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Hauptversammlungen – im November 1977:
Multivisionsshow „Humanity in Green“
von Univ.-Doz. Dr. Bernd Lötsch und der
Vortrag „Konflikte und Konfliktlösungen
im Alpenraum“ von Univ.-Prof. Dr. Franz
Fliri, Rektor der Universität Innsbruck, bei
der Hauptversammlung im November
1978 sollen der Bewusstseinsbildung die-
nen. Obmann Prof. Dr. Wolfgang Retter
hatte natürlich auch an der im Feber in Li-
enz abgehaltenen gesamtösterreichischen
Tagung der Österreichischen Gesell-
schaft für Natur- und Umweltschutz teil-
genommen. Gottlieb Berger, Bichlerbauer
in Prägraten, hatte als Diskussionsbeitrag
gemeint: „
Man hat den Eindruck, daß man
mit allen Mitteln versucht, alles zu kassie-
ren. Das Angebot der E-Wirtschaft ist wie
eine Mausefalle mit Musik.“
Im April 1978 stellt die Studiengesell-
schaft Osttirol still und leise bei der ober-
sten Wasserrechtsbehörde den Antrag, das
Speicherkraftwerk Dorfertal-Matrei zum
bevorzugten Wasserbau zu erklären. Dies
nahm eine Delegation des Vereins zum
Schutz der Erholungslandschaft Osttirol
zum Anlass, auch in Wien bei verschiede-
nen Bundespolitikern vorzusprechen.
Der ÖAV hatte in der Zwischenzeit ent-
schieden, gegen die Inanspruchnahme sei-
nes Grundbesitzes sich mit allen recht-
lichen Mitteln zu wehren und errichtete zur
Aufwertung des Gebietes in Innergeschlöß
den Gletscherweg, einen Naturlehrpfad be-
sonderer Prägung, der im August 1978 mit
der eindrucksvollen Festrede von Univ.-
Prof. Dr. Hans Kinzl feierlich eröffnet
wurde. Landesrat Dr. Alois Partl erklärte
damals in seiner Rede: „
Wenn ökonomi-
sche Erfordernisse mit ökologischen in
Widerspruch stehen, dann haben die öko-
logischen Erfordernisse Vorrang; wenn es
also um langfristige Interessen der Men-
schen dieses Raumes geht.“
Der ÖAV or-
ganisierte in weiterer Folge eine Unter-
schriftenaktion und brachte in kurzer Zeit
70.000 Unterschriften für die Forderung
Die Bäche von Innergschlöß unbeein-
trächtigt zu belassen und auf die Ableitung
der oberen Isel im Umbaltal in der vorge-
sehenen Form zu verzichten
“ zusammen.
Der Alpenverein erreichte auch die Unter-
stützung des SPÖ-Landtagsklubs für
seinen Aufruf „SOS Venediger-Innerg-
schlöß“, wie auch eine Zusage von Lan-
deshauptmann Eduard Wallnöfer,
„sich
dafür einzusetzen, daß Innergschlöß in
Ruhe gelassen wird“.
Aufgrund dieser Bemühungen um die
Erhaltung des Schlatenbaches und des Vil-
tragenbaches in Innergschlöß hatte in der
Zwischenzeit die Energiewirtschaft ihre
Ansprüche auf die obere Schwarzach im
Defereggental und den Debantbach aus-
geweitet.
Im Sommer 1979 nahm eine Abordnung
des Vereins auf Einladung von Minister
Staribacher an einer Begehung des Kraft-
werksgebietes mit den Kraftwerksplanern
sowie mit SPÖ-Klubobmann und Natur-
freundepräsident Dr. Heinz Fischer und
SPÖ-Umweltsprecher Dr. Kurt Steyrer teil.
Im September 1979 fand in Virgen eine
Informationskonferenz unter Vorsitz von
Landeshauptmann ÖR Wallnöfer mit den
politischen Mandataren, den Vertretern der
Energiewirtschaft, Vertretern der Gemein-
den, des Tourismus, der Nationalparkkom-
mission und auch des Vereins zum Schutz
der Erholungslandschaft Osttirol statt. Die
Bezirksmandatare und auch die Bürger-
meister und Gemeindevertreter fordern da-
bei die rasche Bildung einer Bau- und Be-
triebsgesellschaft als verhandlungsfähigen
Partner. Als Baubeginn wird „spätestens
1982/83“ genannt. Die Vertreter der Ener-
giewirtschaft erklären kompromisslos,
dass das Kraftwerk ohne Isel und
Gschlößbäche unwirtschaftlich sei.
