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OSTTIROLER
NUMMER 6/2014
3
HEIMATBLÄTTER
4.280 und 5.180 km zurück. Sie erreichen
dadurch ihr Winterquartier in 2 bis 4 tagen
und machen dabei nur 2 bis 3 Stops. ihre
Wandergeschwindigkeit erreicht fast 100
Kilometer pro Stunde (K
LaaSSEn
et al.
2011). auf dem Frühjahrszug aber ziehen
sie etwa auf demselben Wege zurück nach
Europa, machen aber im Balkangebiet
rast und erreichen ihr schwedisches
Brutgebiet dann in kleinen Etappen. Diese
bewirken, dass es in Ostösterreich mehr
nachweise im Frühjahr gibt als im Herbst.
Gefahren bestehen für diesen sehr selte-
nen und geheimnisvollen Watvogel durch
menschliches tun bei der Begradigung und
dem aufstauen von Flüssen, bei landwirt-
schaftlichen Eingriffen (Verlegung von
Drainage, Umbrechen von Feuchtwiesen)
und zunehmender industrieller nutzung.
Dadurch werden ihm nasse Wiesen als rast-
biotope genommen. Zu Beginn der Brutzeit
suchen Doppelschnepfen gemeinsame Balz-
plätze auf. Das ist vergleichbar mit dem
Birkhuhn
Tetrao tetrix.
Die Bejagung auf
diesen Balzarenen kostete viele Opfer. auch
dadurch setzte seit Mitte des 19. Jahrhun-
derts ein erheblicher rückgang sowohl als
Brutvogel als auch als Durchzügler ein.
Helfen kann ihm das Beenden der Drai-
nage von Feuchtgebieten, das Erhalten an-
derer überschwemmungsflächen und über-
all die Einstellung der Jagd. Und das muss
nicht nur in Europa, sondern auch im tropi-
schen afrikanischen Winterquartier erfolgen.
Waldschnepfe Scolopax rusticola
Eine taubengroße gedrungene Schnepfe,
deren Gewicht zwischen 200 und 400 g
liegt. Das Jahreshöchstgewicht von bis
knapp 500 g wird im Spätherbst erreicht
(G
LUtZ
et al. 1977; siehe Doppelschnepfe).
Sie lebt als Waldbewohner sehr heimlich
und hält sich tagsüber in dichter Deckung
auf. nur selten ist sie zu beobachten, da sie
wie dürres Laub gefärbt ist und eine kurze
Fluchtdistanz hat. ihr rostbraunes Gefieder
zeigt auf Scheitel und nacken schwarze
querverlaufende Bänder und die hellbraune
Unterseite ist dunkelbraun gebändert, ge-
sperbert. ihr auge steht weit hinten am
Kopf. Dadurch hat sie auch bei der nah-
rungssuche, dem „Wurmen“ im Erdreich,
immer rundumsicht. Der Schwanz hat oben
eine graue, unten eine silberweiße Spitze.
Dem Kenner verrät sie sich während der
Balzzeit von Mitte März bis april und dann
wiederum Mitte Juni durch ihre Lautäuße-
rungen. im Zwielicht, zur Zeit der abend-
dämmerung, überfliegen die Brutpaare und
ihre nachbarn ihr Waldrevier und rufen
dabei, was lautmalerisch als „Quorren“ und
„Puitzen“ umschrieben wird. Doch diese
Flugbalz dauert nur 15 bis 20 Minuten. Die
Sommerbalz (im Juni) wurde in Kärnten
beobachtet (F
ELDnEr
et al. 2006). aus Ost-
tirol liegen zur Balz keine angaben vor.
Zunächst zu alten angaben für tirol und
Osttirol.
Erstmalig berichtet a
LtHaMMEr
(1857)
über das Vorkommen der vier Schnepfenar-
ten Wald- und Doppelschnepfe, Bekassine
und Zwergschnepfe in tirol: „Doppelter
Zug, und alle 4 nisten in tyrol, obwohl in
geringer Zahl.“ Die Zwerg- und Doppel-
schnepfe haben in tirol sicher nie gebrütet
(Fußnote schon durch a. Baldamus, Her-
ausgeber der Zeitschrift
Naumannia).
Die
verschiedenen Schnepfenarten sind nach
K
EiL
(1859) in Osttirol lediglich seltene
Zugvögel, die „im Frühlinge und Ende Sep-
tember oder anfang Oktober“ auftreten.
Und M
ayr
(1869) berichtet zur Wald-
schnepfe: „… im März selten, nistet nicht,
zahlreich aber im Oktoberstrich in den nuß-
dorfer-, Dölsacher-, Görtschacher auen“. Er
selber erlebte auch, dass bei einem Schnee-
sturm und Unwetter „zur nachtszeit auf
dem unteren Stadtplatz in Lienz eine große
Schnepfe (
Scolopax rusticola
) lebendig ab-
gefangen wurde“. Erst D
aLLa
t
OrrE
(1890)
erwähnt sie wieder korrekt als Brutvogel.
neuere angaben beginnen mit K
üH
-
trEiBEr
(1952), der sich kaum über den
Zug äußert, sie aber als seltenen Brutvogel
bei tristach und nikolsdorf nennt (laut
Förster a. Mattweber). Leider wird nicht
genannt, wie der Brutnachweis erbracht
wurde (Gelegefund, flugunfähige Junge?).
auch später wird kein nachweis genannt
(H
EinricHEr
1973, 1988, 1994). Daher
wird die Waldschnepfe im Verbreitungs-
atlas über die Brutvögel Osttirols (M
OritZ
& B
acHLEr
2001) nicht erwähnt.
