Seite 3 - H_2002_09-10

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Nummer 9-10 – 70. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
zu Wort kommen lässt, hat über die Pro-
dukte auf dem Schleinitzschuttkegel ge-
schrieben. Daher kann ich dieses Thema
kurz fassen.
Thurn war Getreideüberschussgebiet. Es
gediehen in guter Qualität Roggen, Wei-
zen, Gerste, Hafer, als Nachfrüchte
Hoadn (Buchweizen) und Rüben. Körner-
mais, weiße und gelbe Sorten, sowie Kar-
toffeln wurden angebaut und Hirse wird
auch erwähnt.
Der Flachsanbau diente zur Selbstver-
sorgung. Dazu gehörten die Hoarsam-
klepper
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und Flachsrösten in den „Badstu-
ben“ und Brechlgruben.
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Mit dem Getrei-
deanbau untrennbar verbunden sind in
Thurn, wie auch im Drau-Isel-Bereich in
den Nebentälern die Harpfen (Trockenge-
rüste), die Radmühlen an den Bächen, der
Dreschflegel und etwa ab 1880 die
Dreschmaschinen, zunächst mit Handan-
trieb – Jahre später mit Göppelantrieb.
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In
den Harpfen konnte das Getreide solange
belassen werden, bis die Sommer- und
Herbstarbeiten getan waren. Das Dreschen
mit Flegeln war anstrengend. (Man
drosch mit zwei, vier oder sechs Leuten im
zwei-, vier- oder sechsachtel Takt.)
Wenn Brotgetreide bereits in der Schnitt-
zeit gebraucht wurde, weil die Vorräte zu
Ende gegangen waren, behalf man sich mit
Kornmandln und Schöber zum Schnell-
trocknen. In Thurn gab es Harpfen mit bis
zu fünf Toren, in der Regel mit Schindel-
dach. Eine Doppelharpfe, 1886 gebaut,
steht noch. Sie ist eine aufwendige Zim-
mermannsarbeit und gehört unter Denk-
malschutz.
Nach dem Dreschen benützte man zum
Trennen des Getreides von Staub, Spreu,
Grannen, Unkrautsamen u. ä, die „Wind-
mühle“, die mit einer Gebläsemaschine
vergleichbar ist. Sie mahlt nicht, sondern
erzeugt einen Luftstrom, der die Spreu hin-
ausbläst. Die Körner fallen durch Siebe
und rinnen unten seitlich in den Vierling.
Entlang des Zauchenbaches standen auf
Thurner Gebiet 20 Radmühlen und am
Schleinitzbach (Oberdrumerbach) in der
Prappernitze drei. Die meisten waren mit
einem Gerstenstampf ausgestattet, mehrere
nützte man mittels Umlaufseil zur Kraft-
übertragung in die Scheune (Stadel,
Dille) zum Dreschen, Strohschneiden
und Betrieb von Feldaufzug etc. Heute
sind noch zwei Radmühlen in der Zauche
betriebsbereit. Um 1960 waren am Zau-
chenbach noch elf in Betrieb und am
Schleinitzbach zwei. Alle sind in der Dorf-
bildchronik festgehalten. Ab 1921 lieferte
das erste Thurner E-Werk Gleichstrom in
die Häuser. Einige Bauern verlegten im
Lauf der Jahre ihre Mühlen „ins Haus“
und betrieben sie mit Elektromotoren.
Der Nutzen aus der Viehwirtschaft war
Milch, Butter, Käse, Fleisch und von Hen-
nen Eier. Was der Eigenbedarf übrig ge-
lassen hatte, bot man auf dem Markt in
Lienz feil, auch die Schweinezucht und
Schafhaltung brachte Geld ins Haus. Es
fällt auf, dass in den Schriftstücken von
der Pferdehaltung nichts überliefert ist, ob-
wohl heute noch Kutschen und Schlitten
aus dem 19. Jahrhundert für Personen- und
Holztransport in Thurn vorhanden sind.
Leiterwagen konnten ja von Ochsen oder
Kühen gezogen werden. (Es ist lediglich
festgehalten, dass 1814 drei Pferde gezählt
wurden und dass 1871 eine Pferdeschicht
3 fl. 30 x gekostet hat.)
Im Alpvertrag von 1830 ist ersichtlich,
dass die Weideflächen im oberen Wald-
gürtel und in den Almen äußerst begehrt
waren und heftige Differenzen bestanden
zwischen Bauern, die außerhalb des Ge-
meindegebietes Wiesen und Egarten be-
saßen oder gepachtet hatten und dements-
prechend mehr Vieh alpen wollten und
jenen Bauern, die nur gemeindeeigenes
Feld nutzten und somit durch den kleineren
Viehbestand sich benachteiligt wähnten.
Hochwasser 1874 – 1879 – 1881
Zu diesen Ereignissen sind mehrere
Schriftstücke vorhanden, 1874 ausge-
nommen. Sie befassen sich vor allem mit
der Schadensschätzung und Finanzierung
der Wiederherstellung von Baulichkeiten,
wie Brücken, Mühlen usw., aber auch
mit der Beseitigung der großen Flur-
schäden, enthalten aber keine Darstellung
oder Ursachen über den Ablauf der Un-
wetter. Lediglich die Unwettertage sind
vermerkt:
Die Schadensschätzungen zu den Ereig-
nissen von 1879 betrugen am Privatbesitz
5.812 Gulden Österr. W.
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für notwendige Schutzbauten 23.940 fl.
Die Schadensangaben von 1881
sind detaillierter:
1 Mühle Totalschaden, 6 stark
beschädigt ………………………405 fl
9 Brücken ………………………2.800 fl
Weidegrund ……………………1.000 fl
private Gründe …………………5.158 fl
Gemeindeeigentum ……………5.740 fl
15.103 fl
Österr. W.
„Windmühle“ beim Bauer zu Stoff, zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Das Gerät diente
zur Getreidereinigung nach dem Dreschen.
Kammerlander Badstube, 1965.