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Nach der Schließung des Messing-
werkes im Jahre 1825 ließen sich hier zwei
Gewerbebetriebe nieder: eine Gerberei und
eine Kunstmühle.
Im südlichen Objekt (nur mehr Mauer-
reste) befand sich eine Hammerschmiede
der Messingwerke. Im 19. Jahrhundert war
eine Gerberei eingerichtet. Um das Jahr
1882 kaufte Josef Wimmer die Anlage und
baute sie zu einer Lohmühle mit Wasser-
rad an der Wiere um.
Die Arbeitsgänge in der Lohmühle und
Lohgerberei: Zuerst wurden die eingeroll-
ten Rinden, die vor allem von der Lienzer
Schattseite angeliefert wurden, in der
Brechmaschine in etwa nussgroße Stücke
zerbrochen und dann in der Lohmühle fein
gemahlen. Die Lohe diente dann in der
Rotgerberei zum Gerben der Häute zu
Rotleder.
Später stand im südlichen der beiden
Gebäude eine Lederwalze zur Bearbeitung
von dickem Sohlenleder. Durch ein Fens-
ter konnte man – noch während des Zwei-
ten Weltkrieges – von der Straße aus die
Funktion der schweren Messing-Pendel-
walze beobachten.
Das Gerben der Häute zu Sämischleder
erfolgte in der Sämischleder-Walke mit
Hilfe von Fettstoffen. Das noch besser er-
haltene Nordhaus wurde später auch von
der Gerberei Wimmer erworben. Reste
von Esse und Kamin deuten auf ein ehe-
maliges Gusswerk oder auf eine Brenn-
und Schmelzhütte hin. Es diente viele
Jahre einem Tapezierer als Werkstätte und
bietet heute dem „Messingstübl“ Platz.
Kunstmühle Winkler
In anderen Gebäuden des ehemaligen
Messingwerkes (Galmeimühle, Hammer-
schmiede, Klostermühle, Gerberhütte, BP
149) hat Johann Winkler (1860 bis 1934)
nach 1892 eine Mais- und eine Weizen-
OSTTIROLER
NUMMER 10-12/2006
11
HEIMATBLÄTTER
Am Südufer
der Wiere be-
fand sich einst
der 60 m
lange Holz-
schuppen der
Seilerei
Putzenbacher.
Dahinter
schlossen sich
die Gärtne-
reien an;
Aufnahme um
1950.
(Aufnahme
zur Verfügung
gestellt von
F. Edlinger)
Die Wanner-Säge und Nebengebäude, dazwischen die Wiere in einer Aufnahme von ca. 1900 und Vergleichsfoto von heute mit dem
Weg auf dem ehemaligen Gerinne zwischen Wanner-Haus (r.) und Dolomiten-Center.
(Alte Aufnahme zur Verfügung gestellt von Dipl.-Ing. Siegfried Papsch) (Foto: A. Heinricher)
Die Kunst-
mühle
wurde von
Johann
Winkler im
Jahr 1892
in einem
Teil der
Gebäude
des ehe-
maligen
Messing-
werks ein-
gerichtet.
(Foto-
Archiv Dr.
M. Pizzi-
nini)
mühle errichtet, die „Johann Winklers
Kunstmühle“ (GP 140, Baufläche). Sein
Sohn Emil Winkler (Lienzer Bürgermeis-
ter von 1938 bis 1945) hat das Werk wei-
ter geführt – und im Jahre 1953 einen Ge-
treidesilo von 28 m Höhe und 800 t Fas-
sungsvermögen errichtet. Im Jahre 1959
wurde die Mühle von der „Raiffeisen-Ge-
nossenschaft Osttirol“ übernommen. Nach
umfassenden Modernisierungsmaßnah-
men richtete die „Genossenschaftsmühle
Lienz“ den Betrieb vor allem auf den Ost-
tiroler Bedarf aus und vermahlte Weizen,
Roggen und Mais. Nach mehreren Jahren
wurde dieses Mahl-Kontingent verkauft,
und die Firma verlegte sich dann auf
Produkte, die von der „Biochemie Kundl“
benötigt und nach wie vor abgenommen
werden. Während des Zweiten Weltkrieges
lief noch das riesengroße unterschlächtige
Wasserrad der Winkler Mühle.
Seilerwerkstätte Putzenbacher
Westlich der Wannersäge stand am Süd-
ufer der Wiere ein 60 m langer Holzschup-
pen, der zur Seilerei Putzenbacher gehörte.
In früherer Zeit lieferte die Wiere die nötige
Energie zum Drehen der Seile in der Werk-
stätte, die entlang des Südufers der Wiere
stand (GP 123, Baufläche, KG Lienz).
Frühere Besitzer waren: Um 1775 Jo-
hann Putzenbacher zusammen mit Jakob
Hofer (Säckler).