Seite 6 - HB_2013_02

Basic HTML-Version

OSTTIROLER
NUMMER 8-9/2013
6
HEIMATBLÄTTER
gental 15 und in der Gemeinde Virgen (zu
der damals auch Prägraten gehörte) 13 als
Fraktionen bezeichnete Nachbarschaften
gezählt.
6
Waldordnungen
Wie wichtig den Tiroler Landesfürsten,
eben wegen ihrer bergbaulichen Interessen,
die Wälder waren, zeigt sich an der um 1500
einsetzenden reichen Forstgesetzgebung in
Form sogenannter Waldordnungen. Diese
zielten darauf ab, die Holznutzung in den
Wäldern zu regeln und die Forstaufsicht zu
etablieren. Was im Wald zwecks Bewirt-
schaftung zulässig war und was nicht, das
wurde in diesen Waldordnungen vorge-
schrieben. Die Grundtendenz haben alle
Waldordnungen: Wo Wald wächst, hat
auch weiterhin Wald zu wachsen, der Wald
soll geschont werden, der derzeitige und
künftige Holzbedarf für die landfürstliche
Montanwirtschaft muss sichergestellt sein.
Die Waldordnungen wurden jeweils für be-
stimmte Regionen erlassen, was den Vorteil
bot, auf spezifische Verhältnisse eingehen
zu können. Letztlich sollte sich aber das
Fehlen einer einheitlichen gesetzlichen
Grundlage, einer für das ganze Land gel-
tenden Waldordnung, als Manko erweisen,
als im späten 18. Jahrhundert der Streit um
das Eigentum an den Wäldern zu glimmen
begann. Zu diesem Zeitpunkt war das
Forstrecht uneinheitlich, zersplittert und
auch „versteinert“, weil man sich seit dem
17. Jahrhundert im Großen und Ganzen
damit begnügte, die im 16. Jahrhundert er-
lassenen Waldordnungen wieder zu ver-
lautbaren. Die erste Waldordnung für die
frühere görzische Herrschaft Lienz (Land-
gericht Lienz, Stadt Lienz, die Gerichte
Virgen, Kals und Lienzer Klause) wurde
1548 erlassen, die inhaltlich praktisch un-
verändert 1642 und 1657 bestätigt und wie-
der verlautbart wurde.
7
Als Waldmeister in
der Herrschaft Lienz hatte der jeweilige
Bergrichter zu fungieren. Für das Pustertal,
soweit es früher görzisch gewesen war,
konkret die (Land)gerichte Schönegg,
Michelsburg, Uttenheim, Altrasen und
Heinfels, wurde 1586 die erste „Puster-
taler“ Waldordnung erlassen, konfirmiert
und wieder verlautbart 1615 und 1657.
8
Für die genannten Gerichte wurde ein
eigener Waldmeister bestellt.
Beispielhaft soll die Lienzer Waldord-
nung kurz vorgestellt werden. Gleich ein-
leitend wurde in der Waldordnung, die zu-
gleich dem Bergrichter in seiner Funktion
als Waldmeister als Dienstinstruktion
diente, diesem die Pflicht eingeschärft, da-
für zu sorgen, dass die Wälder, wo immer
die gelegen seien, zur Notdurft von Land
und Leuten, der Wege, Stege und Straßen,
besonders aber der Bergwerke, bestens
erhalten, gehegt und gepflegt werden. Die
wichtigsten Bestimmungen waren:
Der Bergrichter soll alljährlich zweimal,
im Frühjahr und im Herbst, die Wälder in
Augenschein nehmen, damit durch Brände
und Schwenden verursachte Schäden auf-
gedeckt und die Verursacher bestraft wer-
den können.
Der Bergrichter soll diese Wald- und
Holzordnung alljährlich im Frühjahr oder,
sofern erforderlich, an anderen Terminen
anlässlich der Ehaften (Versammlungen)
oder vor den Kirchen oder andernorts im
Beisein der Gerichtsobrigkeit in allen
Oblaien öffentlich verlesen lassen.
Auch sollen die Nachbarschaften in
jeder Oblai in Anwesenheit des Richters
und des Waldmeisters aus ihren Reihen
zwei Männer zu Riegern wählen und be-
stellen. Diese Rieger sind verantwortlich,
dass die Waldordnung eingehalten wird.
Übertretungen der Waldordnung haben sie
dem Richter und Waldmeister anzuzeigen,
damit die Übeltäter bestraft werden kön-
nen. Der Richter hat die beiden Rieger zu
bestätigen und zu vereidigen. Falls die
Untertanen sich weigern, die zwei Rieger
zu bestellen, dann sind Richter und Wald-
meister bevollmächtigt, zwei Männer als
Rieger in die Pflicht zu nehmen. Danach
sollen der Waldmeister und der Richter
und die zwei Rieger in der betreffenden
Oblai und „Comaun“ jedem lediglich so
viel Holz auszeigen, wie er für ein Jahr be-
darf und nicht entbehren kann, damit Holz
nicht vergeudet wird und die Wälder aus-
gehackt werden. Der Waldmeister ist be-
rechtigt, sofern in einer Oblai überschüs-
siges Holz vorhanden, dieses in Bann und
Hegung zu legen, umgekehrt aber, wenn es
an Holz mangelt, den Bann über Wälder
aufzuheben.
Sofern ein Untertan oder mehrere Un-
tertanen Eigenwald haben, der als solcher
urkundlich nachweisbar sein muss, so dür-
fen sie dessen Holz zum Eigenbedarf ver-
wenden. Aber der Waldmeister hat streng
darauf zu achten, dass sie diese Wälder
nicht aushacken oder zu Äckern und Wie-
sen umwandeln, und daher auf Holz aus
den landesfürstlichen Wäldern angewiesen
wären. Von Zeit zu Zeit können sie daraus
etwas Holz mit Wissen und nach Anord-
nung des Waldmeisters schlägern, das für
den Verkauf bestimmt ist. Das geschlä-
gerte Holz darf erst nach der Kontrolle ab-
transportiert werden. Es ist verboten, nach
eigenem Belieben Holz zu schlagen und
den Wald veröden zu lassen, damit es den
Gütern nicht an Holz mangle und den
Grundherrschaften ihre Grundzinse und
Gerechtigkeiten nicht geschmälert werden.
Der Waldmeister hat scharf darauf zu
achten, dass die Holzwerker und Unter-
tanen die ihnen zur Holzbringung zuge-
wiesenen Wälder von oben nach unten
ausschlägern, keine
„Part“
oder
„Hayer“
Titelseite der „Waldordnung in der Herrschafft Luents“, 1548
(TLA, o.ö. Kammer, Kopialbuch Embieten und Befelch 1548, fol. 459)