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OSTTIROLER
NUMMER 5/2012
2
HEIMATBLÄTTER
It(em) x Harnasch kytl, It(em) xi panzer poß
und gut, It(em) x panzer kräglain, It(em) ain
vergults krägl
[durchgestrichen und ausge-
bessert auf:]
tärtschly, It(em) mer schurz
und ermly, It(em) i mardt hagkhn, It(em)
mer i partisan“.
Es folgt noch der (etwas pi-
kiert klingende) Vermerk, dass Herr Virgil
von Graben den Leibharnisch des Leonhard
von Görz „
hat in sein Haus lassen tragen“
.
3
Es ist dies ein sehr umfangreiches Inven-
tar, das zunächst einiger Begriffserklärun-
gen bedarf. „
Stächlain“
bedeutet in diesem
Kontext stählern, eisern oder auch mit
Eisen beschlagen und „
messreins“
aus
Messing gefertigt, während „
lidrein“
für
ledern und „
vergult“
für vergoldet bezie-
hungsweise mit Gold geprägt oder mit
Goldeinlagen versehen zu stehen hat.
Viele der verwendeten Bezeichnungen
sind – wenn auch nicht durchwegs häufig
verwendete – Begriffe in der Waffenkunde;
so sind „
straiftartschn“
Oberschenkelpan-
zer
4
, „
Renntartschn“
jedoch an der Har-
nischbrust zu befestigende Turnierschilde
5
,
und „
tartschn“
ohne weitere Attribuierung
kleine Schilde.
6
Schifftung“
bezeichnet
einen vor allem im 15. Jh. gebräuchliche
zweiteilige Form des Brustharnisches,
wobei die untere Platte bisweilen wie ein
hochgezogener Schiffsbug gearbeitet ist
7
;
aufgrund der Verwendung des Begriffes in
diesem Inventar in Verbindung mit „
Renn-
tartschn“
und „
Ronscheybn“
ist an dieser
Stelle wohl auch eine alternative Bedeu-
tung, etwa für eine spezielle Riffelung der
Oberfläche, zu denken. „S
webscheibn“
sind runde Metallplatten, die die beim Plat-
tenharnisch besonders verletzlichen Ach-
selhöhlen schützen sollen
8
, „
Spangrrol“
(oder „-
wol“
) sind Achselstücke aus Plat-
ten, die auch den Oberarm bis zum Ellen-
bogen schützen.
9
„G
eliger“
bezeichnet
meist den hinteren Teil der Pferdepanze-
rung und „
fursteg“
die Brustpartie
10
, da im vorliegenden Inventar aber oft der Begriff
„Hälß“
in Verbindung mit dem ersteren
verwendet wird, kann man hier wohl von
einer kompletten Körperrüstung für das
Pferd ausgehen, während „
fursteg“
eventu-
ell nur für besonders verstärkte Brustteile in
Erwägung zu ziehen ist; „
stiern“
dürfte die
Panzerplatte für die Stirnseite des Pferde-
kopfes bezeichnen. Beim „
mardt hagkhn“
ist eine Stangenwaffe ähnlich oder gleich
dem Rossschinder zu verstehen, während
die „
eysen kolbn“
wohl Formen des Streit-
kolbens darstellten. „
Darzn“
schließlich
sind (zumeist befiederte) leichte Wurf-
speere
11
, das „
Kröndl Zewg“
(auch „
kröni-
ger“
genannt) die mehrkantige Spitze der
Turnierlanzen
12
, „
pardt“
ist schließlich eine
mittelhochdeutsche Bezeichnung für beil-
oder axtartige Hiebwaffen, an dieser Stelle
ist vielleicht auch an Stangenwaffen in
Form von Glefen oder Cousen zu denken.
Ein weiteres Inventar aus diesem Jahr
1501 führt für die „
vordern stubn im
Frawenzimmer“
ein großes langes Messer
und zwei große Schwerter sowie „
in meins
Herrn kammer“
15 Speere, 11 Bären-
spieße, 1 Lanze und 11 Pfeile
13
an, wobei
man hier vielleicht schon teilweise Deko-
rationscharakter attribuieren kann. Bären-
spieße gleichen von ihren Abmessungen
und den vorhandenen Querriegeln her den
bekannteren Sauspießen, doch sind sie für
die Bärenjagd konzipiert und weisen oft
eine längere Spitze auf.
14
Als Sauspieß
wird die in Matrei gefundene Eisenspitze
mit zwei Flügeln angesprochen, die wohl
ins 15. Jahrhundert zu datieren sein dürfte.
