Seite 6 - H_2013_04_05

Basic HTML-Version

nach dem Elternhaus auch dort für einige
Jahre ein Atelier einrichtete. Es war
schließlich 1955 das 25 m
2
große Fresko
mit dem Titel
„Das Leben“
(Ecke Allee-
straße/Defreggerstraße) an der Ostfassade
des Hauses, mit dem der Maler nicht von
ungefähr großes Aufsehen erregte, sondern
als Kunstschaffender einem Initiationsakt
gleich, damit sein individualisiertes
Malbedürfnis bestätigte. Die Journalistin
Irmgard Schulz schrieb darüber 1955 im
„Osttiroler Boten“:
„In weich und flächig
gemalten und doch kraftvoll gegenständ-
lichen Konturen, sprühend vor Farbe und
beinahe bizarr in der Gegenüberstellung
der Formen und der bildlichen Texte über-
rascht einen hier eine in Bildsprache aus-
gedrückte, eindringliche Allegorie des
Lebens …“
15
Dieses Haus verkaufte Franz
Walchegger jedoch, um sich 1957 in
Matrei in Osttirol ein neues Domizil in
Abgeschiedenheit einzurichten. Von der
Witwe des Berliner akademischen Malers
Horst Eichholz (1885-1948) erwarb der
Künstler das 1924/25
16
errichtete Berghaus
in Hinterburg Nr. 13 und baute dieses
schließlich zu einem respektablen Wohn-
und Atelierhaus um. Es ist besonders er-
wähnenswert, dass die abgelegene Situie-
rung des Hauses am Berg seinem Inspira-
tionsgeist optimal entgegen kam. Denn,
rückblickend betrachtet, malte Franz
Walchegger gerade in Matrei in Osttirol
seine für die österreichische Kunstge-
schichte maßgeblichsten Bildwerke.
In den folgenden Jahren bis zu seinem
Tod 1965 gestatteten ihm zahlreiche
interessante Aufträge seinen eigenwillig
expressiven Darstellungsstil zu pflegen,
ihn sozusagen öffentlich zu machen und
schlussendlich damit seine Wertigkeit als
Moderner zu bündeln.
Die Auftragslage besserte sich stetig, so
unter anderem mit der Freskierung von
Hausfassaden mit vorwiegend historischen
Szenen (1958 Haus Hans-von-Graben-
Gasse Nr. 2 in Lienz; Erker des Gerichtsge-
bäudes in Matrei in Osttirol), mit der Aus-
gestaltung von Kaffeehäusern oder Gast-
stätten (1955 Rathaus Café in Lienz) mit
Wandbildern, die meistens milieu- bzw.
genrebestimmte Themenkreise umspannen.
Dazu zählen Schulhaus- und Kindergarten-
fassaden mit Motiven, die „unter höherem
Schutz stehende Kinder“,
„Lehrer und
Schüler“
(1956 Kindergarten Sillian; 1957
Gemeinde- und Schulgebäude in Inner-
villgraten; 1958 Handelsschule, 1959
Berufsschule Lienz; 1963 Volksschule
Nußdorf-Debant) oder natürlich die inhalts-
starken Sujets der
„Familie“
und Themen
des „Ablauf des Lebens“ behandeln. Zeit
seines Lebens war Franz Walcheggers
Agieren als Künstler (was durchaus auch
mit seinem Naturell korrelierte) einem stark
polarisierenden Diskurs ausgesetzt, in des-
sen Verlauf missverstandene Interpretatio-
nen, Süffisanz und Verhöhnung ihm von Sei-
ten engstirniger Kritiker – interessanter
Weise meistens in Form von Kommentie-
rungen in lokalen Zeitungen – entgegenge-
bracht wurden. Aber, in einem noch weiter
ausgreifenden Ausmaß reihen sich positiv
abwägende Reaktionen aus allen Teilen der
Bevölkerung bezüglich der Verständlichkeit
der Inhalte und der Figurationsstaffagen,
speziell bei den Darstellungen für Wandge-
mälde im öffentlichen Raum, an jene der be-
fürwortenden Haltung seiner Kunst gegen-
über an. Als es im Frühling 1959 zu einem
Vandalenakt an dem 1958 gemalten Giebel-
fresko der Bachkapelle in Matrei in Osttirol
mit dem Motiv der
„Schutzmantelma-
donna“
(die untere Partie des Wandbildes
wurde mit Kalkfarbe überschmiert und
damit schwer beschädigt) kam, war man
nicht nur in der Kunstwelt über diese Tat er-
schüttert, die Diskussion um den Kunstbe-
OSTTIROLER
NUMMER 4-5/2013
6
HEIMATBLÄTTER
1961: „Landschaft im Mondlicht“; Bindertechnik auf
Faserplatte, 54,5 x 64,5 cm; bez. links unten: F. Walchegger 61.
(Privatbesitz)
1962: Abstrakte Komposition „Im Garten“; Bindertech-
nik auf Hartfaserkarton, 99,5 x 99,5 cm; bez. links unten:
F. Walchegger 62.
(Museum der Stadt Lienz Schloss
Bruck, Liebburg. Inv. Nr. 8465)
Teilnehmer an der Pressekonferenz anlässlich der Einzelausstellung im Tiroler Kunst-
pavillon in Innsbruck 1962: Zwischen dem Künstler und seiner damaligen Partnerin Elfi
Hasslmayr sitzen HR Dr. Josef Ringler, Direktor des Tiroler Volkskunstmuseums, und
(verdeckt) der Kunsthistoriker Univ.-Prof. Dr. Heinz Mackowitz; die weiteren Herren
(v. r.) Dr. Erich Egg, Direktor des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum, Amtsrat Josef
Steurer, Dr. Friedrich Haider (?) vom ORF und der Kulturjournalist Alfred Strobel.
Unbekannter Fotograf
(Privatbesitz)