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OSTTIROLER
NUMMER 3/2012
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HEIMATBLÄTTER
Ausschnitte aus dem Gemälde über die Produktionsstufen der Messingherstellung (von
links): Galmeimühle und Kohllöschstampfe (Kohllösch = Holzkohle) (29) – Trog mit ver-
mischtem Galmei ( 4), Wie die Häfen gestopft werden (5), Die drei Schmelzöfen (6), Fass
mit Steinsalzwasser, womit der Galmei im Trog als Zusatz versetzt wird (7), Wie der Bren-
ner das geschmolzene Material in die Grube gießt (8), Wie die Formen ausgeblasen wer-
den (9), Wie der Brennmeister aus dem Gussofen mit den Gusstiegeln Zaine (rohe Guss-
körper) in die Formen gießt (10) – Drei Messingschläger, die die Zaine in die Länge
schmieden (11), im Hintergrund Glühherde (13, 14) – Wie die Schaber das Messing auf-
nehmen und abwaschen (26), Schabstube, wo die Messingbleche abgeschabt, also ge-
reinigt werden (27) – Die Drahtstube (23), Wie der Drahtmeister den Draht in Ringform
zusammenlegt (24).
Fotos: M. Pizzinini
hunderts an, als die Freiherren von Wolken-
stein und Rodenegg als Inhaber der Herr-
schaft Lienz ein Messingwerk gründeten.
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Damit sollte es möglich sein, das in ihrem
Verwaltungsbereich in nicht geringen Men-
gen abgebaute Kupfer auf einträgliche
Weise zu verwerten. Die Bewilligungsur-
kunde des Tiroler Landesfürsten Erzherzog
Ferdinands II. wurde zu Innsbruck am 31.
Dezember 1564 ausgestellt. Darin war die
ausschließliche Verwendung tirolischen Kup-
fers als Bedingung festgehalten. Die anfal-
lenden entsprechenden Zölle und Aufschläge
mussten abgeliefert werden, sodass auch an
den Landesfürsten Einnahmen flossen.
Während die Bronze aus Kupfer und
Zinn legiert wird, ist Messing eine Legie-
rung aus Kupfer und Zink. Entsprechend
dem verschiedenen Mischungsverhältnis
wird von Rotguss oder Rotmessing (80 %
und mehr Kupferanteil), Gelbguss (20 bis
50 % Zinkanteil) und Weißmessing (50 bis
80 % Zinkanteil) gesprochen. Bis in das 19.
Jahrhundert wurde Messing durch Zusam-
menschmelzen von Kupfer und Galmei er-
zeugt. Die Zinkblende, das häufigste Zink-
erz, konnte man bis dahin noch nicht ver-
arbeiten, während man das metallische
Zink noch nicht kannte. Daher verwendete
man den sog. Galmei, eigentlich ein berg-
und hüttenmännischer Sammelbegriff für
die verschiedenen karbonatischen und sili-
katischen Zinkerze, als Zuschlag beim
Kupferschmelzen. Für das Lienzer Mes-
singwerk wurde der Galmei aus dem Berg-
werk an der Jauken im kärntnerischen
Drautal ungefähr gegenüber Irschen bezo-
gen.
Die Errichtung des Messingwerks erfolgte
am westlichen Ende der Meranergasse an
der Drauwiere, da man bei manchen Pro-
duktionsvorgängen an die Wasserkraft als
Energiequelle gebunden war wie beim Fein-
mahlen des Galmeis, bei den Hammerwer-
ken oder dem Drahtzug.
Von den Wolkensteinern wurden einige
Häuser angekauft, die nun für den Betrieb
benötigt wurden wie die beiden großen Ver-
waltungsgebäude. Darin waren die Woh-
nung für den Messinghandelsverweser,
mehrere Kanzleien, Warenlager und Ge-
treideböden untergebracht. Zentrales Ge-
bäude war der Gebäudekomplex mit Brenn-
oder Schmelzhütte. Auch das Waag- oder
Kupfergewölbe, ein Raum, in dem das
Kupfer in kleine Stücke geschlagen wurde,
das Galmeikammerl und im Oberstock der
Hafnerboden befanden sich hier. Vom Lien-
zer Messingwerk liegt aus dem Jahr 1741
eine detaillierte Beschreibung der Produk-
tionsphasen vor, doch auch vorher hat man
nicht anders gearbeitet. – Bildlich stellt
diese Vorgänge ein mehrteiliges Ölgemälde
aus dem Jahr 1763 dar, auf das Messing-
werk Reichraming im Ennstal bezogen.
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In
Lienz verlief die Abfolge der einzelnen
Produktionsstufen in derselben Weise.
Zum Großteil goss man sog. Zaine, Guss-
körper in Platten, Stab- oder Stangenform,
die weiter verarbeitet werden konnten. Di-
rekt an der Wiere standen zwei Hammer-
werke, wobei unterschlächtige Räder die
schweren Hämmer angetrieben haben.
Südlich der Wiere, an der Stelle der ehe-
maligen Winklermühle bzw. der späteren
Genossenschaftsmühle stand die Galmei-
mühle. Neben Messingblechen in ver-
schiedener Dicke wurden in Lienz Mes-
singdrähte in unterschiedlicher Stärke her-
gestellt. Der erste Drahtzug befand sich in
der Nähe der Gusshütte und wurde später
südwestlich verlegt (Dolomitenstraße Nr.
10-13). Durch Schmiere und dgl. so wie
das mehrfache Glühen des Materials wurde
das Messing unansehnlich dunkel und
wirkte schmutzig. In der sog. Beizkuchl
wurden die verunreinigten Drähte in ko-
chendemWasser mit Weinstein erhitzt, und
die Bleche mit halbrunden Messern abge-
schabt, um ihnen eine glatte und glänzende
Oberfläche zu geben. Im Bereich des Mes-
singwerks befanden sich noch die Zim-
merhütte, eine eigene Hafnerei zur Her-
stellung von Schmelztiegeln, Schuppen für
Holz und Holzkohle, zur Unterbringung
von Fuhrwerken, Stallungen, eine Bäckerei,
eine Wäscherei, eine Badstube usw. Einige
Häuser wurden erworben, umArbeiter un-
terzubringen.