Seite 5 - H_1999_07

Basic HTML-Version

lich könnt‘ ich nicht sagen; aber weit, weit
und beschwerlich, sodaß es, als wir Nach-
mittags um 3 Uhr wieder herunten bei den
Almhütten waren, die allgemeine Stimmung
war: Mich freut‘s außerordentlich, daß ich
bin oben gewesen, aber diesen Weg mach‘
ich mein Lebtag nicht mehr. Ich zähle mich
zwar zu den abgehärteten Bergsteigern,
mußte aber dann doch zehn mal gestehen,
so einen Bergweg noch nie gemacht zu
haben; folglich stimmte ich auch in der
Chor der übrigen mit ein und sagte: Mich
sieht der alte Philister Buchstein nie mehr
über seine Perücke kriechen!“
Für Bergtouren blieb also auch dem viel-
beschäftigten Professor, Archivar und
Seelsorger immer noch etwas Zeit, doch
sind diese Freizeitvergnügungen in der
Folge etwas spärlicher geworden, weil
Muchar sich nunmehr – wie bereits er-
wähnt – mit dem Plan trug, eine auf archi-
valischer Quellenbasis erarbeitete Ge-
schichte seines Klosters zu verfassen. Ei-
niges Material hatte er dafür schon beim
Abschreiben für das Joanneum gesammelt,
denn selbstverständlich hatte er seine
eigenhändigen Notizen und die seiner
fleißigen Schreiber-Kollegen behalten
und eine von einem befreundeten Volks-
schullehrer angefertigte schöne Rein-
schrift nach Graz geschickt.
Muchars Stiftsgeschichte sollte aber
nicht einfach mit der Klostergründung be-
ginnen, sondern auch die Vorgeschichte
möglichst umfassend und weiträumig mit
einbeziehen. Eine wesentliche Anregung
hierfür bekam er durch die von Erzherzog
Johann an die Historiker im Lande gerich-
tete Preisfrage, die darauf abzielte, die
Frühzeit der Steiermark – also die Epoche
vor der Zeit der otakarischen Markgrafen –
historisch-kritisch aufzuarbeiten. P. Albert
hatte zuerst mit dem Gedanken gespielt,
sich an dieser Preisfrage zu beteiligen,
schreckte dann aber im Wissen um seine
noch nicht ausreichenden Kenntnisse in die-
ser Materie davor zurück. Im Hinblick auf
seine Stiftsgeschichte befasste er sich aber
nach wie vor sehr ausgiebig mit dem „alt-
keltischen“ und „altrömischen Norikum“ –
jenem politisch-geographisch-historischen
Gebilde, das ja in der Antike sowohl seine
Osttiroler Geburtsheimat als auch seine
steirische Wahlheimat umfasst hatte.
Eine Reihe von unglücklichen Fügungen
brachte es dann aber mit sich, dass auch
seine schon sehr weit gediehene Stiftsge-
schichte doch nicht veröffentlicht werden
konnte. Schuld daran war vor allem die
tiefgreifende finanzielle Krise des Stiftes
Admont, die nicht zuletzt durch die unter
den schwierigen Zeitverhältnissen nicht
mehr verantwortbare Großzügigkeit des
oben genannten Abtes Gotthard Kuglmayr
in kulturellen Belangen verursacht worden
war. Der Prälat mußte 1818 sein Amt auf
allerhöchsten Druck zurücklegen und das
künftige Schicksal des Klosters schien sich
ziemlich ungewiss zu gestalten.
Als gutgemeinte – wenn auch im End-
effekt kaum wirkungsvolle – Maßnahmen
zur Sanierung der arg zerrütteten Stifts-
finanzen wurden die Schließung der Philo-
sophischen Lehranstalt und die Verlegung
des Stiftsgymnasiums nach Judenburg de-
kretiert, während Muchars Wirkens-
bereich, der Theologische Studienbetrieb,
auch weiterhin aufrecht blieb. Für die
Drucklegung eines stiftsgeschichtlichen
Buches war nun freilich kein Geld mehr
vorhanden und ein Verleger wollte sich ei-
nes solchen Werkes nicht annehmen. Die
im Jahre 1821 erstmals erscheinende
„Steyermärkische Zeitschrift“ bot sich hin-
gegen als Publikationsorgan für den Ein-
leitungsteil der Stiftsgeschichte an, der
nunmehr als selbstständige Abhandlung in
dem genannten Periodikum erschien. Der
Titel lautete: „Das altkeltische Norikum
oder Urgeschichte von (Ober- und Nieder-)
Österreich, Steyermark, Salzburg, Kärn-
then und Krain.“ Dass auch „ein Stück des
östlichen Tyrols“ innerhalb der Grenzen
des alten Norikum lag, verschweigt der
Autor zwar im Titel, trägt es aber dann im
Text selbst sogar in hervorgehobener
Schrift ausdrücklich nach.
