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griff und die freie Gestaltung des Motivs –
auch im sakralen Bereich – wurde somit Teil
des Interesses der Menschen.
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Stilgeschichte
Stilistisch gesehen tendierte Franz Walch-
egger offensichtlich und mit avantgardisti-
scher Überzeugung dazu, das figurativ-na-
turalistische Darstellungsspektrum in seinen
Personenstaffagen, seinen Stillleben, seinen
Blumen- und Pflanzenarrangements oder in
seinen Genrebildern zu erweitern, um un-
eingeschränkt den prinzipiellen Formgehalt
der Fläche mit der Wertigkeit der Farbe und
auch mit der Textur – ab Mitte der 1950er-
Jahre bevorzugte Franz Walchegger nun die
ausdrucksintensive Bindertechnik als Mal-
mittel für seine Staffeleibilder – zu visuali-
sieren, den Inhalt auf das Wesentliche zu
kumulieren und schlussendlich jede ein-
zelne Form im Bild in Farbakkorden in Be-
ziehung zueinander zu setzen. Die so in
kontrastierte Farbwerte gesetzten Partien im
Bild zählen bereits in den 1940er-Jahren zu
den typischen Stilelementen seiner Kunst.
Das eigentlich Figurative wird als Fläche
behandelt und in Konturen zu einem
Raumbild zusammengefasst. Das Verlassen
des Raumes gelingt beim Maler schließlich
als vergegenwärtigte Abstraktion in den
1960er-Jahren. Dass sich Franz Walchegger
gleichzeitig mit dem Prinzip der analyti-
schen, kubistisch induzierten Bildauflösung
beschäftigte (sie wurde u. a. von Daniel-
Henry Kahnweiler
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bereits in den 1920er-
Jahren postuliert), ist nicht verwunderlich,
sondern beschreibt im Grunde genommen
die zeitlebens indoktrinierte und erfolg-
reiche Suche des Künstlers nach der wahren
Ausdrucksformel für Gestalt, Farbe und
Raum im Bild. In diesem Zusammenhang
und resümierend kann man festhalten, dass
Franz Walcheggers avantgardistische Bild-
sprache nicht nur Teil der österreichischen
Moderne wurde, sondern vor allem Spie-
gelbild seiner Seele.
Eine Auswahl der
dokumentierten Ausstellungen zu
Lebzeiten des Künstlers
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1946 Gasthof „Rose“, Lienz: Osttiroler
Heimatkunst-Ausstellung – Heimatmu-
seum Schloss Bruck (im Lauf der Jahre
finden in dieser Institution wiederholt Prä-
sentationen mit seinen Werken statt);
1949 Heimatmuseum Schloss Bruck:
Krippen-Ausstellung;
1950 Knabenhauptschule in Lienz: Ein-
zelausstellung;
1951 Künstlerhaus Wien: Frühjahrsaus-
stellung – Künstlerhaus Klagenfurt: Herbst-
ausstellung – Knabenhauptschule Lienz:
Ausstellung „Künstlerring Osttirol“;
1952 Künstlerhaus Klagenfurt;
1956 Gründungsausstellung „Akademi-
scher Künstlerbund Osttirol“ in der teil-
weise renovierten Spitalskirche: Initiatoren
waren neben Franz Walchegger, Josef Man-
freda und Adrian Egger (1908-1978),
allen voran Leo Ganzer (1929-2008). Die
kubistischen Tendenzen Leo Ganzers und
Bildwerke mit expressiven, bereits mit
einem tendenziell ins Abstrahierende rei-
chenden Formen- und mehr noch Farben-
duktus Franz Walcheggers sorgten für gro-
ßes Aufsehen, aber auch für Ankäufe durch
das Bundesministerium – Tiroler Kunstpa-
villon in Innsbruck: Herbstausstellung;
1961 Galerie Synthese in Wien: Aus-
stellungsbeteiligung in der von dem Lien-
zer Kunstschaffenden Hermann Pedit
(geb. 1933) mit seinen Partnern Tilo
Baumgartner und Heimo Schrittwieser ge-
gründeten Institution;
1962 Tiroler Kunstpavillon: Einzelaus-
stellung Franz Walcheggers mit seinen ers-
ten gegenstandslosen, rein abstrakten
Kompositions-Bildern;
1964 Franz Walchegger formierte neben
Leo Ganzer, Josef Manfreda und Hermann
Pedit das Konzept zur Etablierung der Städ-
tischen Galerie in Lienz
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, das die nötige
politische Unterstützung erhielt und im
Frühling mit der Ausstellung „50 Jahre
Malerei in Osttirol“ eingeleitet wurde – im
Herbst in der Städtischen Galerie in Lienz:
Einzelausstellung mit kubistischen Anklän-
gen, Maskendarstellungen und Stillleben.
Kurzbiografie
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1913 Geboren am 1. April als jüngstes
von drei Geschwistern in Lienz/Tirol
1919-1927 Nach dem Besuch der fünf-
jährigen Volksschule und der dreijährigen
Bürgerschule
1928-1931 Lehre als Maler und An-
streicher
1933-1935 Mal- und Zeichenschule bei
Toni Kirchmayr in Innsbruck
1935-1941 Studium an der Akademie
der bildenden Künste in Wien bei Wilhelm
Dachauer und Ferdinand Andri
1939-1945 Kriegsdienst in Schongau/
Bayern, Olmütz/Mähren und Bitsch bei
Saarbrücken; als erfolgreicher Kriegsmaler
zahlreiche Aufträge für Wandgemälde
OSTTIROLER
NUMMER 4-5/2013
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HEIMATBLÄTTER
Studie zum
Thema „Familie“;
Kohle auf Papier,
Passepartout-
Ausschnitt 39,7 x
55,5 cm; bez. unten
Mitte: F. W.
(Privatbesitz)
1964: „Stillleben mit
Krug und Obst-
schale“; Kohle/
Kreidegrund auf
Weichfaserplatte,
69,5 x 59,8 cm;
bez. links unten:
F. Walchegger 64.
(Privatbesitz)
6 Entwurfsskizzen zum Thema „Schutzmantelmadonna“ und „Adam und Eva“; Bleistift
auf Papier, 19,1 x 28,2 cm; nicht bezeichnet.
(Privatbesitz)