Seite 3 - H_2004_10-12

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sche Zersplitterung befürchten, da eine
bisher nicht gekannte große Zahl von Par-
teien kandidiert, die bei der Gemeinde-
wahlbehörde in folgender Reihenfolge ein-
gebracht werden: ÖVP – Liste der christli-
chen Arbeiter und Angestellten (ÖAAB),
ÖVP – Österreichischer Wirtschaftsbund
und Tiroler Bauernbund, Freiheitliche
Partei Österreichs (FPÖ), Liste der jungen
Generation, Liste Kommunisten und
Linkssozialisten, Wahlvorschlag der So-
zialistischen Partei Österreichs (SPÖ),
Wahlvorschlag der Christlich Demokrati-
schen Wählerschaft Österreichs (CDWÖ),
Junge Generation-Sportlerliste. Die „Edel-
weißliste“ und der Wahlvorschlag
„Mensch und Tier“ bleiben nur im Ge-
spräch und werden doch nicht angemeldet.
Aus den Wahlen geht die Österreichische
Volkspartei als Sieger hervor. Gekoppelt,
erreichen ihre beiden Listen 10 Sitze; die
Sozialistische Partei Österreichs erhält 9
Mandate und seit langem wird wieder ein
Freiheitlicher (FPÖ) in den Gemeinderat
gewählt. Bei diesem Kräfteverhältnis
kann man mit Spannung der Bürgermeis-
terwahl am 27. April entgegensehen, be-
sonders da der bisherige Bürgermeister
Michael Meirer sein Gemeinderatsmandat
zurückgelegt hat. Das Interesse der Öffent-
lichkeit ist außerordentlich und der Rats-
saal mit „Beobachtern“ übervoll! Mit 10
Stimmen für Hubert Huber, 3 für Dr. Her-
bert Rohracher und 7 „Nein“-Stimmen ist
die notwendige unbedingte Mehrheit im
ersten Wahlgang nicht gegeben. Der
zweite Wahlgang fällt kaum anders aus: 10
Stimmen für H. Huber, 4 Stimmen für Dr.
Rohracher und 6 „Nein“-Stimmen. Nach
den gesetzlichen Bestimmungen tritt nun
das Verhältniswahlrecht in Kraft, wobei
alle drei Fraktionen einen schriftlichen
Vorschlag einbringen können. Als Bürger-
meister gilt dann die erstgenannte Person
eines jeden Vorschlags als gewählt, der die
meisten Stimmen zufallen. Es vergehen
noch wenige Minuten für letzte Bespre-
chungen innerhalb der politischen Lager
und zwischen den Fraktionen. Der Vor-
schlag der ÖVP erhält schließlich 10 Stim-
men, der der SPÖ 9 Stimmen, während ein
Stimmzettel leer bleibt. Beim Verhältnis-
wahlrecht genügt die einfache Mehrheit
und damit stellt nun die ÖVP mit der Per-
son von Hubert Huber den Bürgermeister.
Als 1. Vizebürgermeister fungiert Dr. Hans
Blecha (SPÖ) und als 2. Vizebürgermeis-
ter Dr. Herbert Rohracher (ÖVP).
Nach dem anhaltenden Beifall, der den
neu gewählten Bürgermeister begrüßt, hält
dieser eine kurze, prägnante Antrittsrede,
zitiert nach dem Osttiroler Boten (1962 Nr.
18, S. 2):
„Heute ist der Zeitpunkt, den Wahl-
kampf, der ohnedies schon lange gedauert
hat, abzutun und uns zu besinnen, daß wir
da sind, um miteinander zu arbeiten, nicht
für uns, sondern zum Wohle der Stadt
Lienz. Wir haben schwere Aufgaben vor
uns, die wir gemeinsam meistern müssen.
Es gibt noch Menschen in der Stadt, die
keine oder eine schlechte Wohnung haben.