In einem Inventar aus dem Jahr 1505 sind
zwei „schwere“, sechs mittlere und 23
Handfeuerwaffen
15
erwähnt. Der Nachlass
Veits von Wolkenstein aus dem Jahr 1538
erwähnt in der Thürnitz von Bruck drei Käs-
ten, „
in denen der Harnisch infentiert ist“
16
,
während das Inventar des Rentamtes u. a.
„acht kleine Geschütze auf Lafetten, darun-
ter eines aus Eisen, alle aber schlecht“
nennt. Laut dem sog. Stöllungs-Inventarium
(23. Mai 1749) „
befinden sich auf Schloss
Prugg 2 Ristkammer mit Harnisch, Döckl-
hauben, Hellparten, Säbel, altem Schießge-
wöhr und dergleichen mehr eingericht“
.
17
Es verwundert zunächst, dass die Rüst-
kammern samt Inhalt in den beiden mitt-
leren Inventaren mit keinemWort erwähnt
werden; aufgrund der numerischen Über-
einstimmung dürfte es sich bei den eiser-
nen Geschützen auf Lafetten im Inventar
des Rentamtes wohl um die bereits 1505
erwähnten Waffen handeln, von denen
zwei wohl mit einer der „
ii kurtze alte eys-
nern puchsn“
und der
„stainpuchsn“
aus
dem Inventar von 1500 und die übrigen
mit den Typen der Hauptstücke (Ge-
schützgewicht 6 bis 10 Tonnen, Kugelge-
wicht 25 bis 50 kg) und der Terrassen-
büchsen (Geschütz 1 bis 3 Tonnen, Kugel
5 bis 10 kg
18
) gleichzusetzen sind.
Um 1780 haben wir noch Notiz, dass die
noch brauchbaren Waffen von der Regie-
rung in Innsbruck abtransportiert und 50
Zentner an alten Harnischen in Lienz als
Alteisen verkauft wurden.
19
Diese Angabe
vermittelt nicht nur einen anschaulichen
Eindruck über die Menge des in Schloss
Bruck vorhandenen alten Rüstmateriales –
nach Umrechnung gemäß dem Wiener
Pfund von 560 g
20
nicht weniger als 2,8
Tonnen – sondern auch über die Wert-
schätzung desselben im ausgehenden 18.
Jahrhundert, die praktisch nur mehr den
Rohstoffwert der Stücke sah.
Görzer Haus
In Lienz selbst hatten die Görzer Grafen
ebenfalls einen Sitz mit einem umfangrei-
chen Waffenlager, nämlich das sogenannte
Görzer Haus am Hauptplatz in Lienz. Für
das „Haws zu Luentz“ wird ein „Zeughaus-
inventar“ von 1500 angeführt: „
It(e)m i
swert, i Ritterisch messer
,
it(em) iii ritter-
meßig dögn, it(em) i swert, iiii armbrost,
it(em) ii swert, ii handtpuchsn, it(em) i
Lanngs messer, it(em) ii fryauler spiess,
it(em) xv alt köcher, it(em) ii Tartschl, ii
Spieseysn, it(em) lxxxvi swert messer und
degen alt und new, it(em) i vangkhnuss
eysn, it(em) i coratzin, iii Sabl, it(em) ii ver-
gult köcher, it(em) i vanckhnus ketn, it(em)
ii stächlern pögn, it(em) x alt armbrost,
it(em) ii armgerät zu dem koratzin, it(em) ii
helmpartn, it(em) i Turkisch kocherly,
it(em) Liii Zylpolz, lt(em) merbey L schrot-
polzn und stäl, it(em) mer xLiii zylpolz,
it(em) mer xLviii sweinspieß alt und new,
it(em) iii alt pekt Huet, it(em) iiii alt arm-
brost, it(em) i krappn, it(em) i Eysner kolbn,
it(em) i alspieß, it(em) aber in ainer truhen
etlich stugk zu staig und Brechzewg, It(e)m
xvi alt armbrost i windn, it(em) i stachl, i
Erste Seite des Inventars des sog. Görzer
Hauses am Unteren Stadtplatz in Lienz.
(Innsbruck, Tiroler Landesarchiv, Inv. A 212)
Älteste Ansicht von Schloss Bruck, Aus-
schnitt aus der Lienz-Ansicht von 1606/1608
als Beilage zum Geschichtswerk „Der Tiro-
ler Adler“ von Matthias Burglechner.
(Wien, Haus-, Hof- und Staatsarchiv)