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OSTTIROLER
NUMMER 5/2014
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HEIMATBLÄTTER
Josef Manfreda (1890-1967) und der Bild-
hauer Adrian Egger (1908-1978). In diesem
Zusammenhang galt nun die im Sommer 1956
stattfindende Gründungsausstellung in der nach
den Kriegsschäden nicht vollständig restau-
rierten Spitalskirche in Lienz als wichtige,
auch ausstellungstechnisch sehr gelungene
Werkschau für die Künstler, um noch geziel-
ter auf ihre Arbeiten aufmerksam machen zu
können. Die vier Initiatoren konnten mit wei-
teren heimischen Kunstschaffenden, die sich
dem Künstlerbund anschlossen, im Herbst im
Tiroler Kunstpavillon in Innsbruck Auszüge
aus der Sommerausstellung präsentieren, ob-
wohl Leopold Ganzer nur mehr mit vier
Kohleskizzen dort vertreten war und so mit
der kontroversen aber auch gut gesinnten Kri-
tik in Tiroler und Wiener Presseberichten, die
schon in der Spitalskirche in Lienz nachhallte,
weniger bedacht wurde. U. a. schreibt Kustos
Dr. Franz Kollreider im „Osttiroler Boten“ mit
leicht zynischem Unterton über die Ausstel-
lung und weist aber gleichzeitig auf deren
Einzigartigkeit hin:
„Zum ersten Male wird in
Lienz modernste, d. h. real-abstrakte und z. T.
sogar gegenstandslose, aber doch von ernstem
Wollen getragene Kunst gezeigt. Ein neues
heimisches Talent stellt sich uns in dem jungen
Absolventen der Wiener Kunstakademie Leo
Ganzer aus Lienz, …, der mit wahrem Fana-
tismus der modernen Kunst der Franzosen und
Spanier à la Picasso huldigt und seine Ein-
stellung auch theoretisch überzeugend zu ver-
treten und zu verteidigen weiß.“
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Die Städtische Galerie Lienz
Es war dann definitiv ein weiterer, erfolg-
versprechender Aspekt einer propagierten
Kulturaufgabe, die dann 1964 Leopold Ganzer
gemeinsam mit Franz Walchegger, Josef Man-
freda und Hermann Pedit (1933) dazu bewo-
gen hat, den damaligen Lienzer Bürgermeister
Hubert Huber und den Gemeinderat von der
Idee zu überzeugen, eine Städtische Galerie
mit regelmäßigem und verkaufsunabhängigem
Ausstellungsbetrieb zu initiieren und schließ-
lich zu etablieren. Zu dieser Zeit kam nun
auch der Vorschlag des Geschäftsführers der
Tyrolia-Buchhandlung, Dietmar Kecht, in der
Rosengasse in Lienz die Räumlichkeiten im
ersten Obergeschoß des Geschäftslokals zur
Verfügung zu stellen und organisierte die not-
wendigen Adaptierungsmaßnahmen und Um-
gestaltungen an der historischen Bausubstanz.
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Dabei ist es nicht unerheblich zu erwähnen,
dass für Leopold Ganzer die forcierte und
gleichzeitig unabdingbare Weiterentwicklung
in seinem Kunstschaffen eine markante Ei-
genschaft seiner Persönlichkeit darstellte, der
er sich im Grunde genommen nicht entziehen
konnte. Der künstlerischen, und damit ein-
hergehend und im Kontext zu sehenden, ge-
sellschaftlichen Einengung galt es zeit seines
Lebens entgegen zu treten. Jedenfalls, bevor
der Maler und Grafiker mit seiner Familie ab
1971 in Wien seinen zweiten Lebensmittel-
punkt fand, leitete er für einige Jahre den
Kunstbetrieb der Galerie – nur unterbrochen
von einem Studienaufenthalt in Paris 1966 –
und konnte dementsprechend interessante und
wichtige Positionen der zeitgenössischen
Kunstszene vorweisen. Kurt Moldovan, Artur
Nikodem, Lois Welzenbacher, Herbert Boeckl
oder Gerhild Diesner zählen zu den ausge-
suchten Personalen der 1960er-Jahre.
Das konsequente und bemerkenswerte
Engagement um den Stellenwert der öster-
reichischen Kunst- und Kulturpolitik war für
Leopold Ganzer als freier Kunstschaffender
genauso, wie als Bildnerischer Erzieher in
den 1970er-Jahren in Wien und als leitendes
Mitglied des Berufsverbands der bildenden
Künstler Österreichs austarierender und
vehementer Part seines Naturells.
Die Arbeit des Künstlers
Zu seinem Gesamtwerk zählen neben ge-
malten Bildern vornehmlich Grafiken und
serielle Arbeiten, die er mithilfe vielfältiger
drucktechnischer Verfahren im Sinn des Li-
nearen und des Geometrischen erstellte. Die
Kombination aus Malerei und Grafik und die
daraus resultierende enge Verbundenheit von
Fläche und Linie ist ein maßgebliches Mittel
der Gestaltung. Diese Verflechtung steht für
Leopold Ganzer in engem Zusammenhang mit
seinem künstlerischen Ausdrucksvermögen
und seinem beinahe intuitiven Bedürfnis, Na-
turbilder zu schaffen. Es ist aber nur vorder-
gründig künstlerische Intuition, die hier als
Wegweiser dient. In seinen Werkzyklen wird
nicht die reine Eingebung als Motivation vor-
angestellt, sondern die eines Theoretikers, eines
analysierenden Menschen.
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Seine Biografie als
Maler und Grafiker kennzeichnet schon zu
2014: Blick in die Galerieräume des Museums der Stadt Lienz Schloss Bruck: Gedächt-
nisausstellung „Natur und Abstraktion – Eine Symbiose“. Hier eine Auswahl grafischer
Arbeiten von den 1950er-Jahren bis 2008 und das Bild „Montan“ aus dem Jahr 1981.
1964: Uferspiegelung; 56,5 x 56,5 cm, Öl auf Hartfaserplatte.
(Privatbesitz)