Vor der Landtagswahl 1980 befragt der
Verein die wahlwerbenden Parteien und
teilt die Antworten in einer bezirksweiten
Postwurfsendung den Wählern mit. In der
Vollversammlung im November 1980
werden Bedenken gegen den Plöcken-
tunnel geäußert.
Juni 1982: Verhandlung der
Wasserrechtsbehörde
Für den 3. Juli 1982 hatte die oberste
Wasserrechtsbehörde beim Landwirt-
schaftsministerium zu einer Besprechung
über die eingereichte Kraftwerksvariante
im Bezug auf den Nationalpark nach Ma-
trei i. O. eingeladen. Die E-Wirtschaft be-
stand dabei auf der Wassernutzung in
Form der Variante 74/3, also der Hoch-
ableitung aller wesentlichen Gletscher-
bäche. Die Vertreter der Tiroler Ämter und
Behörden sprachen sich positiv dazu aus
und stimmten ausdrücklich auch einer Teil-
ableitung der oberen Isel zu. Den Schrift-
leiter des Osttiroler Boten, Peter Duregger,
veranlasste das Ergebnis zur Frage,
„War
dies der Startschuss zum Kraftwerksbau?“.
Doch in der Zwischenzeit waren die
Umbalfälle dank der Öffentlichkeitsarbeit
doch schon so bekannt geworden, dass
sich rasch ein allgemeiner Proteststurm er-
hob. Der ORF brachte ein Interview mit
Bundeskanzler Kreisky, in dem sich dieser
für eine schonende Wasserkraftnutzung
aussprach. Hämisch (wohl aus Verärge-
rung) wurde dabei von den Energiewirt-
schaftlern darauf hingewiesen, dass im
Hintergrund zu diesem Kanzlerinterview
vom ORF der Großbach und nicht die
Umbalfälle gezeigt wurden.
Dass Bundeskanzler Dr. Bruno Kreisky
zu diesem warnenden Interview bereit war,
hing sicher damit zusammen, dass es ge-
lungen war, in Wien maßgebliche Mit-
streiter für die Erhaltung der eindrucks-
vollen Gletscherbäche im Umbaltal und in
Innergeschlöß zu gewinnen, z. B. den
Nationalratspräsidenten Dr. Heinz Fischer,
seine Stellvertreterin Dr. Marga Hubinek
und Marilies Flemming sowie viele andere.
Ein weiterer Grund war aber wohl auch,
dass von Bundesseite her die Realisierung
des Kraftwerkes aus wirtschaftlichen
Gründen weniger dringend erschien. Diese
unterschiedliche Einschätzung im Bezug
auf den Bedarf dieses Kraftwerkes auf Bun-
desseite und auf Tiroler Seite fällt rück-
blickend eigentlich während der ganzen
Zeit der heftigen Kraftwerksdiskussion in
den 70er- bis Mitte der 80er-Jahre auf.
Möglicherweise hatte der Mitgesellschafter
TIWAG andere Partner für die Abnahme
dieses teuren Spitzenstromes im Auge, als
der Gesellschafter VERBUND.
Zehn Jahre NP-Vereinbarung Heili-
genblut
Trotz des intensiven Bemühens der
Nationalparkkommission und ihres Ge-
schäftsführers Dipl.-Ing. Anton Draxl
war es vor allem wegen des Kraftwerks-
projektes in Osttirol zehn Jahre nach der
feierlichen Unterzeichnung der Länder-
vereinbarung von Heiligenblut noch
immer nicht gelungen, die dort dokumen-
tierte Absicht der drei Bundesländer
Kärnten, Salzburg und Tirol zur Errich-
tung eines Nationalparks Hohe Tauern zu
verwirklichen. Aus diesem Anlass fand im
Juni 1982 daher ein Gipfelgespräch in Hei-
ligenblut mit den Ministern Stari-
bacher, Steyrer und Haiden, den Landes-
hauptleuten Wallnöfer, Haslauer und
Wagner sowie den E-Wirtschaftsvertre-
tern, Vertretern des Alpenvereins und des
Vereins zum Schutz der Erholungsland-
O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
68. Jahrgang –– Nummer 1
Naturschutzverbündete am Schlatenkees, v. l.: Prof. Norbert Wimmer, Erika Retter, Prof.
Dr. Hans Klecatzky, Prof. Louis Oberwalder mit Fischer jun. auf den Schultern, NR-Prä-
sident Dr. Heinz Fischer, Frau Fischer.
Foto: W. Retter