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OSTTIROLER
NUMMER 4/2012
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HEIMATBLÄTTER
Atelier und stellte in einem Brief
an Sofie unverhohlen fest:
„Schatzl, er malt ein bisschen
besser als ich –“.
1920, 1924 und 1929
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war es
also München und nicht die Aka-
demie in Wien, die Guggenberger
für die Weiterführung und Präzi-
sierung seiner bildnerischen Aus-
bildung bevorzugte. So schreibt
Walter Peinsipp:
„1920 kam er zu
Prof. Godron, der ihn jedoch nicht
in seiner Klasse behielt, da er sich
zu schnell entwickelte und entfal-
tete.
(Anm.: Richard Godron war
Maler und Grafiker und leitete die
grafische Gewerbeschule in Mün-
chen.)
Er schickte ihn mit einem
Empfehlungsschreiben zu Prof.
Heymann, der die Parallelklasse
zur Akademie leitete und der sich
seines Schülers ganz besonders
annahm …“
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(Anm.: Moritz Hey-
mann leitete dort eine private
Kunstschule.) Genauere Details zu
den München-Aufenthalten sind
leider nicht mehr nachvollziehbar.
Der Fotograf als Porträtist –
Abbild und Malerei ohne
Widersprüchlichkeit
Das Berufsfeld des Fotografen
ermöglichte dem jungen Mann na-
türlich nicht nur, sich auf sichererem
finanziellen Terrain zu bewegen, viel mehr
konnte Guggenberger damit auch jene Rah-
menbedingungen festlegen, die ihm die
liquide Klientel und das Ausgangssujet sei-
ner Arbeit als Porträtist bot, näm-
lich die Fotografie. In den 1920er-
Jahren war er in dem ausgespro-
chen angesehenen Vorarlberger
Fotoatelier von Rudolf Högler in
Bregenz in Anstellung, der ihm,
dem Maler Guggenberger, auch
diverse renommierte Aufträge ver-
mitteln konnte. Honoratioren,
deren Gattinnen und deren Kinder
aus der Umgebung, aus der
Schweiz, aus Frankreich, Italien
und dem süddeutschen Raum
zählten bald zu den Modellen von
Adolf Guggenberger; das erhoffte
und erarbeitete Renommee bewog
ihn – durch welche Umstände
auch immer begründet – nicht
dazu, sich geschäftsmäßig unab-
hängig zu machen.
Die Aussicht auf eine
gesicherte Existenz
Es ist diese Parallelerscheinung,
das Malen und das Fotografieren,
das ihn begleitete und erst per-
spektivische Möglichkeiten offe-
rierte. So kam es schließlich zu
einem maßgeblich wichtigen Auf-
trag, ein authentisches Repräsenta-
tionsporträt des Erzbischofs von
Milwaukee zu malen: Der Theo-
loge Sebastian Messmer stammte
aus Goldach in der Schweiz, emi-
grierte in die USA, wo er 1903
zum Erzbischof ernannt wurde,
sich aber wiederholt in St. Gallen
in der Schweiz aufhielt. Am
28. Juli 1925 schreibt Adolf Guggenberger
aus Bischofszell in der Schweiz:
„… bin am
Freitag wieder hierher
(Anm.: nach St. Gal-
len)
weil der Erzbischof angemeldet war.
Also mußte ich in den sauren Apfel beißen
und hier bleiben, denn ich hatte
von seinem Bild nur den Kopf so
ziemlich fertig – und damit man es
zeigen kann und er sich dann viel-
leicht zu einer weiteren Sitzung
herablässt. Jetzt muß ich erst
sehen was weiter wird und dem
Bild, ob man es mir wohl ab-
kauft.“
Es wurde sehr wohl er-
worben und sollte für Adolf Gug-
genberger eigentlich den meta-
phorisch adjustierten Aspekt der
„geöffneten Tür in eine bessere
Zukunft“ bedeuten, denn gerade
der Erzbischof war von der Arbeit
des Malers dermaßen beeindruckt
und inspiriert, dass er Guggenber-
ger immerhin für die bildnerische
Ausstattung der neu errichteten
Kirchen in seiner Diözese in den
USA bzw. für deren konzeptuelles
Programm gewinnen wollte!
Von dieser Vorstellung ebenso
überzeugt, vertiefte Adolf
Guggenberger die altmeisterliche
Maltechnik und kopierte dem-
entsprechend sakrale Motive.
Den Überlieferungen zufolge
waren es gerade die Folgeerschei-
nungen der Kriegsverletzung, die
sich für Adolf Guggenbergers
Lebensweg so maßgeblich ein-
schränkend abzeichneten, denn
bis zu seinem Tod belastete eine nicht hei-
lende Magenentzündung mit zwei Opera-
tionen in St. Gallen und Innsbruck seine
Lebensplanung in einem augenscheinlich
überproportionalen Ausmaß.
Adolf Guggenbergers Frau
Sofie schreibt noch am 10. Okto-
ber 1929 (!) – also vier Jahre
nach dem Angebot des Erz-
bischofs – an ihn wenig begeis-
tert:
„Über Deinen letzten Brief
mußte ich wohl staunen, u. ich
habe vieles überlegt, … weil ein
ideales Familienglück darunter
leidet, bin ich der Auffassung,
daß wenn etwas gut zu verdienen
ist, die Aussicht besser ist als in
Amerika, weil das überhaupt
fraglich ist.“
Wie auch immer
Entscheidungen getroffen wur-
den, das Thema Fotografie war
ständig vakant.
Der Lienzer Fotograf Hans
Fracaro beabsichtigte anschei-
nend 1926 sein arriviertes Foto-
atelier am Hauptplatz in Lienz
aufzulassen, um eine Geschäfts-
übernahme in Meran zu verfol-
gen. Adolf Guggenberger war
folglich mit Fracaro im Ge-
spräch, denn am 18. März 1926
schrieb er an Sofie:
„Nun ich
interessiere mich auch selber für
das Geschäft da es auch der
beste Posten ist und im Sommer
ist für die Fremdenamateure
ziemlich etwas zu machen und
sonst auch könnte man dann das
Geschäft im Porträtwesen wieder
etwas in einen besseren Ruf brin-
gen so das neue Kundschaften
wieder kommen.“
Jedenfalls war
für Fracaro der Neustart in
Porträt „Frau Ceray“ zeigt die Gattin des Lienzer Friseurs mit
Schminkspiegel und Lippenstift; Öl auf Leinen, 47 x 50,5 cm.
Gerade dieses kleine Porträt zeigt die subtile malerische
Annäherung Guggenbergers gegenüber seiner Darzustellenden.
(Privatbesitz)
Maria Egger als junge Frau. Die Fotografin und Halbschwester
von Albin Egger-Lienz wurde hier von Adolf Guggenberger
fotografiert. Eine weitere historische Aufnahme zur Gedächt-
nisausstellung im Lienzer Museum „Agunt“ 1933 zeigt das zur
Fotografie gemalte Pendant (Verbleib unbekannt).