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Je nachdem, was man isst, dauert
der Verdauungsvorgang zwischen 60
und 120 Stunden. Die Verwertung der
Vitamine, Spurenelemente und Mine-
ralstoffe erfolgt ebenfalls über das Ver-
dauungssystem. Viele davon werden
über die Darmwand aufgenommen
und verwertet, andere bereits zwischen
Mund und Zwölffingerdarm. Welche
Vitamine wo verwertet werden, hängt
großteils auch davon ab, ob diese was-
ser- oder fettlöslich sind.
Am Ende des Verdauungsvorganges
steht der Defäkationsreflex (Stuhl-
gang), der im Rektum von Dehnungs-
rezeptoren ausgelöst wird.
Die Dauer des
Verdauungsvorgangs hängt auch
von der aufgenommenen Nahrung
und Flüssigkeit ab.
Verdauung dauert
bis zu 120 Stunden
GESUNDHEIT
PUSTERTALER VOLLTREFFER
AUGUST/SEPTEMBER 2014
30
Dr. Pycha, wie fördert
Bewegung den Geist?
Pycha:
„Bei der Heilung seelischer
Störungen geht man seit mehr als
100 Jahren den ersten Weg sehr kon-
sequent. Sigmund Freud hat die Kur
mit Worten, die Psychotherapie, über
die ganze Welt verbreitet. Noch viel
länger aber ist bekannt, dass Bewe-
gung das Denken fördert, dass im
Gehen Lösungen und Einfälle leichter
kommen. Die alten griechischen Phi-
losophen benutzten dazu in der brü-
tenden Hitze die Stoa, die schattige
Wandelhalle, und die Schule der da-
raus entstehenden Denker nennt man
Stoiker. Sie haben das römische Kai-
serreich als Philosophen auf dem
Thron und später das christliche Mit-
telalter so wesentlich geprägt wie
keine andere Denkergemeinschaft,
von Epiktet über Seneca bis Marc
Aurel. Fernöstliche Meditationstechni-
ken haben seit Tausenden von Jahren
Bewegungsmuster oder Haltungen
aufgespürt, die Entspannung, Kraft-
aufnahme, Versenkung und Ver-
schmelzung mit der Welt fördern.
Daraus sind für uns als Teilnehmer
der Leistungs- und Informationsge-
sellschaft Nischen entstanden, die
wir nützen können, um aus der
Hektik des Alltagslebens und aus
dem sozialen Stress auszusteigen –
zumindest zeitweise schafft man
das über Yoga oder Qui Gong oder
holotropes Atmen.“
Wie bedeutet Bewegung in der
modernen Psychologie?
Pycha:
„Dort ist Bewegung eine
Form der Kommunikation, die tiefer
in den Menschen eindringt als Spra-
che es kann. Wobei Sprache letztlich
auch aus Bewegung von Zunge,
Mundhöhle und Kehlkopf entsteht.
Die Körpersprache eines Menschen
ist ein sehr genauer Hinweis auf sein
seelisches Befinden, und körperliche
Übungen wirken unmittelbar auf das
Seelenleben zurück. Im Ausdauer-
sport macht man sich diese gegen-
seitige Beeinflussung zu Nutze,
indem Bewegungsmuster die Ge-
danken und Ziele von Menschen
ordnen, und die zielgerichteten
Ideen das körperliche Durchhaltever-
mögen steigern. Marathonläufer
entwickeln einen Ablauf, den sie
sehr lange durchhalten können,
und übertragen diese Zähigkeit auf
das Ziel, 42 km ohne Pause zurück-
zulegen.“
Und wie schaut es beim Belas-
tungssport aus?
Pycha:
„Auch der Belastungssport
arbeitet damit, dass untypische Be-
wegungen so gut eingeübt werden,
dass damit außerordentliche Ziele er-
reicht werden können. Dass Bewe-
gung die Welt verändert, wissen die
Menschen auf der Bühne: Schauspie-
ler, Tänzerinnen, Clowns bringen
Menschen zum Staunen, Weinen und
Lachen, weil Emotionen sehr leicht
hervorgerufen werden, wenn man die
Bewegung anderer Menschen beob-
achtet.“
Wie kann die moderne Psychia-
trie die Bewegung nutzen?
Pycha:
„Die Psychiatrie macht sich
diese und viele andere Erkenntnisse
der Hirnforschung zu Nutze, um
Menschen über Tanz- und Bewegungs-
therapie zu helfen. Unaussprechbare
Verletzungen können über die Körper-
sprache ausgedrückt und endlich be-
arbeitet werden. Es ist ein ähnlicher
Weg, den die Kunsttherapie nimmt,
um über Zeichnungen unsagbares
Leid zu formen und zu bewältigen.
Tanz- und Bewegungstherapie findet
üblicherweise in kleinen Gruppen
statt und ist darauf ausgerichtet,
anderen Menschen Botschaften zu
senden. Der Austausch positiver Ener-
gien lässt eine Atmosphäre gesche-
hen, in der Ausdrucksfähigkeit und
Geborgenheit zugleich bestehen.“
Seit Jahren bemüht sich ja auch
die Selbsthilfeorganisation psy-
chisch Kranker Lichtung/Gira-
sole diesen wertvollen Zugang
für Betroffene zu nutzen.
Pycha: „Ja. Im öffentlichen Psy-
chiatrieplan ist er allerdings bisher
nicht vorgesehen, muss also auch
nicht finanziert werden. Ein großzügi-
ges Sponsoring seitens des Firmen-
chefs Heiner Oberrauch von Salewa
und Oberalp hat es ermöglicht, ein
Jahr Bewegungstherapie für psy-
chisch Kranke anzubieten. Die exzel-
lent ausgebildete Bewegungsthera-
peutin und Yogalehrerin Dr. Petra
Massardi hat von Sommer 2013 bis
Sommer 2014 Tanz- und Bewegungs-
therapiegruppen am Krankenhaus
Bruneck mit bestem Erfolg betreut.
Das Angebot fand einmal wöchent-
lich – getrennt für ambulante
Patienten und für Menschen, die an
der Abteilung Psychiatrie Bruneck
aufgenommen waren – statt. Die
Rückmeldung der Betroffenen war
ausgezeichnet, Äußerungen wie ‚Ich
bin ruhiger, wenn ich weggehe’ oder
‚Habe gelernt wie es geht, meinen
Raum einzunehmen’ gab es in
typischer Weise häufig.“
Bewegung kann mehr als 1.000 Worte
Laut Hirnforscher Sir John Eccles gibt es zwei Wege zur Intelligenz – die Sprache und die Bewegung.
Primar Dr. Roger Pycha, Psychiatrischer Dienst, KH Bruneck, erklärt im „PVT“-Interview warum das so ist.
Infos für Ihr Wohlbefinden
Dr. Roger
Pycha,
Primar des
psychischen
Dienstes des
Gesundheits-
bezirkes
Bruneck
Bewe-
gung
fördert
das
Denken.
Im
Gehen
findet
man
leichter
Lösun-
gen
und
hat
mehr
Einfälle.