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gedeckten Umgänge annähernd symmetri-
sche Raumfluchten aus jeweils 6 bis 7 klei-
neren Räumen mit etwa 15 m² Grundfläche
an. Ähnliches lässt sich auch für den nur par-
tiell ergrabenen Westflügel vermuten. An-
nähernd in der Mitte der Raumfluchten
lagen im Süden ein etwa 75 m² und im
Osten ein circa 45 m² großer Saal. Die klei-
nen Räume verfügten über einfache Lehm-
böden und verputzte Wände. Die großen
Mittelräume waren aufwändiger gestaltet
(solidere Böden, bemalte Wände). Mit einer
Ausnahme wurden alle Räume durch kleine
Nischenöfen beheizt. Die Räume konnten
direkt von den Umgängen her betreten wer-
den, einzig der große Raum im Osten war
nur über die beiden Nachbarräume zu errei-
chen.
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Im Norden des Platzes konnten bis-
her zwei Räume ergraben werden. Im Nord-
osten fand sich ein 23 mal 11 m großer
Raum bisher unbekannter Funktion und
Aussehen. Westlich davon lag ein prächtig
gestalteter Raum, der in späterer Zeit wegen
der Fülle hier aufgefundener Gegenstände
als Lagerraum genutzt worden ist. Funde aus
diversen Tiefschnitten bzw. Bauhorizonten
der ersten Phase sprechen für eine Errich-
tung des Forums um die Mitte des 1. Jh.s
n. Chr. Im 3. Jh. n. Chr. dürfte das Forum
einem Brand zum Opfer gefallen sein. Da-
nach wurde das Forum fast vollständig auf-
gegeben, nur der Haupteingang im Süden
und einige wenige andere Räume wurden
neu adaptiert.
Die Frühzeit der römischen Stadt
Die Grabungen der letzten Jahre er-
brachten eine Vielzahl von neuen Er-
kenntnissen zu Geschichte und Aussehen
des Municipiums Claudium Aguntum.
Erstmals gestatten sie auch gesicherte
Schlüsse auf die Frühphase Aguntums: In
unmittelbarem Zusammenhang mit der Er-
hebung der Stadt zum Municipium unter
Kaiser Claudius (Regierungszeit: 41-54
n. Chr.), eventuell schon kurz zuvor, wird
der Ausbau des städtischen Zentrums in
Angriff genommen. Die Therme in ihrer
ersten Phase sowie das Forum werden
errichtet. Unmittelbar danach entsteht das
Atriumhaus in seiner ursprünglichen,
mediterranen, nicht beheizbaren Form. In
weiterer Folge wird die Stadtmauer erbaut,
was allein aus rechtlichen Aspekten erst
nach der Erhebung Aguntums zum Muni-
cipium möglich gewesen sein wird.
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Vor
allem die öffentlichen Bauten verleihen
dem nunmehrigen Municipium eine ent-
sprechend repräsentative Ausstattung. Die
frühen Bauwerke hat man auf die grüne
Wiese gesetzt, Reste von älteren Gebäuden
haben sich in diesem Bereich nicht gefun-
den. Unabhängig davon, ob es in Aguntum
eine keltische Vorgängersiedlung gegeben
hat oder nicht, machen die neuen Grabun-
gen wahrscheinlich, dass die Römer eine
moderne Stadt mit der gesamten notwen-
digen Infrastruktur auf bis dahin unbebau-
tem Gelände errichtet haben. („Neu“-)
Aguntum ist demnach in seiner Grund-
struktur keine gewachsene Stadt, sondern
eine am Reißbrett entworfene Planstadt.
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Eine weitere Blüte erlebte Aguntum in
der 1. Hälfte des 2. Jh.s n. Chr. Damals
wurde die Stadt prächtig umgestaltet. An
der Hauptstraße wurden gedeckte Geh-
steige mit Säulen und Pfeilern errichtet,
um die Bewohner vor Niederschlägen und
Hitze zu schützen. Neben dem Forum
wurde das Macellum, das neue Marktge-
bäude erbaut, in dessen einzigartiger ar-
chitektonischer Gestaltung sich wohl am
besten der Wohlstand der inneralpinen
Kleinstadt Aguntum manifestiert.
Forschungsschwerpunkte und
zukünftige Projekte
Die Grabungstätigkeit des Instituts für
Archäologien der Universität Innsbruck
konzentrierte sich in den letzten Jahren auf
das Zentrum der Stadt, das in den kom-
menden Jahren vollständig ausgegraben
und somit der Öffentlichkeit zugänglich
gemacht wird. Abseits davon ist die Wie-
deraufnahme der Grabungen an der – seit
den Grabungen durch R. Egger bekannten
– frühchristlichen Kirche im Osten der
Stadt geplant. Schließlich wird auch der
Frage nach dem ursprünglichen Haupttor
der Stadt weiter nachgegangen.
Neben der eigentlichen Grabungstätig-
keit werden die Untersuchungen zur Aus-
dehnung der städtischen Bebauung fortge-
führt. Dabei kommen geophysikalische
Methoden zum Einsatz, deren Anwendung
bislang zum einen durch den TWF (Tiroler
Wissenschaftsfonds), zum anderen durch
das Bundesdenkmalamt ermöglicht wurde.
Im Zuge der Untersuchungen konnten
bauliche Überreste im Osten der Stadt-
mauer, wie auch nördlich und östlich
des städtischen Zentrums nachgewiesen
werden.
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Drohnenaufnahme des Zentrums von Aguntum aus östlicher Richtung.
Foto: Oberrainer.at
Das
Rundma-
cellum
von Agun-
tum aus
westlicher
Richtung.
Foto:
Institut
für
Archäolo-
gien, For-
schungs-
bereich
Aguntum
Aguntiner Näpfe. Derartige Gefäße kom-
men bislang in Aguntum, Teurnia und Lit-
tamum vor.
Zeichnung: Institut für Archäologien,
Forschungsbereich Aguntum
OSTTIROLER
NUMMER 10-11/2013
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HEIMATBLÄTTER