Seite 2 - H_2003_03

Basic HTML-Version

O s t t i r o l e r H e i ma t b l ä t t e r
71. Jahrgang – Nummer 3
Bozen, Rovereto und Trient 74 landes-
fürstliche Landgerichte in drei Classen ab-
geteilt, welche sämtlich unter dem ge-
meinsamen Appellationsgericht zu Inns-
bruck standen. Die Zweckmäßigkeit der
bisherigen Bezirksabgrenzungen hat sich
durch vieljährige Erfahrung bewährt.
Demzufolge wurde für das Kronland die
Errichtung von 72 Bezirksgerichten be-
schlossen. Die Grenzen als auch die
Standorte der größten Mehrheit fallen mit
den früheren Landgerichten zusammen.
Von diesen Bezirksgerichten sind vier
erster Classe, zugleich Bezirks-Collegial-
Strafgerichte über Vergehen für ihren Be-
zirk und der ihnen zugewiesenen Bezirks-
gerichte, 62 zweiter und sechs dritter
Classe, und zwar je nach Größe des Ge-
schäftsumfanges und der Bevölkerung.“
Soweit der allergnädigst angenommene
Vorschlag des Ministers.
Als Gerichtssitze wurden im Kreis Pus-
tertal u. a. Lienz, Sillian und Windisch-
Mattrey bestimmt. Wegen der höheren Le-
bensmittelpreise im Kornland Tirol und
Vorarlberg stand ein Besoldungszuschlag
zur Debatte, der vom Ministerium dann
auch tatsächlich beantragt wurde. Zur per-
sonellen Ausstattung fand folgende Syste-
misierung von Planstellen statt: Bezirks-
gerichte II. Classe (Lienz, Windisch-Mat-
trey, Innichen an Stelle von Sillian): 1
Bezirksrichter, 1 Kanzellist, 1 Gerichts-
diener und 1 Gehilfe. Hier ist zu
erwähnen, dass die Stelle des „Bezirks-
richters“ dem heutigen „Vorsteher des Be-
zirksgerichtes“ entspricht. „Adjunkt“ war
der Amtstitel für einen zugeteilten Richter.
Dies bedeutet, dass im damaligen Bezirk
Lienz insgesamt sechs Richter systemisiert
waren (heute nur mehr vier Richter, was
u. a. damit zusammenhängt, dass ein Teil
der richterlichen Aufgaben von Rechts-
pflegern übernommen wurde).
Im Jahre 1850 traten folgende Personen
den Dienst an:
Lienz: Bezirksrichter: Herr Alois Enne-
moser. Adjunkt: Herr Ignaz Joß. Kanzellist:
Herr Isak von Hibler. Gerichtsdiener:
Michael Goldbacher. Gehilfe: Anton Trojer.
Windisch-Matrei: Bezirksrichter: Herr
Johann Michäler. Adjunkt: Herr Vinzenz
Strele. Kanzellist: Herr Peter Unterrainer.
Gerichtsdiener: Franz Traunsteiner. Ge-
hilfe: Josef Duregger.
Sillian: Bezirksrichter: Herr Josef
Lindner. Adjunkt: Herr Anton von Wall-
pach. Kanzellist: Herr Josef Hibler. Ge-
richtsdiener: Alois Zobel. Gehilfe: Karl
Hild.
Dabei fällt auf, dass im Schematismus
1850 nur die Bediensteten des „höheren
Dienstes“ mit dem Attribut „Herr“ ver-
sehen werden.
Kundmachung der Landes-Gerichts-
Einführungskommission vom 29. No-
vember 1849
über die Gerichtsorganisa-
tion im Kronland: Lienz mit 44 Ortsge-
meinden. Windisch-Matrei mit sieben
Ortsgemeinden (gleich bleibend bis
2002). Sillian (an Stelle von Innichen) mit
18 Ortsgemeinden.
Kaiserliches Patent vom 28. Juni 1850
„Organisches Gesetz für die Gerichtsstel-
len“. – „Der Gerichtsvorsteher hat die ihm
untergeordneten Beamten und Diener
nach ihren Fähigkeiten innerhalb der ge-
setzlichen Schranken zu verwenden. Jeder
Beamte und Diener hat die ihm übertrage-
nen Geschäfte unweigerlich nach seinem
besten Wissen und Gewissen zu vollziehen.
Das Kanzlei- und Manipulationspersonale
hat sich jeden Tag, mit Ausnahme des
Nachmittags an Sonn- und Feiertagen, in
dem Amte einzufinden und durch vier
Stunden Vormittags und drei Stunden
Nachmittags, bei gesteigertem Drange der
Arbeiten aber ausnahmsweise auch länger,
dem Geschäfte fleißig obzuliegen.“
Kaiserliches Patent vom 3. Mai 1853
über die Geschäfts-Ordnung. „Titulatur
der Parteien“: Die Gerichte haben jeder
Partei die derselben nach ihrer Geburt und
ämtlichen oder bürgerlichen Stellung
oder nach besonderen Anordnungen
gebührende Belehrung zu erteilen. Der
Ehrenworte „Herr“ und „Frau“ haben sich
die Gerichte in allen Fällen zu bedienen, in
welchen auch im gewöhnlichen Verkehr
der Landessitte gemäß diese Ehrenworte
üblich sind. Untergeordnete Gerichte
haben gegen vorgesetzte Behörden die Be-
nennung „hochlöblich“ zu gebrauchen. In
der Correspondenz mit anderen Behörden
gleichen oder minderen Ranges ist die
Benennung „löblich“ zu gebrauchen.
Bevölkerungsausweis 1863:
Lienz 11.356, Sillian 10.731, Windisch-
Matrei 10.093 Individuen.
Schematismus 1899:
Lienz ein Vorsteher, 1 Adjunkt, 2 Kanz-
leibeamte. Sillian 1 Vorsteher, 1 Adjunkt, 1
Kanzleibeamter. Windisch-Matrei 1 Vor-
steher, 1 Adjunkt, 1 Kanzleibeamter.
Vollzugsanweisung des Staatsamtes
für Justiz
vom 28. Feber 1920: Die Ge-
richtsbezirke Lienz, Sillian (ohne die Orts-
gemeinden jenseits der neuen Staats-
grenze, also z. B. Innichen, Sexten, Vier-
schach usw.) und Windisch Matrei
Freskomalerei von
Franz Walchegger am
Erker des Gerichtsge-
bäudes mit einer Dar-
stellung, die sich auf
die ehemalige Verwal-
tung durch Salzburg
bezieht, 1958.
Nach einer im Haus-
eingang des Gerichts-
gebäudes befindlichen
Inschriftentafel wurde
der Bau von Balthasar
von Lamberg,
Dompropst und Erz-
priester des Erzstiftes
Salzburg im Jahr
1530 errichtet.
Einfahrt zum hauseigenen Parkplatz des
Gerichtsgebäudes.