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O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
68. Jahrgang –– Nummer 2
Ab Beginn seines priesterlichen Wirkens
galt sein besonderes Interesse der Jugend-
arbeit. Zunächst war P. Edmund in Inns-
bruck im Benediktinerprioriat, dann als
Präfekt des dortigen Konviktes und einige
Jahre auch als Diözesanpräses der Katho-
lischen Jugend tätig.
Wegen seiner angegriffenen Gesundheit
musste P. Edmund im Jahre 1924 Inns-
bruck verlassen. Nach seiner Genesung
wirkte er als Präfekt an der Landwirt-
schaftlichen Lehranstalt in Kirchschletten,
die der Benediktinerabtei in Niederaltaich,
Bayern, gehörte. Zudem war P. Edmund
um 1936 Kaplan in Scheßlitz bei Bam-
berg, Bayern. Hier, sowie in den umlie-
genden Orten, war er seelsorglich tätig, in-
dem er unter anderem auch Christenlehre
für die Jugend hielt. Zeitzeugen wissen,
dass der Herr Kaplan P. Edmund sehr be-
liebt, freundlich und zuvorkommend ge-
wesen sei. Dann folgte seine Tätigkeit als
Erzieher am Studienseminar St. Godehard
in der Benediktinerabtei Niederaltaich.
Um sich dem Griff der GESTAPO des
„aufblühenden Dritten Reiches“ zu ent-
ziehen, die auf P. Edmund bereits auf-
merksam geworden war, ihm seine
Jugendarbeit verboten und ihn öfters ver-
hört hatte, „flüchtete“ er vor der ihm im
Herbst 1936 drohenden Verhaftung wegen
angeblichen „Kanzelmissbrauches“ nach
Österreich in das Benediktinerstift Lam-
bach, Oberösterreich. Dieses Stift musste
P. Edmund am 17. September 1938, nach-
dem die GESTAPO auch für die „Ost-
mark“ zuständig geworden war, auf Ge-
heiß seines Abtes verlassen. Bis etwa
Ende Oktober des Jahres hatte sich P.
Edmund dann als „Gast“ im Stift Rei-
chersberg, Ober-österreich, aufgehalten.
Das mehrmalige, geradezu fluchtartige
Wechseln der Aufenthaltsorte lässt erken-
nen, dass die GESTAPO P. Edmund stän-
dig auf den Fersen war und sich die
Ordensoberen bemühten, seinen jewei-
ligen Wohnort nicht zu verraten. Der
Superior von Kirchschletten wurde des-
wegen drei Jahre später in Beugehaft ge-
nommen und erst nach einer schweren Er-
krankung freigelassen, ohne dass er P. Ed-
munds Bleibe verraten hatte.
Unter den GESTAPO-Leuten gab es
auch beherzte Menschen. Als P. Edmund
in Kirchschletten verhaftet werden sollte,
hatte sich am Abend zuvor ein Kommissar
bei Nacht, zu Fuß und bei Regen
von Scheßlitz auf den Weg gemacht, um
P. Edmund zu warnen. Als dieser Polizist
am Morgen nach der Warnung erschien,
um die Verhaftung durchzuführen, war
P. Edmund schon in aller Frühe in Rich-
tung Österreich unterwegs.
Als Aushilfspriester des Stiftes Lam-
bach, das seelsorglich auch das benach-
barte Stadl-Paura mitzubetreuen hatte,
musste P. Edmund die verschiedenen Auf-
gaben der Seelsorge wahrnehmen. Er ze-
lebrierte sonntags in Stadl-Paura die hl.
Messe und hielt seine glänzenden Predig-
ten, bei denen er die Dinge beim richtigen
Namen zu nennen wusste. Als Katechet
übernahm er die unteren Klassen der
Volksschule. Besonders beliebt war er als
Krankenseelsorger und in der Jugendar-
beit. Im Feber 1938 übernahm er auch die
Leitung der Marianischen Kongregation
und im Juli dieses Jahres wurde er sogar
zum Novizenmeister des Stiftes bestellt.
