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Nummer 1 – 72. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
feierte Franz Mayr in seiner Heimatkirche
„St. Helena“ sein erstes heiliges Mess-
opfer und trat ab Oktober in Hopfgarten
eine Stelle als Kooperator an. Von dort
übersiedelte er am 16. Mai 1889 nach Kals
a. G., wo er wiederum als Kooperator tätig
war. Offensichtlich trug er sich damals
schon länger mit dem Gedanken, Missio-
nar zu werden und wollte sich dazu den
Trappisten des Klosters „Mariannhill“ in
Afrika anschließen. Dazu wurde er wahr-
scheinlich durch Missionsartikel des
Vorarlberger Abtes Franz Pfanner ange-
regt, der „Mariannhill“ gegründet hatte
und kräftig um Spenden und personellen
Nachwuchs warb.
Missionar in Natal
Das Kloster lag in einem Land, das der
portugiesische Seefahrer Vasco da Gama
am Weihnachtstag 1497 „Natal“ (Weih-
nachten) nannte und das 1843 zu einer
britischen Kolonie wurde. In Hügelketten
erstreckte sich das Gebiet vom Indischen
Ozean bis zu den Drakensbergen an der
Grenze zu Lesotho, vom Umzimkulu-
Fluss im Süden bis zum Pongola im Nor-
den. Das Klima war angenehm, dem euro-
päischen ähnlich. Die Mehrheit der Men-
schen innerhalb der Grenzen Natals
gehörte dem afrikanischen Volk der
ama-
Zulu
an. 1879 lebten nur 22.654 Europäe-
rinnen und Europäer, 16.999 Inderinnen
und Inder, hingegen aber geschätzte
319.934 Afrikanerinnen und Afrikaner in
Knabenschule in Maryvale. Mitte: Franz Mayr; ca. 1895.
Handschrift von Franz Mayr: Brief vom 3. September 1910.
der Kolonie. 1898 zählte die Statistik be-
reits 54.622 Weiße, 59.858 Menschen
indischer und 545.014 Menschen afrika-
nischer Herkunft. Nur wenige
amaZulu
durften sich in der Hauptstadt Pieterma-
ritzburg oder in der Hafenstadt Durban
aufhalten. Die Regierung hatte sie von
ihrem eigenen Land vertrieben und auf un-
fruchtbares Land ausgesiedelt. Die Kolo-
nialregierung behandelte die
amaZulu
ras-
sistisch und diskriminierte sie in vielen Be-
reichen. Schon zu dieser Zeit waren die
Vorboten der späteren „Rassentrennung“
(Apartheid) spürbar.
Franz Mayr traf am 15. Mai 1890 im
Kloster „Mariannhill“ ein und begann am
29. Mai sein Noviziat als sogenannter Fran-
ziner-Bruder oder „Halbtrappist“, eine
Innovation von Abt Pfanner. Während sei-
ner achtmonatigen Tätigkeit in „Mariann-
hill“ bekam Mayr den Klosternamen „Vin-
cent“. Seinen Einsatzbereich fand er als
„Hilfskraft für die Mission“ auf der
Außenstation „St. Michael“. Er fand dort
neben dem alten Bischofshaus ein aus
ungebrannten Ziegeln errichtetes Gebäude
vor, das als Kapelle und Schule gedient
hatte. Über seine Tätigkeit sind keine
Details bekannt. Die Chronik vermerkt nur,
dass er „körperlich schwach“ war und die
Trappisten „wegen der zu strengen Lebens-
weise“ verließ. Sie waren ursprünglich nicht
missionarisch tätig. Ein strenges Schweige-
gebot erschwerte sogar die Kommunikation
mit der einheimischen Bevölkerung. In
„Mariannhill“ kam es deshalb zu internen
Meinungsverschiedenheiten zwischen den
Vertretern eines beschaulichen Mönchs-
ideals und jenen, die sich aktiv am Missions-
werk beteiligen wollten. Das Resultat dieser
Zwistigkeiten führte 1909 zur Trennung
und der Gründung eines selbstständigen
Missionsordens, der den Namen „Kongre-
gation der Missionare von Mariannhill“
bekam. Mayr arbeitete später wieder für sie,
stellte sich aber zunächst Bischof Jolivet als
Weltpriester zur Verfügung.
Jolivet beauftragte ihn zuerst mit dem
Bau einer Kapelle und einer Elementar-
schule für die
amaZulu
in Pietermaritz-
burg. Jahrelang wirkte Mayr als Seelsorger
in der Todeszelle des Staatsgefängnisses
und gründete außerhalb dieser Stadt mit
dem Christendorf „Maryvale“ („Marien-
thal“) seine wohl interessanteste Mis-
sionsstation. Dort siedelte er mehrere afri-
kanische Familien an, ließ ihnen eine
Kirche errichten und stellte den alten
Gnadenaltar aus Absam hinein, eine
Spende aus dem Tiroler Unterinntal. Tat-