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Da Burgen nicht nur ein Symbol
von Macht und Herrschaft, sondern in
ihrer ursprünglichen Bestimmung
auch und nicht zuletzt sehr reelle Fes-
tungen waren, überrascht es wenig,
dass die Bewaffnung hier immer
schon eine große Rolle spielte. Jedoch
stehen heute die meisten Rüstkam-
mern der Burgen in Osttirol leer, und
auch archäologisch finden sich oft nur
mehr spärliche materielle Belege für
diesen Aspekt der Wehrhaftigkeit.
Es wurde jedoch nicht selten – in
einem Erbfall, bei einemVerkauf oder
einer Pfändung – eine Liste des ge-
samten festen und beweglichen In-
ventars einer Burg erstellt, und meist
enthielt diese auch eine mehr oder
weniger detaillierte Aufzählung des
vorhandenen Rüstmaterials.
Natürlich handelt es sich hierbei um
Momentaufnahmen, also nicht um die
komplette jemals vorhandene Ausrüs-
tung. Jedoch lassen sich anhand dieser
Aufzählungen doch viele Informatio-
nen, im Falle von mehreren für eine
Burg erhaltenen Listen auch Trends zu
Verlust, Ausmusterung und Ankauf
von Waffen ableiten. Stellvertretend
für die mittelalterlichen Befestigungen
im Bereich des heutigen Osttirol sei
hier die fassbare Entwicklung zweier
Rüstkammern aus dem Lienzer Tal-
becken vorgestellt.
Schloss Bruck
Für die görzische Residenzburg
Schloss Bruck bei Lienz existieren
gleich mehrere Übergangsinventare.
Das älteste, das sogenannte „Zeughau-
sinventar“
1
des Ulrich Mutscheller von
1501, das nach dem Tod des letzten
Görzer Grafen die Waffenbestände
aller acht ehemals görzerischen Häuser
der Herrschaft im Pustertal auflistet, er-
wähnt für „
Sloss Brugk zu Lüenntz“
folgende Realien: „
Item i armbrost,
Item ii winden, It(em) ii kettnhände-
schuech, It(em) iii armbrost, It(em) ii
alt Köcher, It(em) mer im Sloss al-
lennthalbn viiii hagkenpuxen, It(em)
mer ii kurtze alte eysnern puchsn,
It(em) i stainpuchsn, It(em) mer iii lägl
[Anm. d. Verf.: Lägel / Lögel = Hohl-
maß von 0.45-0.5 hl
2
]
in yeder ain
wenig puchsen pulfer, It(em) i väsl mit
pfeyl, It(em) iiii große reder mit eysen
wolbeslagn zu aind grosn puxn mi-
sambt dem Ingewayd, It(em) iii Ritte-
risch vechtsätl, It(em) iii Stächlain
vechtsätl, It(em) i ganz stächlain
gelig(er), It(em) x ganntz wappner,
It(em) viiii vordertail mit hindertail,
It(em) i vordertail mit ainer schifftung,
It(em) mer ii schifftung, It(em) fünf par
stächlein straiftartschn, It(em) mer ii
par lidrein straiftartschn, It(em) i li-
drein vegults geliger mit dem Hälß, Itm
mer iii lidrein gelig vergult an ain
Hals, it(em) mer i also lidrein geliger
nicht vergult, itm mer zwo stächlein
tartschn, it(em) mer zwo stächlein
Renntartschn mit schifftung, It(em) ii
par Spangrrol, It(em) i par armgerät,
It(em) xxii stiern, It(em) ii par schalern
und annder pugkl und armgerädt ge-
hört ains nit zum andern, It(em) mer i
swarzn Halß, It(em) mer i messreins
paingerätl, It(em) xiiii stächlein
hawbn, It(em) mer i swarze hawbn,
It(em) xxvi Rennhuet stälern und ey-
senhuet, It(em) xiii Handtschuech,
It(em) mer xi Helm, It(em) mer iii vor-
dertail, It(em) mer Rechs prust und
Kugkh[?] zum stechen, It(em) xii
swebscheibn poliert, It(em) fünf fur-
steg, It(em) vii Darzn, It(em) fünff
Ranndt, It(em) mer ain armzewg,
It(em) fünf par achseln zum stechn,
it(em) iii Ronscheybn mit schifftung,
It(em) iiii stiern zum Kröndl Zewg,
It(em) ii stächlein schilt, It(em) xxii
pardt, It(em) ain wunderliche hagkn zu
ain stewgzewg, It(em) viii paingewandt
und andere allerlay drumer, It(em) iiii
alt eysen kolbn, It(em) vi alte armbrost,
NUMMER 5/2012
80. JAHRGANG
OSTTIROLER
HEIMATBLÄTTER
H e i m a t k u n d l i c h e B e i l a g e d e s „ O s t t i r o l e r B o t e “
Erste Seite des im Jahr 1501 aufgenommenen Inven-
tars von Schloss Bruck.
(Innsbruck, Tiroler Landesarchiv, Inv. A 212)
Elias Flatscher
Waffeninventare durch die Zeiten –
Schloss Bruck und das Görzer Haus in Lienz