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Nummer 2-3 – 70. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
Mit 16. Jänner 1733 mahnte der neue
Stadtpfarrer Hiltprandt wiederum, ein
Heiliges Grab herstellen zu lassen
9
. Er
teilte dem Stadtmagistrat auch mit, dass er
zu diesem Zweck bereits einen Maler von
Bruneck habe kommen lassen. Die Pfarr-
kirche solle 150 Gulden beitragen, was an
die Zustimmung der Stadt gebunden war.
Der im Ratsprotokoll festgehaltene Be-
schluss lautete jedoch, mit der Ausführung
sei solange zu warten, bis die Kosten durch
Spenden abgedeckt seien. Wenige Tage
später, am 28. Jänner 1733, wandte sich
der Geistliche Josef Lederer an das König-
liche Damenstift in Hall im Inntal, Inhaber
der Herrschaft Lienz, um einen Beitrag zur
Errichtung des religiösen Denkmals
10
.
Sein Ansuchen hatte Erfolg, wenn auch
wohl nicht im gewünschten Umfang. Die
Gerichtsherrschaft sah mit 10. März 1733
vor, für ein Heiliges Grab von St. Andrä
24 Gulden zur Verfügung zu stellen, falls
es wirklich zustande komme. Das sich nun
bereits durch Jahre hinziehende Projekt
scheint auch die Bevölkerung beschäftigt
zu haben. 1748 vermachte Hieronymus
Tagger, Bürger und Schmiedemeister zu
Lienz, in seinem Testament für das zu er-
richtende neue Heilige Grab in St. Andrä
einen Betrag von 50 Gulden
11
.
Es waren seit der ersten Initiative genau
30 Jahre verflossen, bis sich endlich ein
Erfolg abzeichnete. Im Lienzer Ratsproto-
koll ist unter dem 30. Mai 1752 fest-
gehalten
12
, dass Anton Zoller, Maler in
Klagenfurt, sich jüngst in Lienz wegen der
Herstellung eines Heiligen Grabes für die
Stadtpfarrkirche aufgehalten habe. Die
Kosten seien mit 400 Gulden veranschlagt
worden. Pfarrer Hiltprandt habe 100 Gul-
den in Aussicht gestellt. Über die Rest-
finanzierung von 300 Gulden waren sich
die Herren des Rats nicht klar. So blieb die
Frage offen, wie die fehlende Summe
wohl aufgebracht werden könnte. – Wie
dies gelang, wissen wir nicht. Tatsache ist,
dass das Heilige Grab von St. Andrä in
diesem Jahr 1752 zustande gekommen und
damit in der Karwoche des folgenden Jah-
res erstmals aufgestellt worden ist.
Anton Zoller, Schöpfer des Heiligen
Grabes von St. Andrä
Dem Maler Anton Zoller verdankt
Tirol zahlreiche barocke Kunstwerke. Er
kam am 4. Feber 1695 als Sohn des nicht
unbemittelten Bauern Blasius Zoller in
Telfs zur Welt
13
. Anton war 15 Jahre alt,
als die Mutter wenige Tage nach der Ge-
burt ihres zehnten Kindes im Jahr 1710
starb. Um diese Zeit dürfte Anton die
Lehre beim Hof- und Theatermaler Franz
Michael Hueber in Innsbruck begonnen
haben. Zollers erstes signiertes und datier-
tes Werk ist aus dem Jahr 1722 überliefert.
Die vorgeschriebenen Jahre der Wan-
derschaft führten Anton Zoller nicht – wie
damals gerade für Tiroler Künstler üblich
– nach Italien, sondern er wandte sich nach
Salzburg und Innerösterreich, wo er die
Kunst u. a. von Johann Michael Rottmayr
kennen lernte. Sollte Zoller tatsächlich die
Wiener Akademie besucht haben, was
nicht eindeutig nachgewiesen werden
konnte, zeitigte sie jedenfalls nicht be-
sonders nachhaltige Wirkung. In Kärnten
nahm seine Wanderschaft ein Ende; dort
Historische
Aufnahme des
Heiligen Grabes
mit der Szene vom
Letzten Abendmahl,
um1955; darüber
ist sehr gut der
Aufzug zu erken-
nen, der nach der
Übertragung des
Allerheiligsten zum
Ostergrab die
Monstranz auf-
nahm, was heute
unterbleibt.
Foto: Dina
Mariner,
Lienz
Bleistiftzeichnung
des jungen
Albin Egger mit
Darstellung des
Heiligen Grabes
von St. Andrä,
1881.
(Museum der Stadt
Lienz Schloß
Bruck)
Foto: Foto Baptist,
Lienz
fand er am Klagenfurter Jesuitenkolleg
eine Beschäftigung als Theatermaler.
Aus seiner mehr als zweieinhalb Jahr-
zehnte langen Tätigkeit in Kärnten sind
verhältnismäßig wenig Werke bekannt.
Dass von der Theaterdekorationsmalerei
sich nichts erhalten hat, ist verständlich, ist
diese doch eine recht vergängliche Kunst.
Insgesamt dürfte die Auftragslage für
Anton Zoller in Kärnten nicht besonders
günstig gewesen sein, galt er doch als Lan-
desfremder, der sich überdies gegen die
beherrschende
Künstlerpersönlichkeit
eines Ferdinand Fromiller durchzusetzen
hatte.
Zu Tirol und zu seinem Heimatort Telfs
hat Anton Zoller immer Kontakt gehalten.
In der Telfer Pfarrkirche schuf er
1739/40 den Freskenschmuck, der nicht
erhalten ist. Da er sich wohl eine Verbes-
serung erhoffte, suchte Zoller sich wieder
in Tirol anzusiedeln. Im Jänner 1744 be-
warb er sich erstmals um das Bürgerrecht
der Stadt Hall im Inntal, das ihm jedoch
nicht verliehen wurde. So blieb er weiter-
hin vorerst in Klagenfurt ansässig, das sei-
nen Kindern zur Heimat wurde. Zwischen
1730 und 1748 sind hier Zollers acht Kin-
der zur Welt gekommen, von denen vier
als Kleinkind bzw. im Kindesalter gestor-
ben sind. Für die Nachwelt am interessan-
testen sind der älteste und der jüngste
Sohn. Josef Anton (1730 – 1791) ergriff
den Beruf des Vaters, lernte bei ihm und
unterstützte ihn bei seinen großen Arbei-
ten, bevor er sich selbstständig machte.
Franz Carl (1748 – 1829) wurde Kupfers-
techer und war auch literarisch tätig.
Josef Anton, bereits 22-jährig, dürfte
seinem Vater bei der Erstellung des Heili-
gen Grabes für Lienz im Jahr 1752 gehol-
fen haben, wenn auch die Konzipierung
des Gesamtwerks auf Anton Zoller zu-
rückgeht und zu dessen reifsten Arbeiten
zählt. Im Jahr 1753 suchte Anton Zoller
neuerlich um das Haller Bürgerrecht an.
Dieses Mal wurde er aufgenommen, und