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Stadt Lienz den Auftrag erhielt, die Nord-
fassaden zweier 1939 fertig gestellter Ge-
meindebauten (Architekt war Sepp Wolf-
gang) in der Wolkensteinerstraße Nr. 5 und
Nr. 7 in Lienz mit Fresken zu gestalten.
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Es sind die Themenkreise rund um „Fa-
milie“ und „Berufsstände“, die dort in
insgesamt fünf Einheiten ein Bildsujet
widergeben, das nur zu einem Teil propa-
gandistischen Klischees in der Ausführung
entsprach (1946 wurden jene mit natio-
nalsozialistischen Insignien versehenen
Partien am Haus Nr. 5, Hakenkreuz und
zum Hitlergruß erhobene Hand, wieder
entfernt), zu einem weitaus wichtigeren
Teil jedoch geben sie Ausblicke frei, auf
den eigentlichen Formenduktus späterer,
von ihm konzipierter Bildwerke. Natürlich
stand der damals 26-jährige Maler noch im
Einflussbereich seines für die Klassische
Moderne so bedeutenden Vorbildes Albin
Egger-Lienz (1868-1926); aber, die für
jeden Künstler entscheidende Loslösung
von einer Vorgabe – hier ist es dessen
Figurationsstil – gelingt Franz Walchegger
bereits mit großer Eigenständigkeit und
Eindringlichkeit der umzusetzenden Par-
tien. Während des Krieges gaben zahl-
reiche interessante Aufträge in den bereits
erwähnten Städten Schongau, Olmütz
und Bitsch, Franz Walchegger die Mög-
lichkeit, sich als so genannter Kriegsmaler
zu profilieren.
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Neben Wandgemälden für
Speisesäle und Stiegenhäuser von Kaser-
nen, Offiziersräumen und Unterkünften für
Soldaten, war die künstlerische Ausstat-
tung des Theaters in Bitsch 1943 mit der
Darstellung von über 60 Figuren aus der
Theaterwelt für die Bühnen-Kulissen ein
spektakuläres Ereignis, denn anlässlich der
Eröffnung wurden zwei Festvorstellungen
gegeben, in deren Rahmen die Arbeit des
jungen Künstlers gefeiert wurde.
Weitere Einblicke in das Leben
des Malers
Gerade in Osttirol war die Lebenssitua-
tion in den Nachkriegsjahren wirtschaft-
lich schwer gezeichnet und insbesondere
für kunstschaffende Menschen bestand nur
sehr verhalten die Möglichkeit, sich mit
dem Verkauf ihrer Kunst den Lebensun-
terhalt zu verdienen. Auf Initiative des
Lienzer Architekten und Künstlers Josef
Manfreda (1890-1968) wurde im Septem-
ber 1946 im Gartensaal des ehemaligen
Gasthofes „Rose“ die erste „Osttiroler
Heimatkunstausstellung“ eröffnet, die mit
Kunst und kunsthandwerklichen Arbeiten
bestückt und mit der Auflage versehen
war,
„vornehmlich Qualitäts- und Spit-
zenleistungen zu zeigen.“
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In einer an-
schließenden Reaktion im „Osttiroler
Boten“ wird die Ausstellung der Künstler,
wie Josef Manfreda, Oswald Kollreider,
Sepp Defregger und eben Franz Walchegger,
der das „,
Porträt seines Vaters‘, voll Natür-
lichkeit und bedeutendem Ausdruck“
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vor-
stellte, als hoffnungsvoll beschrieben. Im
selben Jahr bot die „Krippen-Ausstellung
lebender Osttiroler Künstler“ im Heimat-
museum Schloss Bruck Künstlern ver-
schiedenster Generationen wieder die
Möglichkeit, ihre Kunstwerke nach den
schweren Kriegsjahren und mitten im kar-
gen Wiederaufbau, der Bevölkerung zu
zeigen bzw. dadurch auch den Verkauf
anzuregen. Dementsprechende Appelle,
die Ausstellungen auch zu besuchen, fand
man in regelmäßigen Abständen in Aus-
gaben lokaler Zeitungen. Nach dem Wie-
deraufbau des Heimatmuseums und der
damit einhergehenden Neuaufstellung des
Inventars begann unter der Führung
von Kustos Dr. Franz Kollreider der stän-
dige und auch der sammelorientierte
Museumsbetrieb, um nun ein weiterer Ort
der Präsentationsmöglichkeit zu werden.
Ein wichtiger Schritt im Interesse der
Künstler war von politischer Seite die
Einführung der so genannten 2%-Klausel,
wonach dieser Anteil einer veranschlagten
Bausumme für die Kunst am Bau anzu-
wenden sei
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– ein sehr respektables Un-
terfangen, das die Auftragslage für die bil-
denden Künstler im Bezirk Lienz maß-
geblich anhob. Franz Walcheggers Fresko
„Frau Holle“
im Torbogen der 1951 neu
errichteten Volksschule in Mittewald an
der Drau zählt zu den ersten Aufträgen, die
in diesem Rahmen vergeben wurden. Im
stimmigen Anschluss an die Reihe von
Aufträgen für den öffentlichen Raum,
wobei hier Wandbilder zu den vorrangigen
künstlerischen Darstellungsformen zählen,
gelingt es Franz Walchegger im privaten
Rahmen als Porträtist, die außerordent-
liche Hintergründigkeit seines Gegenübers
mit jenen für den Maler charakteristischen
Farbakkorden wiederzugeben, die offen-
sichtlich imWiderspruch zu realen visuel-
len Erfahrungswerten stehen und sich
dementsprechend polarisierend auf das
Meinungsprofil seiner Mitmenschen aus-
wirkte. Weniger das Moderne der Form,
als vielmehr das Avantgardistische der
Farbe war entscheidend dafür verantwort-
lich, dass die Kunst Franz Walcheggers zu
seiner Zeit nicht selten missverstanden
wurde und, kaum übersehbar, der verein-
zelt sehr harschen Kritik ausgesetzt war.
Zu den ersten wichtigen, von öffent-
licher Hand erteilten Aufträgen zählen
unter anderem 1951 die Darstellung der elf
Tiroler Städtewappen für das Rathaus (Jo-
hannesplatz Nr. 10) der Stadt Lienz, 1952
das Porträtieren der damals noch lebenden
sechs Bürgermeister von Lienz im Rah-
men der 700-Jahr-Feier der Stadt – zum
selben Anlass gestaltete Franz Walchegger
auch das Festwochen-Programmheft; es
folgte 1955 gemeinsam mit der Malerin
Gertrude Purtscher-Kallab (1913-1995)
und dem Virger Bildhauer Gottfried Fu-
etsch (1909-1989) der Zuschlag zur Ge-
staltung der östlichen Erkerpartie des bis
1945 etablierten Alten Rathauses (Mu-
chargasse Nr. 1) in Lienz, wobei das Wand-
bild Franz Walcheggers mit dem Titel
„Görzer Graf und Minnesänger Burggraf
Heinrich von Lienz“
1989 an die Südfas-
sade transferiert wurde (die anderen Kunst-
werke konnten nicht erhalten werden).
Im familiären Rahmen wurde 1952 das
Wohngebäude in der Alleestraße Nr. 12
vorsorgend vom Vater Franz Walcheggers
auf seinen Sohn überschrieben, der sich
OSTTIROLER
NUMMER 4-5/2013
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HEIMATBLÄTTER
1960:
„Farne“;
Bindertechnik
auf Faser-
platte, 84,3 x
87,8 cm; bez.
links unten:
F. Walch-
egger 60.
(Sammlung
Raiffeisen-
Landesbank
Tirol)
Sechs Skizzen
zum Thema
„Farne“ und
„Familie“;
Bleistift auf
Kalender-
blatt
(Rückseite),
24,2 x 17 cm;
nicht
bezeichnet.
(Privatbesitz)