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OSTTIROLER
NUMMER 8-9/2012
3
HEIMATBLÄTTER
EINLEITUNG
Im Archiv Museum Schloss
Bruck wurde das offenbar noch
nicht genauer ausgewertete Her-
bar des Lienzer Botanikers Tho-
mas Pichler (12. Oktober 1828
bis 30. August 1903) gefunden
und zur Auswertung im März
2012 überbracht. Eine innen an-
gebrachte Notiz lautet: „Ge-
schenk des Apothekers Her-
mann v. Erlach, Lienz am 20.
Feber 1940, Städt. Verwaltung
des Egger-Lienz-Museums“.
Insgesamt wurden 406 Arten
von Farnen und Blütenpflanzen
in 24 Mappen registriert. Sie
verteilen sich gemäß Original-
beschriftung auf Osttirol 259,
Kärnten 53, Salzburg 34, Krain
39, Südtirol 16, Istrien 4 und
Niederösterreich 1.
Es wurde versucht, nach F
I
-
SCHER
, A
DLER
& O
SWALD
2005,
alle derzeit gültigen botani-
schen und gebräuchlichen deut-
schen Namen samt Zugehörig-
keit zu den geltenden Familien
festzuhalten. Die Grundlage
dafür bildete die bereits erfolgte
Bestimmung und Beschriftung:
Name der Pflanze, Fundort,
Sammler, Datum, meist ohne
Höhenangabe. Mehrere Ände-
rungen, Hinweise und Ergän-
zungen dazu übermittelte OR
Dr. Adolf Polatschek, Wien,
dafür sehr herzlichen Dank. Die
Einzelblätter sind trotz ihres
Alters von rund 130 Jahren recht
gut erhalten.
LEBENSLAUF
Thomas Pichler wurde am 12. Oktober
1828 am Meßnergut in Oberleibnig, Ge-
meinde St. Johann i. W., geboren. Sein
Vater verkaufte das Gut und erwarb in
Lienz das Anwesen „Mattl“ (Rindermarkt
215, heute Beda Weber-Gasse 30, „Unter-
luggauer“). Erzherzog Johann hatte in Bad
Gastein einen Alpengarten und kam nach
Lienz, um seltene Arten in der Kerschbau-
mer Alm zu finden. Da traf er Thomas
Pichler, der ihn auf seinen Wanderungen
begleitete und in der Folge oftmals seltene
Arten über den Tauern nach Salzburg
brachte. Dadurch erwarb er sich Verdienste
und konnte auf Veranlassung des Erzher-
zogs in Graz zwei Jahre eine Fach-Aus-
bildung am Botanischen Institut erhalten.
Nach dem Tod des Erzherzogs 1859 ging
der Besitz in Gastein an den Grafen Meran
über, der Pichler als Gärtner behielt.
Seine vielen Reisen begannen in Nach-
bargebieten wie Plöcken oder Seiser Alm,
dann folgten Istrien, Dalmatien, Balkan,
Griechenland, Italien. Die zahlreich ge-
sammelten Pflanzen ergaben die Möglich-
keit zu einem lebhaften Handel mit Gärt-
nern, Sammlern, auch Apotheken und
Instituten bis London. Etwa 30 Jahre dau-
erten diese Sammelreisen über Kleinasien
in den Kaukasus, Elbrus bis Persien,
Afghanistan, Turkestan und 1891 nach
Palästina.
Das größte erhaltene Herbar besaß wohl
die Hauptschule Lienz mit Belegen aus der
Heimat, von Krain, Istrien, Griechenland.
„DemVernehmen nach wurden leider grö-
ßere Mengen vor Jahren wegen Platzman-
gel und aus fehlendem Interesse vernich-
tet“. – Der Biologielehrer an dieser ehe-
maligen Hauptschule Lienz-Nord und
spätere Direktor der Hauptschule Egger-
Lienz OSRAlois Heinricher hat von 1969
bis 1982 als Biologielehrer dieses Herbar
mehrfach im Unterricht benützt, die wei-
tere Verwendung oder Behandlung ist auch
ihm unbekannt (telefonische
Mitteilung 18. Juli 2012).
Thomas Pichler war zweimal
verheiratet. Die erste Frau Maria
Welser vom Pfaffenebnergut in
der Beda Weber-Gasse schenkte
ihm zehn Kinder, die zweite
Frau Maria Totschnig vom Glie-
berhof in Alkus noch vier dazu.
Nur die Tochter Rosa Frau
Moser (Messinggasse Lienz)
lebte 1950 noch. Enkelkinder
waren damals in Lienz, Herma-
gor, Innsbruck und München
verstreut. Der Sohn Heinrich
war Stadtförster von Lienz und
fiel im Ersten Weltkrieg, ebenso
der zweite Sohn Alois. Der Sohn
Johann hat vor allem im Raum
Lienz Pflanzen gesammelt und
wird auf den Herbarblättern
etwa 120 mal zitiert.
Im Jahre 1886 erbaute Tho-
mas Pichler ein Haus in der
Schlossgasse (heute Nr. 27), wo
er auch am 30. August 1903 ver-
starb und in Lienz begraben
wurde. Er war auch ein ge-
schickter Maler, Modelleur für
Plastiken, ein „bescheidener
Ökonom“ mit kleinem botani-
schen Garten. Eine bescheidene
Rente von seinem Graf Meran
half über den Lebensabend.
(nach W
ASCHGLER
1950).
Bereits 1884 (A
NONyMUS
1,
Bote für Tirol und Vorarlberg)
berichtet eine Extra-Beilage über
„Eine Reise nach Persien“: Ein
„schlichter Mann“ im „hübsch
gelegenen Lienz“ mit Vorliebe
für die Pracht der Alpenflora und
deren „hübsche Kinder“, 1828 als Thomas
Pichler geboren: 1849 Fremdenführer,
durch Postmeister Josef Kranz in Lienz
dem Erzherzog Johann empfohlen und von
ihm ans „ständische Johanneum“ in Graz
zur Ausbildung in Botanik und Gärtnerei
geschickt. In sechs Zeitabschnitten nach
Dalmatien und Montenegro geschickt von
Gönnern wie R. Pittioni Graz, Dr. Frenzl
Direktor Bot. Garten Wien, R. Tomasini
Triest, R. Hutter, R. Kerner, Churchil
Briston, Th. Waahr London. – Edm. Bois-
sier aus Genf finanzierte vier Exkursionen:
1873: Türkei, Berg Athos, Griechenland,
Triest; 1874: Konstantinopel, Adrianopel,
Triest; 1876: Griechenland, Salamis,
Sparta u. a.; 1882-1883: mit Dr. E. Polak
(1818-1891) Wien nach Persien (Encyclo-
pedia iranica), deren Ergebnisse durch O.
Stapf 1885 in den Denkschriften der Akad.
Wien publiziert wurden, 1883 Rhodos,
Karpathos usw. nach Triest, mit starkem
Fieber heimgekommen.
Oxytropis halleri (Hallers Spitzkiel): Auf der Alpe Teischnitz im
Kalsertal 1880 Pichler (Nr. 1 unten); Astragalus onobrychis
(Langfahnen-Tragant): Auf der Amlacher Tratte nächst Lienz
1886 Th. P. (Nr. 2 oben).
(Bei allen Abbildungen aus dem Herbar sind die derzeit gülti-
gen Namen unterstrichen.)
Alois Kofler
Ein „antikes“ Herbarium
im Museum Schloss Bruck
Thomas Pichler (1828-1903), Botaniker und Hofgärtner von Erzherzog Johann