Dennoch wurde aber früher ein Brut-
nachweis durch Leo Kranebitter erbracht:
1976 Mai 25 Fund eines nestes mit 4
Eiern am Waldrand oberhalb des Weide-
gebietes beim Kreithof 1.050 m; 12° 49‘,
46° 47‘. Es handelte sich um ein aufge-
lichtetes tannen-, Lärchen-, Fichten-alt-
holz mit 1 bis 2 m hoher naturverjüngung
aus tanne und Fichte. Das Bodennest be-
fand sich auf kleiner auflichtung von ca.
8 bis 10 m² Größe (KL, auch mitgeteilt
durch Förster Klocker).
Der hier folgende text umfasst die Jahre
1975 bis 31. Mai 2013. Von den Mitarbeitern
wurden 26 Datensätze gesammelt. Diese
werden hier ausgewertet.
Bis heute liegt kein weiterer Brutnach-
weis vor, was mit der heimlichen Lebens-
weise dieses Schnepfenvogels zu tun hat.
Und die art ist zwar ein alljährlicher, aber
seltener nachtzieher, der allerdings nicht
alljährlich beobachtet wird. Die Zugdaten
verteilen sich auf März/april sowie Okto-
ber/november. im Villgratental beobach-
tete sie Lanser (1994) „öfters im Herbst“.
Die Winterdaten aus Dezember/Jänner
weisen wohl auf Frostflüchter hin, weniger
auf überwinterer. auch in Kärnten beginnt
der Frühjahrszug in der zweiten März-
dekade, der Wegzug dauert von Ende Sep-
tember bis weit in den november hinein
(F
ELDnEr
et al. 2006).
Lebensraum
Der oben genannte nestfund dieses
Waldvogels befand sich im kraut- und
strauchschichtreichen Unterholz am Wald-
rand. Die unterhalb sich anschließende
Viehweide, die einen tümpel und an-
schluss zu Waldschneisen und Blößen auf-
weist, gehörte sicher zum nahrungsrevier
des Brutpaares. Zur Brutzeit ist sie an Wald
und Gehölze auf frischen bis feuchten
Standorten gebunden. in höheren Lagen von
Osttirol wird sie Fichtenwälder bewohnen,
wobei die nester eher am verlichteten Be-
standesrand liegen. Kraut- und Strauch-
schicht sind unverzichtbar. Junge nadel-
holzwälder werden bei Kronenschluss als
Brutplatz verlassen (G
LUtZ
et al. 1977).
Gefährdung der Waldschnepfe
Bezogen auf die geringe Zahl der Beob-
achtungen fällt der hohe anteil an Unfall-
opfern auf. Dabei sind es besonders Schei-
benanflüge, die für die Schnepfe tödlich
enden. Diese Unfälle sind in der ganzen
Vogelwelt weiter verbreitet als der Stadt-
bewohner glauben mag (S
cHMiD
et al.
2012). aber auch Starkstromleitungen for-
dern ihre Opfer (H
OErScHELMann
et al.
1988).
Ein Wort zur Jagd, wo die früheren rege-
lungen aus heutiger Sicht unverständlich
sind: „in Homburg vor der Höhe wurde
,Schnepfenkönig‘, wer 100 Waldschnepfen
geschossen hatte; er war für das nächste Jahr
steuerfrei. in Hessen erhielt, wer die erste
Schnepfe des Frühjahrs erlegt, ein Gold-
stück, den ,Schnepfendukaten‘. Die Grafen
von Solmslich ließen ,Schnepfenpfenninge‘
prägen, die nach Schluß einer Jagdpartie
unter die treiber ausgeworfen wurden und
anderes mehr.“ (H
EnnicKE
1897-1905)
Schutz der Waldschnepfe
Zu stärkeremauftreten als Brutvogel in
Osttirol könnte das übergehen auf arten-
reiche Mischwälder mit Erle und Hasel als
Strauchschicht beitragen.
Uferschnepfe Limosa limosa
Die Uferschnepfe ist ein großer Watvo-
gel, etwa vom Gewicht der alpendohle.
Mit ihrem langen geraden Schnabel, ihren
langen Beinen sowie dem im Brutkleid
rostrot gefärbten Hals- und Brustbereich
unterscheidet sie sich deutlich von den
oben genannten arten. in Seitenansicht ist
der Schnabel etwa dreimal so lang wie der
Kopf. Und seine Spitze ist kaum aufge-
worfen, ein guter Unterschied zur sehr
ähnlichen Pfuhlschnepfe. im Fluge sind
die beiden breiten weißen Flügelbinden
und ein weißer Schwanz mit breiter
schwarzer Endbinde sichtbar, wobei die
Beine den Schwanz deutlich überragen.
Für Osttirol liegt bisher nur eine Fest-
stellung vor:
1998 april 04; 17 bis 18.15 Uhr; ein Vogel
im Schlichtkleid, wies oben genannte Merk-
male auf, einfarbiger rücken, stochernd auf
der nahrungssuche; Westufer vom Speicher
tassenbach/Strassen (Ba, MD).
Die taubengroße Waldschnepfe auf der Nah-
rungssuche in dichter Deckung eines Feucht-
gebietes. Die Augen stehen seitlich am Kopf,
was der Schnepfe Rundumsicht ermöglicht.
Foto: Manfred Loner