Im „Vorbericht“ zu dieser Studie gibt
Muchar einige aufschlussreiche Hinweise
auf seine Beweggründe für die Beschäfti-
gung mit der Historie und diese Bemer-
kungen sind es wohl wert, hier zumindest
auszugsweise im ursprünglichen Wortlaut
wiedergegeben zu werden.
„Ich trete mit gegenwärtiger Schrift das
erste Mal vor den Richterstuhl der gelehrten
Welt. Im Fache vaterländischer Historie ist
von mir, außer einigen kleinen in Journalen
verstreuten Aufsätzen und einer weitläufi-
gen Arbeit für das Joanneum (die oben er-
wähnten Abschriften) noch nichts bekannt
geworden. Es hat mich zwar von früher
Jugend an ein vorherrschender Drang ge-
trieben, die vaterländische Geschichte zu
durchforschen; darüber aber so frühe etwas
zu schreiben, würde ich bei meinem auf-
habenden Berufe schwerlich gekommen
sein, hätten mich nicht wichtige Veranlas-
sungen dazu bewogen.
Die von Seiner kaiserlichen Hoheit, dem
Durchlauchtigsten Erzherzog Johann an
das Stift Admont erlassenen schriftlichen
Aufforderungen, teils um einzelne ur-
kundliche Aufschlüsse aus den Pergamen-
ten unseres Hausarchivs, teils die von
jenem erhabenen Mäzen bekannt gemach-
te Preisfrage drangen mir fast unwider-
stehlich die Feder in die Hand, über Ge-
genstände vaterländischer Historie wirk-
lich zu schreiben und dies umso mehr, als
dem hohen Ansinnen des durchlauchtig-
sten Gönners auch von unserer Seite ohne
Verzug Genüge geleistet werden mußte.
Dies Ereignis machte in mir den schon
lange in dankbaren Gefühlen gefaßten und
nur bis zur günstigsten Gelegenheit im ge-
heimen Busen verwahrten Vorsatz neuer-
dings erglühen, die bisher im Vaterland
noch immer vermißte Geschichte des Stif-
tes Admont zu schreiben, eines Münsters,
welches nicht nur in der Steyermark, son-
dern auch in allen Provinzen Inneröster-
reichs seiner weitläufigen Besitzungen
wegen, durch so große Äbte und Mitglie-
der, in das politische und religiöse Leben
durch mehr als sieben Jahrhunderte tau-
sendfältig eingewirkt hat. So war ich denn
in meinem 26. Lebensjahr veranlaßt, über
Gegenstände vaterländischer Historie
ordentlicher und genauer zu forschen und
es ist dies bereits das achte Jahr, daß ich
diesen Studien alle meine entbehrlichen
Nebenstunden weihe.“ – Soweit Muchars
für seine Zeit durchaus übliche „Rechtfer-
tigung“ für seine Beschäftigung mit histo-
rischen Themen, die ja gar nicht zu seinem
„aufhabenden Berufe“ gehört hat. Dazu
gehörte damals vielmehr auch schon
längst das Amt des Stiftsbibliothekars, das
er 1813 übernommen hatte, nachdem es
zuvor eine Zeit lang von seinem schon
Nummer 7 –– 67. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
Probe der
„Gelehr-
ten-Hand-
schrift“
Albert
von
Muchars:
Adresse
auf einem
Brief, ge-
richtet an
seinen
Mitbruder
P. Benno
Kreil in
Graz.
(Original
und Rep.
Benedikti-
nerstift
Admont)
Porträt und Unterschrift P. Dr. A. von
Muchars, abgedruckt in den Mitt. des hist.
Vereines für Steiermark, 1. Heft, Graz 1850.
(Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum)