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an der Lugau, Und sich alle dahin ver-
sprochen mit einem opfer, das die Muetter
Gottes Ihnen Ihr Gnad erzeiget und die
Prunst beende. So baldt sy die ganze Nach-
paurschafft an die Luggau verhaissen, Ist
das Feuer niedergefallen und nit weiter
khummer und Schaden gethon. Was zu meh-
rer Wahrheit und Zeugnis hat Herr Hay-
merandt Pfarre Tristach mit sainer Handt-
schrifft und Petschafft angezaigt.“
(Mira-
kelbuch A, Nr. 51)
Die Gemeinde Sillian hat in Luggau eine
Votivtafel geopfert zur
„schuldigsten Dank-
sagung“, „daß der Allmächtige Gott aus
seiner Gütte und Barmherzigkeit und für
Bith der Allerheillgsten Jungfrauen Maria,
den Markht Sillian in dem 1657 Jahr er-
schröcklich endtstandenen Feuersprunst er-
halten“.
(Mirakelbuch A, Seite 141)
Am 21. Dezember 1671 ist es passiert,
dass Thomas Khöckh, Wirt in Oberlienz,
beim Essen unversehens ein großes drei-
spitziges Knöchelchen verschluckt hat. Es
blieb im Hals stecken und es drohte
höchste Erstickungsgefahr. Auf Anrufung
der Gnadenmutter von Luggau spritzte
plötzlich das Bein mit lautem Schall aus
dem Hals heraus und der Mann war geret-
tet. Als Zeugen wurden angeführt: Andrae
Mörhauser aus Gaimberg und sein Nach-
bar. (Mirakelbuch A, Nr. 80)
Im Mirakelbuch A (Nr. 79) ist u. a. ver-
merkt, dass im Jahr 1672 die erblindete
Lucia Millerin von Leisach, von einer Frau
geführt, zur Luggauer Muttergottes ge-
gangen sei. Beim Eintritt in die Gnaden-
kirche sah sie plötzlich einen hellen Schein
vor den Augen. Sie wankte hin zum Gna-
denaltar, betete und flehte – und die Augen
gingen ihr auf, es wurde ganz licht und
Lucia sah wieder wie früher.
Eine interessante Eintragung bezieht
sich auf einen Dämon, von dem eine Frau
besessen war:
„Bai Lientz im Jahre 1673
war ein Weib gequellet, alß war sie mit
dem bösen Geißt besessen. Ir Nam ist
Maria Mueßhauserin.“
Gelegentlich einer
Wallfahrt nach Maria Luggau wurde sie
von ihrer Krankheit befreit. Sie opferte
eine Votivtafel mit der Abbildung, wie ihr
der böse Geist aus dem Mund fährt. (Mira-
kelbuch A, Nr. 89)
Auch aus dem 18. Jahrhundert sind ge-
nügend Beispiele überliefert. Eines bezieht
sich auf einen Lienzer Bürger: Der Stadt-
richter Joseph Rautter litt bereits zwei Jahre
an einem schmerzlichen „
laipschaden
“.
Alle ärztliche Hilfe war umsonst. Das Lei-
den verschlimmerte sich und wurde todes-
gefährlich. Rautter nahm seine Zuflucht zur
Schmerzhaften Mutter, verlobte alljährlich
eine Wallfahrt nach Kötschach und Luggau
zu unternehmen – und war eines Morgens
gesund. Diese Gebetserhörung ist gesiegelt
und trägt die Unterfertigung:
„1737. Joseph
Rautter, der Zeit Stattrichter in Lientz.“
(Mirakelbuch A, Seite 186)
Noch ein Beispiel einer Gebetserhörung
aus Lienz: Am 12. April 1747 brachte Frau
Oberhueber, Kaufmannsgattin aus Lienz,
eine Votivtafel nach Luggau und meldete,
dass ihr 1 ½-jähriges Söhnchen von einer
heftigen Fieberkrankheit geplagt, vomArzt
bereits aufgegeben, aber auf Fürbitte der
Luggauer Gnadenmutter plötzlich gesund
geworden sei. (Mirakelbuch B, Seite 15)
Das Mirakelbuch B für den Zeitraum von
1738 bis 1860 ist in Bezug auf die Schil-
derung von Gebetserhörungen von Gläubi-
gen aus dem Drautal, der Lienzer Gegend
und der ganzen Iselregion besonders ergie-
big. Von den 605 Vorkommnissen beziehen
sich 162 auf das heutige Osttirol!
