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Trocknen zu verwenden. Diese Stube
diente auch dem Gerber als Unterkunft
während der Arbeitstage in der „Walke“.
Für den Betrieb von Lederwalke und
Dreschstadel wurde ein Arm der Wiere bei
der „Leisbrücke“ (benannt nach der frühe-
ren Spenglerei Ferdinand Leis) – nahe der
heutigen Spenglerei Zimmermann – einge-
leitet. Über diese kleine Brücke kamen die
Bürger in ihre Gärten („Steger Garten“). In
der Gegenrichtung sollen Tristacher und
Amlacher gerne diese Abkürzung für den
Weg ins Stadtzentrum genutzt haben.
Das Ende der Sämischleder-Walke kam
für die Firma Wimmer mit der Ableitung
und dem Zuschütten der Wiere im Jahre
1962.
Erlach‘sche Farbenmühle BP. 119/2
Sie gehörte zuletzt zur Drogerie „Zum
Kreuz“ der Familie v. Erlach und soll bis
1930 als Mühle für Erdfarbstoffe gelaufen
sein. In den Jahren darauf war sie Mate-
riallager für die Drogerie „Zum Kreuz“.
Die Farbenmühle war etwa seit Mitte des
19. Jahrhunderts im Besitz der Familien
v. Erlach.
Die Familie v. Erlach kam mit Franz de
Paula von Erlach (* 1806) als „Parmasi-
scher Hofapotheker i. R.“ von Parma nach
Lienz. Hier ließ er sich als Apotheker nie-
der und kaufte im Jahr 1862 von den Vest-
schen Erben die Apotheke. Nachweisbar
ist, dass er im Jahre 1839 eine Aloisia Fell-
ner heiratete und dass er im Jahre 1892 als
Stadtapotheker von Lienz starb.
In seiner Lienzer-Zeit hat er wohl auch die
„Erlach‘sche Farbenmühle“ eingerichtet . Es
ist aber sicher, dass vor der Farbenmühle
eine Brennerei (Latschenöl?) betrieben
wurde. Einer der letzten Brennerei-Arbeiter
ist erst vor kurzem gestorben (2006).
Von der Firma Unterweger in Thal-Ass-
ling wurde schließlich die Brennerei
übernommen.
Ingo v. Erlach erinnert sich noch, dass in
seiner Kindheit im Obergeschoss dieses
Gebäudes eine den üblichen Kornmühlen
ähnliche Anlage gestanden ist. Auch an
das Mühlrad an der Südseite, wo die Wiere
vorbei floss, kann er sich während seiner
Kindheit (während des Zweiten Weltkrie-
ges) noch erinnern. Die Stelle, wo das
Mühlrad an der Hauswand befestigt war,
ist heute noch erkennbar, da sie der jetzige
Besitzer beim Verputzen des Hauses aus-
gespart hat.
Da Ingo v. Erlach dieses Depot für die
„Drogerie zum Kreuz“ nicht mehr benö-
tigte, verkaufte er das Haus an die Fa.
Spenglerei Zimmermann.
Einige Notizen zur Verleihung des
Adelstitels „von Erlach“ und des Wappens
im Jahre 1745:
Adelswerber war Johann Baptist Erla-
cher, „Wirklicher Representations- und
Hof-Kammerrat“ (* 1695). Seine Vorfah-
ren hatten sich ab 1490 für den Landes-
herrn im Bergwesen, insbesondere beim
Erzabbau am Falkenstein bei Schwaz,
große Verdienste erworben und damit die
Grundlagen für die Erhebung in den
Adelsstand geschaffen.
Das „Büchsenschifterhäusl“, auch
Büchsenmacherhäusl genannt
(Mühlgasse 13, BP 119/4)
Das Objekt wurde im Jahre 1982 im
Zuge eines modernen Flächenwidmungs-
konzeptes abgerissen, nachdem es zuletzt
ohnehin funktionslos gewesen war. Die
früheren Familien im Obergeschoss waren
ausgezogen, und das Parterre diente nur
der Gerberei Wimmer zum Trocknen von
Leder und Häuten.
Aus der Vergangenheit des „Büchsen-
schifterhäusl“:
Schon frühzeitig wurde eine gewerb-
liche Tätigkeit in diesem Objekt ausgeübt.
Vor 1600: Der Besitzer Michael Fischer
war Bürger und Messerschmied.
1597: Mathes Streichwol, Bürger und
Weißgerber, pachtete dieses Haus samt
Werkstatt, Schleif- und Poliermühle,
Walke und Badstube. Dazu gehörten
auch hinter dem Badhaus zwei Gärten an
der „Drauwür“, mit Brücke dazu.
Alle Objekte am „Bruchwinkel“ – so
hieß die Stelle, wo die Judengasse am Süd-
rand der Stadt an die Wiere stieß, lagen
rechts und links des Mühlbaches vor der
Stadt und waren durch die Stadtmauer von
ihr getrennt.
1607: Melchior Großpeintner verpfän-
dete das Objekt.
1608: Der „Pixenschifter“ Dionysi Se-
leitner kaufte die „Messerschmid“ samt
Schleifmühlen und Walken samt Behau-
sung, Walke und Garten.
Im Jahre 1609 fiel auch dieses Objekt,
unter dem Namen „Messerschmidhaus“,
dem großen Brand zum Opfer.
1623: Verkauf von Hans Polander an
Christian Valtener;
im Jahre 1629 kommt das „Pixenschif-
terhäusl an Paul Hibler;
1667 verkaufte Simon Hibler den Besitz
an Anton Oblasser;
von 1667 bis 1792 war das Büchsenschif-
terhäusl im Besitz der Familie Oblasser;
der Erneuerungsbau kam im Jahre 1773
zustande.
Andrä Oblasser besaß 1775 im Garten
eine Weißgerberei mit Schleifmühle. (Das
Objekt war Freistiftgut der Herrschaft
Lienz.)
Von da an blieb das Büchsenschifter-
häusl wenig verändert. Es bestand aus
zwei Räumen im Erdgeschoss, davon
diente einer als Stube.
Am Ende des 18. Jahrhunderts war der
Besitz geteilt: Die eine Hälfte gehörte dem
Bürger Lorenz Pichler (Wirt im „Glöckl-
turm“), die andere Hälfte demWeißgerber
Andre Tschurtschentaler, dessen Anteil
später an Paul Josef Wimmer überging.
1844: Kauf durch Andrä Rohracher,
Schloßmoar. Wahrscheinlich wurde das
Objekt im 19. Jahrhundert aufgestockt.
OSTTIROLER
NUMMER 10-12/2006
HEIMATBLÄTTER
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Das ehemalige städtische Badhaus, nach einem Besitzer auch „Fail-Bad“ genannt, heute
Schattanek-Haus (Mühlgasse Nr. 11).
Foto: A. Heinricher
Blick in die noch ziemlich ursprünglich
wirkende Mühlgasse in westlicher Rich-
tung, 1965.
Foto: M. Pizzinini