit sich. Ein Administrator
musste gewählt werden – an eine reguläre
Abtwahl war vorerst noch nicht zu denken
– und die Wahl fiel auf den schon genann-
ten P. Benno Kreil, der zu dieser Zeit in
Graz genau jenes theologische Fach
dozierte, das P. Albert in Admont der Klo-
sterjugend nahebrachte. Als Kreil nun in
das Stift zurückkehrte und sich in den fol-
genden Jahren erfolgreich um die Rettung
dieses schon am Rande des Ruines
stehenden Ordenshauses bemühte, kam
Muchar an seine Stelle in die Landes-
hauptstadt, die er genau 20 Jahre früher als
Student kennengelernt hatte.
Sein Wirken als Theologieprofessor war
hier allerdings von nicht allzu langer
Dauer, weil er es schon zwei Jahre später
mit einer neuen Tätigkeit im Rahmen des
bereits erwähnten philosophischen Kurses
vertauschte. Hier lehrte er ab 1825 Latein
und Griechisch und als die Universität, die
1782 auf den Rang eines „Lyzeums“
zurückgestuft worden war, im Jahre 1827
wieder ihren ursprünglichen Rang
zurückerhielt, galt Muchar nunmehr defini-
tiv als Universitätsprofessor. Die beiden
Sprachen der klassischen Antike mögen
ihm letzten Endes wohl doch näher gestan-
den sein als Hebräisch und Arabisch und
wie seine Briefe an Freund Benno – nun in
die Gegenrichtung von Graz nach Admont
gehend – recht deutlich zeigen, hat er sich
schon bald mit Leib und Seele als klassi-
scher Philologe verstanden. Zeitgenössische
Berichte lassen erkennen, dass er seine Stu-
denten zu begeistern wusste – seine dank-
baren und anhänglichen Hörer waren es
dann auch, die sein Porträt als Lithografie
in der ganzen Studentenschaft verbreiteten.
Zu seinen Schülern gehörte damals auch
der spätere Admonter Stiftsarchivar P. Ja-
kob Wichner, der in seinen Lebens-
erinnerungen Folgendes notierte:
„Unser Lieblingsprofessor war der
berühmte Historiker P. Albert Muchar aus
dem Stifte Admont, bei dem wir die klas-
sische Philologie und die Ästhetik hörten.
Seine Vorlesungen pflegte er stets, das
Buch zuklappend, mit dem Worte „Sic“ zu
beschließen. Wenn nun an einem heißen
Sommer-Nachmittage die Nähe des
kühlen Anna-Kellers uns gar zu verführe-
risch wurde, erklang bald aus dem Munde
eines mehr bier- als wissensdurstigen Stu-
diosus ein halblautes „Sic“, von dessen
Zaubertone ergriffen bald das ganze Kol-
legium einstimmte und den Professor sanft
zum Schlusse seines Vortrags nötigte.“
Es wäre allerdings nicht der sprichwört-
liche „Arbeitsochse“ Albert Muchar ge-
wesen, wenn er mit seiner Tätigkeit als aka-
demischer Lehrer ausgelastet gewesen
wäre (dass er zwischendurch auch zum
Dekan der Philosophischen Fakultät und
zum Rektor der Universität bestellt wurde,
sei hier nur nebenbei erwähnt) – und so war
seine Berufung nach Graz offensichtlich
auch gar nicht gemeint gewesen. Hier, in
der Landeshauptstadt, besaß das Kloster ein
weitläufiges Haus in zentraler Lage, den
„Admonter Hof“, der nicht nur den vielen
an den Grazer Lehranstalten wirkenden
Patres als Quartier und den Prälaten als häu-
fig frequentierte Absteige diente, sondern
auch ein wirtschaftliches und gesellschaft-
liches Zentrum ersten Ranges war. Hier war
ein wichtiger Umschlagplatz für den Ge-
treide-, Wein- und Kupferhandel des Stiftes,
und hier war auch ein Treffpunkt der ton-
angebenden Personen in Kirche, Wirtschaft,
Politik und Verwaltung. Wer in diesem
Haus das Amt eines Hofmeisters ausübte,
musste also dessen Bedeutung als einer
wahren Drehscheibe in der Verbindung von
Kloster und Welt gerecht werden, und die-
ses Amt hatte man ab 1823 natürlich keinem
anderen als P. Albert Muchar anvertraut.
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
67. Jahrgang –– Nummer 7
Vignette auf der historischen Landkarte als Beilage zu Albert von Muchars historischem Werk „Das Römische Norikum“, Band I, Graz
1825. – Als Ausschnitt ist der Bereich östliches Pustertal – Oberkärnten gewählt. Man findet hier noch die irrtümliche Bezeichnung
„LONCIVM“ für Aguntum, das damals bei Innichen („AGVNTVM“) angenommen wurde.
(Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum)
Rep.: M. Pizzinini