Es wird unsere Aufgabe sein, für sie eine
würdige Heimstätte zu finden. Es gibt Men-
schen, die keinen dauernden Arbeitsplatz
haben. Es wird uns ein gemeinsames Anlie-
gen sein müssen, diesen Menschen einen
gesicherten Arbeitsplatz möglichst im
Bezirke selbst zu bieten. Es gibt viele Men-
schen, die sozial bedürftig sind. Wir werden
Ihnen, soweit es im Rahmen einer verant-
wortungsbewußten Gemeindeverwaltung
möglich ist, zu helfen suchen. Wir müssen
auch die Wirtschaft fördern, die das Geld
bringt und hier denke ich besonders an den
Fremdenverkehr … Ich bitte alle, lassen
wir unsere Arbeit von Verantwortungsbe-
wußtsein und dem Bestreben nach Zusam-
menarbeit leiten. Wenn Sie Beschlüsse und
Entscheidungen treffen, so treffen Sie
diese aus der Einstellung her, daß jeder
Beschluß einem Menschen nahe geht, der
erwartet, daß er gerecht behandelt und ihm
geholfen wird. Unter diesen Voraussetzun-
gen werden wir nach dem Ablauf der Peri-
ode sagen können: Wir haben unsere
Pflicht getan, wie sie uns das Gesetz und
unser Gewissen vorschrieben.“
Die ersten Jahre der „Ära Hubert Huber“
Damit beginnt die „Ära Hubert Huber“.
Der junge, 38-jährige Bürgermeister muss
zwar nicht Gedichte aufsagen, lernt es aber
sehr schnell, in Prosa Reden zu halten,
Ansprachen, die mit den enthaltenen Argu-
mentationen nicht nur im Gemeinderat
überzeugen können, sondern auch von der
Bevölkerung aufgenommen und verstanden
werden. Von seiner sozialen Einstellung her
für die Probleme der Menschen aufge-
schlossen, von persönlicher Bescheidenheit
gekennzeichnet, mit Herzlichkeit auf die
Mitbürger zugehend, demWillen zum Ver-
handeln verpflichtet und von einer vernünf-
tigen Kompromissbereitschaft geprägt,
Nummer 10-12 – 72. Jahrgang
O s t t i r o l e r H e i m a t b l ä t t e r
1962
1964
1965
1966
1967
1968
1969
1970
1971
1972
1973
1974
1975
1976
1977
1978
1979
1980
1981
1982
1983
1984
1985
1986
1987
1988
1989
1990
1991
1992
1993
1994
1995
1996
1997
1998
1999
2000
2001
2002
2003
1963
0
5.000.000
10.000.000
15.000.000
20.000.000
25.000.000
30.000.000
Aufstieg und wirtschaftliche Entwicklung von Lienz spiegeln sich in den Budgetzahlen
in der Amtszeit von Bürgermeister Hubert Huber wider. Er war für 32 Jahresrechnun-
gen verantwortlich, bei denen die Verwendung von insgesamt 5 Milliarden Schilling –
nominell ohne Berücksichtigung der in der Zwischenzeit eingetretenen Geldentwertung
– nachgewiesen wurde (Angaben in der Grafik oben beziehen sich auf Euro).
Finanzverwaltung der Stadt Lienz (Norbert Hopfgartner)
Der Gemeinderat der Stadt Lienz, gewählt im April 1962: (Erste Reihe v. l.) StR Dipl.-
Ing. P. Blassnig, StR A. Waldeck, Vize-BM Dr. H. Rohracher, BM Hubert Huber, Vize-BM
Dr. H. Blecha, StR Prof. P. Unterweger, StR S. Ronacher; (zweite Reihe v. l.) GR
G. Forcher jun., GR P. Wernisch, GR A. Krassnig, GR Dr. G. Eck, GR S. Lackner, GR
V. Krieghofer, GR E. Ronacher, GR Ing. H. Karrè; (dritte Reihe v. l.) GR A. Stocker, GR
H. Thaler, GR A. Tiefenbacher, GR G. Semrajc, GR A. Sorko. Foto: Foto Baptist Lienz
Jahr
Ordendl.Haushalt
AO Haushalt