Viele in den Mirakelbüchern überlieferte
besondere Ereignisse sind auch in Dar-
stellungen auf den Votivtafeln dokumen-
tiert. Im Kreuzgang des Luggauer Klosters
ist die vertrauende Liebe, sind Hilfe und
Dank in Votiven und Weihegaben überlie-
fert; einst waren es viele dieser Dankes-
zeichen, heute sind es nur mehr wenige.
Sie häuften sich so, dass immer wieder
damit aufgeräumt werden musste.
Wallfahrtstage und Kreuzgänge
19
Luggau zählte um 1900 jährlich bis zu
25.000 Wallfahrer, bis zu 20.000 Kommu-
nikanten und reihte sich somit in die
Gruppe der zweitgrößten Wallfahrtsorte
Österreichs ein, gleichbedeutend mit Wei-
ßenstein, Maria Enzersdorf, Rankweil,
Luschari und Schmolln. Von Osttirol aus
wurde Luggau immer schon stark besucht.
Diese Kreuzgänge sollen hier besonders
herausgehoben werden. Der erste große
Wallfahrtstag war immer schon der
Schmerzensfreitag, das ist der Freitag vor
dem Palmsonntag. Der Pfingstmontag
brachte Kreuze von Obertilliach und Un-
tertilliach. Am Freitag von Fronleichnam
traf die Prozession aus Aßling ein. Am
Fronleichnamssonntag kam der größte
Kreuzgang von Untertilliach an. Am Peter-
und Paulsabend kamen die Kartitscher. Der
Vorabend des 4. Juli brachte den Kreuz-
gang der Anraser, der Freitag nach St. Mar-
gareta, 12. Juli, die Oberlienzer und der
Freitag darauf die Schlaitner. Im 19. Jahr-
hundert gab es eine große Anzahl von
Kreuzgängen. Um 1813 ist die Matreier Vo-
tivprozession das letzte Mal genannt, 1875
die von Strassen, ungefähr um die selbe
Zeit verschwindet die von Sexten aus den
Aufschreibungen und nach 1880 die von
Nikolsdorf. Die Leute von Schlaiten und
Oberlienz waren um jene Zeit noch vom
Seelsorger geleitet. Das Anraser-Kreuz
brachte vor dem Ersten Weltkrieg ungefähr
80 bis 100 Personen, Aßling ebenso, Ober-
lienz, Schlaiten 60 bis 80, Kartitsch 30 bis
50, Obertilliach 60 bis 80, Untertilliach 40
bis 60, in den 1920er-Jahren waren es etwa
um 10 % weniger. 150 bis 200 Personen
aber kamen mit der Prozession der Ober-
drauburger. Noch stärker waren die „Kreuz-
völker“ – wie man sie nannte – aus dem ita-
lienischen Nachbargebiet.
Heute ist es so, dass im Jahr rund 40.000
Pilger den Wallfahrtsort Maria Luggau be-
suchen. Rund 160 organisierte Wallfahrer-
gruppen, davon etwa 70 Gruppen über 40
Personen und 15 Gruppen über 100 Per-
sonen kommen jährlich nach Luggau. Be-
sonders aus Osttirol und Oberkärnten
kommen seit einigen Jahrzehnten regel-
mäßig Wallfahrergruppen meistens über
den Kofelpass.
Jeweils am Pfingstmontag unternehmen
rund 80 Bewohner aus Ober- und Untertil-
liach regelmäßig eine Fußwallfahrt entlang
der Bundesstraße in den Wallfahrtsort.
Mitte bis Ende Juni unternimmt seit
1998 die katholische Arbeitnehmerbewe-
gung Lienz die Fünf-Tage-Wallfahrt Lienz
– Maria Luggau – Kalkstein.
Laut Aufzeichnungen des Klosterarchivs
Maria Luggau gibt es seit dem Jahre 1800 je-
weils am ersten Sonntag im Juli die Wall-
fahrt der Oberlienzer, an der immer rund 100
Personen teilnehmen. Bis Ende der 1960er-
Jahre war dies eine zweitägige Wallfahrt.
OSTTIROLER
NUMMER 3/2013
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HEIMATBLÄTTER
Beispiele für die zahlreich gestifteten Votiv-
tafeln und Weihegaben im Kreuzgang, vor-
wiegend aus der 1. Hälfte des 19. Jahrhun-
derts stammend. (Foto: Kornelia Wallner)
Eine von Maria Goller aus Tilliach gestif-
tete Votivtafel zum Dank für einen im Jahr
1875 glücklich überstandenen Unfall.
(Foto: Christoph Oberluggauer)