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OSTTIROLER
NUMMER 2/2012
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HEIMATBLÄTTER
men der Künste (Skulptur, Architektur, Ma-
lerei etc.), während zur Linken die Minerva
als Repräsentantin der Wissenschaft ihr zu
Füßen sitzt. Die Figuren, hervorgegangen
aus der Werkstätte des Bildhauers Spagnoli,
wo wir sie zu sehen Gelegenheit hatten,
zeichnen sich durch Schönheit der Formen,
die malerische Faltung der Gewandung,
edle Haltung, und verhältnismäßig feine
Ausführung aus.“ – Der anonyme Autor
vergaß Gassers Namen zu erwähnen. Seine
Leistung wird jedoch von den Vereinsver-
antwortlichen bis zum heutigen Tag hoch-
geschätzt und durch aufwändige Restaurie-
rungen – zuletzt 2010/11 – gepflegt!
Mutschlechner wie Gasser zählten zu
dem elitären, vom Museumsverein geehr-
ten Personenkreis: Der Architekt wurde
nach Vollendung des Baus 1845 zum Mit-
glied ernannt, war somit der Verpflichtung
zur Leistung eines jährlichen Beitrags ent-
hoben, allerdings verband der Verwal-
tungsausschuss mit dieser Auszeichnung
auch im Begleitbrief klar angesprochene
Hoffnungen: „Indem er [= der Verwal-
tungsausschuss] Ihnen das Aufnahme Di-
plom hiermit zustellt, gibt er sich der ver-
trauensvollen Hoffnung hin, daß Sie das
einem so edlen, und wohlthätigen Zwecke
gewidmete Gebäude noch fernerhin unter
Ihre Obhut nehmen, die Baulichkeiten von
Zeit zu Zeit der Besichtigungen unterzie-
hen, allfällige vom V. A. zu treffende An-
ordnungen demselben bemerkbar machen,
und überhaupt das Interesse der Landes-
anstalt, insoweit es im Bereiche Ihrer
Wirksamkeit liegt zu fördern bemüht sein
werden.“
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Der unerwartete Tod Mutsch-
lechners wenige Monate später zerstreute
diese Hoffnungen.
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Josef Gasser war be-
reits 1884, also im Jahr bevor man mit ihm
bezüglich der Tyroliagruppe in Kontakt
trat, zum Ehrenmitglied ernannt worden.
Entsprechend moderat fiel der von ihm ge-
forderte Preis für Herstellung, Verpackung
und Transport des Modells aus.
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Abgesehen von dieser maßgeblichen
Osttiroler Beteiligung am Museumsge-
bäude sind Osttiroler Spuren natürlich
auch in den Sammlungen vielfach zu fin-
den! Denn selbstverständlich bietet auch
dieser Landesteil „Eigentümliches und
Interessantes“, das die „Gründungsväter“
des Ferdinandeums im neuen National-
museum bewahrt wissen wollten. Natür-
lich sind die aus Osttirol stammenden Ob-
jekte integraler Bestandteil des „Gedächt-
nisses des Landes Tirol“, das hochzuhalten
sich auch die 2007 gegründete Tiroler Lan-
desmuseen-Betriebsgesellschaft m. b. H.
zum Ziel gesetzt hat. Zu ihr zählen die sie-
ben Sammlungen des Ferdinandeums an
seinen mittlerweile drei Standorten in der
Museum-, der Feldstraße und im Zeughaus
in Innsbruck, das (Gesamt-)Tiroler Volks-
kunstmuseum mit der Hofkirche in der
Universitätsstraße, das Tiroler Volkslied-
archiv in der Feldstraße, das selbstver-
ständlich auch Osttiroler Liedgut doku-
mentiert, die Bestände des zur Zeit nicht
aufgestellten Kaiserschützenmuseums und
das TIROL PANORAMA mit dem Kai-
serjägermuseum auf dem Bergisel.
Begeben wir uns auf eine Zeitreise an-
hand weniger ausgesuchter Osttiroler Ob-
jekte in den Sammlungen des Ferdinan-
deums: Einer der bedeutendsten prähisto-
rischen Funde Osttirols ist die figural
verzierte Situla mit der Darstellung einer
Hasenjagd aus einem der Anfang der
1890er Jahre untersuchten 56 Brand-
bestattungsgräber einer eisenzeitlichen
Nekropole in Welzelach – Berg. Auf den
weiteren erhaltenen Bruchstücken dieses
reich verzierten Bronzeeimers sind Szenen
eines Festes mit Prozession, Gelage und
Opfertieren zu erkennen. Die übrigen Bei-
gaben – eisernes Beil, Lanzenspitze, Mes-
ser und Wetzstein – lassen diese Brandbe-
stattung als Männergrab des 5. Jahrhun-
derts v. Chr. ansprechen.
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Die damaligen
Museumsverantwortlichen ernannten den
Ausgräber, den k.k. Forstadjunkten Ale-
xander Schernthanner, im Wissen um die
Bedeutung seiner Funde zum Ehrenmit-
glied.
Auch die Römerzeit ist prominent mit
dem sog. Dioskurenstein aus der Mitte des
2. bis frühen 3. Jahrhunderts vertreten: Der
bereits im 17. Jahrhundert unterhalb des
Schlosses Bruck in einem Acker gefun-
dene Grabstein mit der Darstellung eines
Jünglings mit Pferd war bis 1864 als
Stütze an einer Stiege des Schlosses ein-
gemauert. 1865 wurde er vom Tiroler Lan-
desmuseum erworben. Er gehört zu den
bedeutendsten Grabdenkmälern der Aus-
Heutiger Zustand des Ferdinandeums-Gebäudes nach dem durch den Ingenieur Natale
Tommasi geplanten und in den Jahren 1882/1884 ausgeführten Aufbau. Im Prinzip hat
sich die Fassade des Erdgeschoßes das ursprüngliche, von Anton Mutschlechner ent-
worfene Aussehen bewahrt, während bei den Fensterumrahmungen des ersten Stockwerks
dem Gebälk gesprengte Giebel aufgesetzt wurden. Foto: M. Pizzinini, Februar 2012
Die vom
Tiroler
Bildhauer
Josef
Gasser von
Wallhorn
entworfene
Tyrolia-
Gruppe am
Gesims des
erweiterten
Ferdinan-
deums-
Gebäudes,
ausgeführt
vom
Trienter
Bildhauer
Antonio
Spagnoli,
1889.
(Foto:
Tiroler
Landes-
museum
Ferdinan-
deum)