Stadl-Paura war um die damalige Zeit
ein schwieriger Seelsorgebereich. Die Be-
völkerung setzte sich überwiegend aus Ar-
beiterfamilien zusammen, die zum Teil in
Armut lebten. In Stadl-Paura hatte P. Ed-
mund wohl weit andere soziale Verhält-
nisse vorgefunden, als in Bayern. Als er
nach zweijähriger Tätigkeit Lambach ver-
lassen musste, war ihm aufgrund seiner un-
gemein segensreichen Tätigkeit laut
Chronik ein sehr ehrenvoller Nachruf be-
schieden: „Es ist gewiß ein Verlust für uns,
der sehr zu beklagen ist. Trotz seiner kur-
zen Tätigkeit hinterließ er bei der Bevöl-
kerung einen tiefen Eindruck. Noch heute
erinnern sich viele ältere Menschen gerne
an ihn. Dem ,wackeren Osttiroler‘ bleibt
ein ehrenvolles Andenken dafür gesichert.“
Besonders betätigte sich P. Edmund auf
sozialem und karitativem Gebiet. So
gründete er in Stadl-Paura die Werkschu-
le, an der bis zu 25 arbeitslose Jugendliche
in praktischen Fächern unterrichtet wurden
und täglich eine gute Mahlzeit bekamen.
Für Vorschulkinder richtete er ein Asyl
ein, wo sie spielen und basteln konnten
und auch mit warmem Essen versorgt wur-
den. Firmlingen vermittelte er Firmpaten,
für Arbeitslose und Ausgesteuerte organi-
sierte er täglich eine warme Mahlzeit und
während der Ferienzeit kümmerte sich P.
Edmund in seiner Heimatgemeinde Döl-
sach für seine Zöglinge und Ministranten
aus armen Familien um kostenlose
Ferienplätze. Die Gründung und Leitung
einer jugendlichen Theaterspielgruppe
zählte ebenfalls zu seinen Aktivitäten.
Auch in der Missionsarbeit war er rege
tätig. Er gilt als Mitbegründer der MIVA.
Wie sozial P. Edmund zu wirken ver-
stand, beweist, dass er einer Familie mit
elf Kindern, deren Eltern nicht mehr wuss-
ten, wie sie sie ernähren sollten, eine Kuh
mit Kalb schenkte, für deren Kauf er das
Geld zusammengebettelt hatte. Eines
dieser Kinder, jetzt Frau und Mutter,
schrieb, dass sie mit Wehmut und Freude
an P. Edmund denke, der ihren Eltern und
Geschwistern soviel Hilfe gewährt habe.
Durch seinen persönlichen Kontakt zur
Jugend, wegen seines aufrechten und men-
schenfreundlichen Wesens, das keinen
Unterschied wegen politischer Gesinnung
oder Weltanschauung gemacht habe, sei P.
Edmund, nicht zuletzt in Arbeiterkreisen,
sehr beliebt und geachtet gewesen. Zeit-
zeugen wissen noch, wie gerne auch An-
dersgesinnte P. Edmund hatten und dass er
durch seinen Umgang mit den Leuten so-
gar „mehrere Bekehrungen“ zu bewirken
vermocht habe. Diese äußerst segensreiche
Seelsorgetätigkeit hatte ihm große Hoch-
achtung und Wertschätzung eingebracht,
die bis in die Gegenwart erhalten blieb.
Die zutiefst christliche Gesinnung, die er
offen zum Ausdruck brachte, und sein
extrem sozial-humanitäres Wirken, ent-
sprach nach der Machtergreifung durch
Hitler in Österreich nicht mehr dem nun
vorherrschenden Zeitgeist. Durch die
sich auch in Österreich ständig verschär-
fende Lage sah sich P. Edmund gezwun-
gen, Österreich (Ostmark) zu verlassen.
Um nicht in die Hände der Gestapo zu fal-
len, wollte er zunächst in die Schweiz aus-
reisen, übersiedelte aber schließlich Ende
Oktober 1938 von Reichersberg in das be-
nachbarte Ungarn, wo er zuerst bei einer
belgischen Adelsfamilie, mit einem Mo-
natsgehalt von 50 Pengö, eine Stelle als
Hauskaplan annahm. Wie aus Briefen, die
er aus Ungarn unter dem Pseudonym
„Ödom“ schreiben musste, zu entnehmen
ist, hatten es ihm die hoheitlichen Gepflo-
genheiten nicht angetan. Da lagen ihm
arme Arbeiterfamilien schon näher am
Herzen. 1940 übernahm dann P. Edmund
eine andere Schloßkaplanstelle in Ungarn.
Im Dezember 1942 schrieb er an den
Benediktinerabt in Pannonhalma/Ungarn
folgenden Brief:
„Eure Exzellenz! Hochwürdigster Herr
Erzabt!
Ich will nicht versäumen, Eurer Exzel-
lenz ein recht gesegnetes, …
Das „Fischerhäusl“, Göriach Nr. 11 (Gemeinde Dölsach), wo P. Edmund am 4. No-
vember 1889 zur Welt kam. Das Haus wurde im Oktober 1969 durch Brand zerstört.